0210a - Die tödliche Gefahr
Baumwurzel, fiel der Länge nach auf den Boden und begann zu weinen.
Ihre Strümpfe waren zerfetzt, ein Dornenstrauch hatte in ihrem Rock einen Riss hinterlassen. Gesicht und Hände waren zerkratzt.
»Ich kann nicht mehr weiter«, heulte sie vor sich hin, ohne sich vom Boden hochzuraffen.
Ray Martinez setzte .den Jungen ab, den er schon seit einem ganzen Stück getragen hatte. Auch er taumelte vor Schwäche, aber die Angst vor der Polizei flackerte in seinen Augen.
»Halt jetzt durch, Pearl, wir haben es bald geschafft«, sagte er. »Wir müssen die Cops abschütteln, bevor wir an Ruhe denken können. Steh schon auf!«
Pearl machte noch immer keine Anstalten, seiner Aufforderung zu folgen. Dabei hätte sie aus dem Ton seiner Stimme hören müssen, dass er jede Geduld verloren hatte.
»Ich kann nicht«, flüsterte sie. »Ich habe genug. Von mir aus können mich die Cops hier holen.«
Diesmal verlor Ray Martinez wirklich die Geduld. Er zog Pearl hoch.
»Du wirst weiterlaufen, bis ich dir sage, du kannst halten«, zischte er sie an. »Glaubst du, ich mache das alles nur zum Vergnügen? Nein, wir müssen einen Ausweg finden, und die Cops abschütteln, bevor es dunkel wird. Wir müssen einen Wagen finden und wieder nach New York zurück, während sie noch nach uns suchen. Dort können wir in aller Ruhe das Geld von Carpenter holen und uns dann aus dem Staub machen, aber bis dahin haben wir keine Ruhe.«
Hinter ihr fing jetzt auch noch der Kleine an zu heulen, und das brachte Martinez noch mehr in Wut.
»Du wirst das Geld von Carpenter nie kassieren, Ray«, sagte Pearl leise. »Gegen die Polizei kommst du einfach nicht an, auch wenn du glaubst, clever zu sein. Sie werden uns so lange jagen, bis wir nicht mehr weiterlaufen können.«
»Erst einmal abwarten!«, knurrte Ray Martinez. Dann riss er auch den Jungen weiter, der noch immer heülte.
»Warum versuchst du nicht allein zu entkommen«, keuchte Pearl. »Wenn ich mit dem Jungen zu den Polizisten gehe, hast du eine bessere Chance zu entkommen, und mir ist es gleich, was sie mit mir machen. In einer Zelle ist es auch nicht schlimmer als hier draußen.«
»Halt den Mund!«, fuhr er sie an. »Ich durchschaue dich ganz genau. Du willst mir alle Schuld in die Schuhe schieben und den Cops ein unschuldiges Gesicht zeigen. Wenn du noch dazu den Jungen zurückbringst, dann glaubst du, sie würden dir alles ablaufen. Du kommst mit und der Junge auch. Er kann uns noch immer zu Geld verhelfen, wenn wir nur nach New York zurückkommen.«
Diesmal schwieg Pearl. Es hatte ja doch keinen Zweck, noch weiter mit Martinez zu streiten. Er hatte es sich in den Kopf gesetzt, diese Chance auszunützen, obwohl er sie von Anfang an verpfuscht hatte.
Aber sie wusste, dass sie sich hüten musste, ihm das zu sagen. Sie musste weiterhin so tun, als folge sie seinen Befehlen, und dann musste sie sich mit dem Jungen aus dem Staub machen, wenn die Cops schon so nahe waren, dass er dagegen nichts mehr unternehmen konnte.
Von der Straße weiter vom hörten sie schon den Motorenlärm der Streifenwagen, und über ihnen jagte ein Hubschrauber herum, der wohl kaum zufällig hier war. Sie konnte es mit jedem Nerv fühlen, dass sich die Falle zusehends schloss und es diesmal für sie keinen Ausweg mehr gab.
Einen Augenblick lang dachte sie daran, schon jetzt irgendwo im Wald unterzutauchen, auch ohne den Jungen, aber sie wusste, dass es noch zu früh dafür war. Sie musste nur noch ein wenig Geduld haben und die Gelegenheit abwarten, die sich ihr bieten würde.
***
Wir überflogen die Streifenwagen, die sich an der engen Straße anein-62 andergereiht hatten. Die Cops stiegen gerade aus. Langsam kam ich selbst zu der Überzeugung, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis wir Martinez wieder im Netz hatten.
Gegen dieses Aufgebot konnte er nicht ankommen, selbst wenn er ein Zauberer war.
Einer der Wagen ließ seine Scheinwerfer aufblitzen, und der Fahrer deutete mehrmals in die Richtung, in der seine Kollegen verschwunden waren.
»Drehen Sie mal ab«, befahl ich dem Piloten, und er drückte den Knüppel herum. Gleichzeitig brachte er den Hubschrauber so tief herunter, dass wir fast die Gipfel der Bäume streiften.
Es war unmöglich, von dem Hubschrauber aus eine Bewegung in dem dichten Wald zu sehen. Noch dazu würde Martinez in dem Augenblick, in dem wir über ihn wegflogen, wohl kaum eine Bewegung machen, die ihn verraten konnte.
»Zwecklos«, sagte der Pilot. »So finden wir ihn
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