0211 - Die Nacht in der Schreckensburg
Der Tod deiner Tochter war nicht sinnlos, er bewirkte Großes. Du hingegen wirst, ebenso wie deine Freunde, absolut nutzlos sterben!
McRedys Kopf ruckte hoch. Mit tränenden Augen starrte er das unheimliche Gebilde an, das die Form einer Kugel besaß und von dem körperlich spürbare Haßimpulse ausgingen. Die Kugel sah aus wie eine ungeheuer komprimierte Ansammlung von Nebel, und einen Augenblick war McRedy geneigt zu glauben, daß dies der Grund war, warum innerhalb des Gemäuers sonst kein einziger Nebelfetzen mehr existierte. Dann sah er, daß die weiße Substanz in Wirklichkeit gar nicht so dicht war, sondern hauchdünn, und daß sich dahinter etwas bewegte.
Angus McRedy hatte noch nie einen Dämon gesehen. Einmal ist immer das erste Mal, sagt man. Aber für ihn war es auch das letzte Mal.
Sein Verstand, beim Anblick seiner Tochter schon heftig erschüttert, wurde endgültig aus der Bahn geworfen und glitt in ein unbeschreibliches Reich.
McRedy wurde wahnsinnig.
Und da geschah etwas Sonderbares…
***
Rodrick Asher schlug zu.
Blindlings, aber er konnte seinen Gegner gar nicht verfehlen, weil der knapp einen Meter von ihm entfernt stand, als der eisenbeschlagene Knüppel durch die Luft pfiff.
Die Keule traf den Rotgekleideten voll gegen das Brustbein. Asher glaubte ein Knirschen zu hören, als hätte er der Bestie mit einem Schlag sämtliche modrigen Knochen im Leib zertrümmert.
Der Vampir wurde fast zwei Meter zurückgeschleudert, stürzte aber merkwürdigerweise nicht hin, sondern setzte pfeilgerade mit den Füßen wieder auf!
Verblüffung trat in Ashers Augen, der so etwas noch nicht gesehen hatte.
Kein Mensch hielt einen solchen Hieb aus!
Und dann durchdrang allmählich die Erkenntnis sein Bewußtsein, daß er sich bei diesem Gegner umstellen mußte.
Das Kruzifix, durchzuckte es ihn, als der Blutsauger ihn spöttisch angrinste und zum erneuten Angriff ansetzte. Irgendeiner aus der Gruppe hatte doch ein Kruzifix dabei…
Asher investierte drei Sekunden seiner kostbaren Zeit, um sich nach seinen Kumpanen umzuschauen. Und was er vorher im Kampfeifer übersehen hatte, konnte ihm nun nicht länger verborgen bleiben: die Auseinandersetzung war bereits entschieden!
Von ihrem großartigen Haufen lagen vier niedergerungen am Boden und boten einen entwürdigenden Anblick. Denn auf jedem kauerte krötenhaft einer der Vampire und beugte sich tief über den Hals seines Opfers!
Asher sah flüchtig die qualvoll verzerrten Gesichter der Männer, über deren Lippen jedoch nicht ein einziger, kleiner Schrei floh.
Nein, dachte er. Neeeiinnn!
Aus den Augenwinkeln erkannte er seinen speziellen Freund, der sich ihm gerade wieder entgegenwarf.
Erneut sauste der Knüppel durch die Luft.
»Rodrick!« hörte er Bens Stimme hinter sich. »Hilf mir! Rodrick, hilf mir!«
Asher vollführte mit seinem bulligen Körper eine halbe Drehung und erblickte Ben.
Es war geradezu grotesk, daß ausgerechnet der hagere Ben zu dem kleinen Rest gehörte, der noch immer standhaft gegen sein vorprogrammiertes Schicksal ankämpfte. Aber gerade das steigerte Ashers Sympathie für ihn um ein Vielfaches.
»Warte!« knurrte er, als er sah, wie Ben ungeschickt mit einem Hammer durch die Luft schlug, während seine Linke nervös mit einem Holzpflock durch die Gegend wedelte. Man hielt es kaum für möglich, daß der Vampir, der es auf Ben abgesehen hatte, bisher nicht zu einem Erfolg gekommen war.
Asher spurtete zu Ben.
Vor ihm blinkte etwas auf dem Boden.
Er stutzte.
Das Kruzifix!
Da lag es. Sein Besitzer mußte es im Kampfgetümmel verloren haben.
Aber warum hatte es nicht gewirkt?
Asher bückte sich, hob es auf und wollte seinen Weg fortsetzen.
In diesem Augenblick passierte etwas, das die gesamte tumultartige Szene mit einem Schlag erstarren ließ.
Sieben Vampire verhielten wie vom Donner gerührt in ihren Bewegungen.
Sieben Schreie vermischten sich gleichzeitig zu einem einzigen!
Benommen sah Asher, wie die Untoten ihre krallenartigen Klauen zu Fäusten ballten und gegen die Schläfen preßten, als hätte sie alle zugleich ein furchtbarer Kopfschmerz befallen!
Plötzlich klang eine kalte Stimme in seinem Kopf auf, die mit solcher Intensität einen Befehl ausstieß, daß der Schmied fürchtete, sein Gehirn würde verbrennen.
Tötet ihn!
Wen? dachte Asher schaudernd und blickte sich schmerzverzerrt um. Mich?
Da sah er den Mann, der in der Mitte des Burghofes vor dem schwarzen Altar stand.
Und eine Sekunde
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