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0211 - Die Nacht in der Schreckensburg

0211 - Die Nacht in der Schreckensburg

Titel: 0211 - Die Nacht in der Schreckensburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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unmoralisch« ihren Lippen entfleuchen und verschlang den dazugehörigen Text in der Hoffnung, tatsächlich etwas Unmoralisches lesen zu können. Aber es ging lediglich um eine Spinnerei. Eine Frau sollte sich unter Zurücklassung ihrer Kleider in eine Fledermaus verwandelt haben.
    »Diese Städter«, sagte Beth verächtlich und reichte die Zeitung an Andrew zurück. »So etwas passiert auch nur da!«
    »Leider«, murmelte Andrew und versuchte sich in die Rolle eines Tatzeugen zu versetzen. Er las den Artikel jetzt nach, schlürfte den heißen Tee und war mit sich und der Welt bis auf die Tatsache, daß das Geld in dieser Woche wieder mal nicht ganz reichen würde, zufrieden.
    »Wohin das liebe Tierchen wohl geflogen sein mag?« murmelte er überlegend. »Von Inverness bis hier ist es für einen Vogel nicht all zu weit.«
    »Eine Fledermaus ist kein Vogel!« entrüstet sich seine Frau. »Wo bleibt deine Bildung?«
    »Auf dem Hinterhof«, brummte Andrew. »Hat’s nicht geschafft, mir nachzuschleichen. Ist doch egal, ob es sich um einen Vogel oder einen Beutelfisch handelt.«
    »Ach, du hast eben keine Ahnung«, stellte Beth fest, schlurfte zum Herd und hielt inne, weil sie aus dem Nebenzimmer Geräusche vernahm.
    Ihre weibliche Logik begann angestrengt zu arbeiten. Sie sah sich um und sah Andrew mit der Zeitung im Sessel. Da sich in der kleinen Wohnung aber außer ihnen niemand aufhielt, deuteten die Geräusche auf einen fremden Eindringling hin.
    »Hörst du das?« keuchte Beth erschrocken.
    »Ich höre es«, versicherte Andrew.
    »Ein Einbrecher in Scardroy Lodge -unfaßbar!« stöhnte Beth. »Und noch dazu bei uns!«
    Andrew erhob sich. Er gehörte der Figur nach zu den Möbelpackern, vor denen selbst das schwerste Klavier nicht sicher ist.
    »Dem werden wir’s zeigen«, kündigte er an und grinste plötzlich. »Vielleicht ist es aber auch diese Fledermaus. Von gestern abend bis jetzt kann sie durchaus hierher geflogen sein.«
    Da raffte sich auch Beth endlich auf, etwas zu tun.
    »Wehe«, fauchte sie. »Wenn die wirklich nackt ist…« Und zornig rauschte sie mit dem Mut der Löwenmutter zur Tür, um ihrem Göttergatten den unmoralisch-lustvollen Anblick solch unzüchtig gewandeten Getiers sorgfältig vorzuenthalten.
    ***
    Der Morgen graute, als Tanja Semjonowa spürte, dicht vor ihrem Ziel zu sein. Aber mit der Dunkelheit der Nacht schwand ein großer Teil des Zwanges, der sie auf die drohende Gefahr zu riß.
    Eine Pause! durchfuhr es sie.
    Sie verlangsamte ihr Tempo. Nach und nach spürte sie trotz des gleichmäßigen Fliegens das Nachlassen ihrer Kräfte. Auch Vampire waren nicht mit unerschöpflichen Kraftreserven ausgerüstet!
    Der Ruf war kaum noch hörbar. Und doch wußte Tanja, daß Sanguinus nach wie vor ihrer harrte, daß er sie erneut rufen und mit seinem Ruf zwingen wurde, zu ihm zu kommen.
    Zur Blutburg…
    Unter sich sah sie die Dächer von Häusern, vom Nebel verhangen. Regentropfen fielen vereinzelt von den finsteren Wolken, die noch über Tanja zogen.
    Ein kleines Dorf.
    Hier konnte sie Rast machen. Konnte vielleicht versuchen, Hilfe zu rufen. Denn sie wußte, daß sie allein verloren war.
    Sie wußte, daß sie auf der schwarzen Liste der Dämonischen stand, und sie ahnte auch, was Sanguinus mit ihr vor hatte. Und er war stärker als sie.
    Sie aber wollte leben, weiterleben, überleben. Jetzt, da sie dem Vampirkeim entrissen war, da sie nicht mehr wie die anderen vom Blut abhängig war, dafür aber alle anderen Kräfte der Vampirmagie noch besaß, mußte sie leben! Es wäre sonst doch alles umsonst gewesen.
    Zamorra!
    Sie mußte versuchen, Zamorra um Hilfe zu bitten. Zamorra aus Frankreich, aus dem Château Montagne im Loire-Tal…
    Dazu brauchte sie ein Telefon. Telefone gab es im Dorf bestimmt. Sie sah die Kabelmasten einer Leitung. Doch um telefonieren zu können, war sie gezwungen, wieder menschliche Gestalt anzunehmen.
    Und ihre Kleidung lag in Inverness…
    Teufel auch, durchfuhr es sie. Sie mußte versuchen, in eines der Häuser einzudringen und sich Kleidung zu beschaffen. Und wenn es nur leihweise war! Denn gerade hier in einem abgelegenen Dorf, wo es noch Sitte und Anstand gab, würde es völlig unmöglich sein, nackt in die nächste Telefonzelle zu marschieren.
    Sie kreiste über den Häusern, entdeckte eines, dessen Fenster offenstand und stieß hinab.
    Hindurch. Hinein in ein Schlafzimmer. Blitzschnell erkannte sie, daß es hier Kleiderschränke gab. Sie konnte sich bedienen.
    Kaum

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