0210a - Die tödliche Gefahr
die Mühe ersparen können. Damit legen Sie mich nicht rein.«
Der Arzt zuckte die Schultern.
»Das ist Ihre Sache, Martinez. Was Ihre Meinungsverschiedenheit mit der Polizei anbetrifft, so kümmert mich das wenig. Aber es ist unverantwortlich von Ihnen, dass Sie ein unschuldiges Kind mit sich herumschleppen, wenn sie sich des Ernstes Ihrer Krankheit bewusst sind. Behandeln kann ich Sie nicht, denn es gibt keine Prozedur, mit der man dem Typhus entgegentreten kann. Ich kann Ihnen nur Penicillin verschreiben und hoffen, dass Sie Vernunft annehmen. Sie müssen ins Bett, Ihr Fieber überstehen und hoffen, dass sie danach keine Komplikationen ergeben. Etwas anderes kann ich für Sie nicht tun.«
Ray Martinez Gesicht war eine finstere Maske.
»Ich glaube Ihnen nicht, Doc, aber geben sie schon mal das Penicillin her.«
Der Arzt schob die Flasche mit der milchigen Flüssigkeit über den Tisch und starrte in den Lauf des Revolvers hinein.
»Und jetzt auch noch Ihre Brieftasche, Doc!«, knurrte ihn Ray Martinez an. »Bin nämlich etwas knapp bei Kasse. Wenn sich meine Geschäfte erst einmal geregelt haben, bekommen Sie das Geld wieder. Mit Zinsen und etwas für Ihre Krankenvisite.«
Diesmal war Doktor Meredith an der Reihe, finster dreinzublicken, aber dann griff er nach der Brieftasche und legte sie auf den Tisch.
Ray Martinez griff zu wie ein hungriger Raubvogel, trat ein paar Schritte zurück und zerrte die Banknoten mit einer Hand heraus, während der Revolver noch immer auf den Arzt gerichtet war.
»Sie müssen ganz schön Geld verdienen«, grinste er, als er sich das Bündel Banknoten in die Tasche stopfte. »Jetzt darf ich nur noch um die Autoschlüssel bitten, und dann dürfen Sie gehen. Buchstäblich gehen.«
»Sie sind ein undankbarer Dummkopf, Martinez«, antwortete der Arzt. 52 »Es wird Ihnen nichts nützen. In Ihrem Zustand kommen Sie nicht weit und die Polizei sitzt Ihnen schon im Nacken.«
Ray Martinez nahm auch noch die Schlüssel entgegen und wieder bewegte sich der Revolverlauf. Diesmal zur Tür.
»Hören Sie lieber mit Ihren Predigten auf, Doc«, sagte er. »Mit etwas Glück sind Sie in zwei Stunden wieder in Corinth. Dort können Sie den Cops das alles erzählen. Sie werden Ihnen vielleicht geduldiger zuhören als ich.«
Er ging hinter dem Arzt her zur Tür.
»Laufen Sie schon los, Doc!«, knurrte er. »Wenn Sie innerhalb von fünf Sekunden noch in meinem Schussbereich sind, geht die Kanone los. Und nochmals vielen Dank für Ihre Visite. Ihr Geld schicke ich Ihnen schon in Kürze zu.«
»Sie können es behalten, Martinez. Ich bin gar nicht scharf darauf, es wieder zurückzubekommen«, erwiderte Doc Meredith verächtlich. »Es wird Ihnen kein Glück bringen. Dazu ist es für Sie schon zu spät.«
Er drehte dem Verbrecher den Rücken zu und marschierte aus der Hütte.
Das Gesicht Ray Martinez bewegte sich nicht, als er den Revolver hob und hinter dem Arzt herstarrte. Er brauchte nur den Finger zu krümmen, um ihm eine Kugel in den Rücken zu jagen, aber er zögerte noch. Dann fiel ihm Pearl in den Arm.
»Lass ihn laufen, Ray!«, kreischte sie erschrocken. »Er hat dir nichts getan, nur geholfen. Außerdem haben wir schon genügend Schwierigkeiten mit der Polizei.«
Ray Martinez schüttelte sie ab und starrte aus zusammengekniffenen Augen hinter dem Doc her, aber der war schon zwischen den Bäumen untergetaucht und ging mit langen Schritten den Weg zurück, ohne auch nur zu versuchen, seinen Wagen zu erreichen.
Wahrscheinlich wusste er selbst am besten, wie er mit heiler Haut davonkam.
Langsam drehte sich Martinez zu seiner Freundin um und starrte sie wütend an.
»Fang endlich an zu packen!«, sagte er. »Wir müssen innerhalb der nächsten zehn Minuten von hier verschwinden. Ich traue weder diesem Quacksalber noch der Polizei. Aber jetzt haben wir wenigstens genug Geld, um ein ganzes Stück weiterzukommen, und einen neuen Wagen dazu, für den Fall, dass die Cops schon über den Buick Bescheid wissen.«
***
Der Apotheker starrte verblüfft auf das Rezept herunter, das ihm Doc Meredith gereicht hatte, und blickte dann auf das Mädchen, das hinter dem Arzt stand. Es sah durchaus harmlos aus, genau wie auch der Zettel bei einer flüchtigen Betrachtung harmlos und üblich aussah.
»100 Milligramm konzentriertes Penicillin«, stand darauf und darunter, in der fast unleserlichen Handschrift des Docs: Kidnapping! Polizei verständigen!
Während sich der Apotheker rasch umwandte, um die
Weitere Kostenlose Bücher