0210a - Die tödliche Gefahr
nie.«
Ich musste ihm recht geben.
»Steigen Sie wieder ein wenig höher«, sagte ich, und dabei wich auch das bedrückende Gefühl ein wenig.
In einiger Entfernung sah ich vor uns eine kleine Lichtung liegen. Ich deutete darauf.
»Können Sie uns dort absetzen? Nach Möglichkeit, ohne dabei zu landen, sonst kapiert Martinez sofort, was hier geschieht.«
Der Pilot nickte uns zu.
»Ich kann alles, wenn Sie dazu nur den Mut haben, Mister Cotton. Wenn wir über der Lichtung ankommen, brauchen Sie nur das Seil auszuwerfen und hinunterzuturnen.«
Einen Augenblick lang dachte ich daran, ihn vielleicht doch landen zu lassen, aber ich habe mir noch nie nachsagen lassen, ich sei ein Feigling.
Die Lichtung näherte sich beängstigend schnell, und dann schob ich die gläserne Kanzel auf und der Zugwind riss mich beinahe hinaus.
Über dem grünen Flecken, der von hier aus die Größe einer Briefmarke zu haben schien, verlangsamte der Pilot die Fahrt.
»Werfen Sie schon das Seil aus«, rief er mit einem Blick nach unten. Dann ließ er den Hubschrauber absacken, bis das Seil keinen Meter über dem Boden baumelte.
»Rutschen Sie ab, Herrschaften«, sagte er aufmunternd.
Mit einem Fallschirm im Rücken hätte ich mich wesentlich wohler gefühlt, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich klemmte mir das Seil zwischen die Beine, ließ es unter dem Absatz durchlaufen und klammerte mich mit beiden Händen fest, als ich mich nach draußen gleiten ließ. Der Wind erfasste meinen Körper, ließ mich erst hin und her pendeln und drehte mich dann wie einen Kreisel. Dann lockerte ich den Griff meiner Hände ein wenig und rutschte nach unten. Ein Teil der Haut an meinen Handflächen blieb am Seil kleben, und dann raste der Boden auch mich zu, und ich kam an, ohne mir dabei sämtliche Knochen zu brechen. Für einen Erstlingsversuch war das nicht einmal schlecht, dachte ich.
Phil ließ sich ein wenig mehr Zeit als ich. Er war kaum abgesprungen, als der Pilot den Hubschrauber nach oben riss, uns noch einmal zuwinkte und dann abbog.
»Was nun?«, fragte Phil.
»Sei ruhig und horch in den Wald hinein«, befahl ich. »Martinez wird nicht erwarten, dass wir vor ihm aufkreuzen. Vielleicht können wir ihn abfangen.«
»Vielleicht ist er gar nicht hier und wir können unseren Fußmarsch wieder fort setzen«, flüsterte Phil und machte dabei ein sorgenvolles Gesicht.
Ich nickte Phil zu, und wir huschten ein wenig tiefer in den Wald hinein. Dort war es genauso still, wie es auf der Lichtung gewesen war. Da, das Knacken eines Zweiges! Rascheln im Unterholz!
Wir rührten uns auf einmal nicht mehr, sondern nahmen Deckung. Aber die Schritte näherten sich uns nicht. Sie entfernten sich. Einmal sah ich in einiger Entfernung die weiße Bluse eines Mädchens, aber das Paar war zu weit vor uns, als das wir viel unternehmen konnten. Mur eins wurde uns jetzt klar: Ray Martinez hatte einen großen Bogen gemacht und strebte jetzt wieder in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Vielleicht glaubte er, die Polizei genügend irregeführt zu haben.
Ich gab Phil ein Zeichen, und dann huschten wir auch nach Süden, aber wir hielten uns ein ganzes Stück abseits des Paares und legten dabei ein tüchtiges Tempo vor. Wir mussten das Paar überholen und ihm eine Falle stellen, in das es blindlings hineinlief. Dabei hatten wir den Vorteil, dass Martinez krank und seine Freundin ermüdet war.
Von Zeit zu Zeit blieben wir stehen und horchten nach den Geräuschen, die aus dem Wald klangen, aber selbst als wir die kleine Gruppe schon überholt hatten, strebten wir noch weiter nach Süden, bis wir einen anständigen Vorsprung hatten. Erst dann bogen wir nach Osten ab, und diesmal bewegten wir uns so vorsichtig, wie es die Indianer bei ihren Kriegszügen einmal getan haben mussten.
Trotzdem war es nicht einfach, den Ort auszuwählen, an dem Martinez an uns vorüberkommen würde. Erst als der kleine Paul Carpenter vor uns zu weinen anfing und Ray Martinez ungeduldig auf ihn einsprach, wussten wir, dass der Verbrecher noch immer keine Ahnung hatte, wie nahe wir ihm im Nacken saßen.
Ich hatte hinter einem dicken Baumstamm Deckung genommen und wartete mit angehaltenem Atem auf die Ankunft des Paares. Nur die Pistole in meiner verkrampften Faust beruhigte mich ein wenig, und die Tatsache, dass Phil sich nicht gerade wie eine Schnecke bewegen würde, wenn es darum ging, Ray Martinez davon abzuhalten, seine Drohung auszuführen. Trotzdem dachte ich nur ungern
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