0213 - Colette und ihr Fallbeil
Klamotten fühle ich mich verdammt unwohl.«
»Endlich ein wahres Wort«, erwiderte ich und stand auf.
»Wo wollt ihr hin?« fragte der Reporter.
»Mal mit dem Wirt reden.«
»Worüber?«
»Vielleicht kann er sich erinnern. Und seine Tochter auch.«
»Ach, die kleine Colette.«
»Wenigstens erinnerst du dich an den Namen.«
»Das ja.«
»Sie hat Eindruck auf unseren guten Bill gemacht«, spottete Suko.
»Ja, ja, immer auf die Kleinen«, stöhnte der Reporter und verschwand mit schlurfenden Schritten in der Dusche.
Ich nickte dem Chinesen zu, und wir verließen das Zimmer. Auf dem Gang blieben wir stehen.
»Sieht nicht gut aus«, meinte Suko.
Ich nickte. Von unten her hörten wir das Klappern von Geschirr. Dort wurde gedeckt. »Das Gedächtnis hat er nicht verloren«, murmelte ich.
»Schon ein Vorteil, aber was in der letzten Nacht passiert ist, daran kann er sich nicht erinnern. Man hat die Erinnerung daran gelöscht.«
»Weshalb?«
»Da ist irgend etwas passiert, was er nicht mehr wissen soll«, gab ich zur Antwort. »Die Idylle scheint doch nicht so zu sein, wie man sie sich immer wünscht.«
»Mal sehen, ob wir uns morgen auch nicht erinnern können. Jetzt schauen wir uns aber erst die Zimmer an.«
Die beiden Räume lagen wie so oft nebeneinander. Sie waren ebenso eingerichtet wie Bills Zimmer. Ich hatte die Tür nicht ganz geschlossen, da ich mich nicht lange im Zimmer aufhalten wollte. Deshalb hörte ich auch den Schrei.
Er klang nicht spitz oder gellend auf, sondern eher unterdrückt, doch es schwang ein gewisses Entsetzen in ihm mit.
Blitzschnell war ich auf dem Gang.
Gegenüber wurde eine Tür geöffnet. Ein Mann taumelte aus dem Zimmer und wäre Suko fast in die Arme gelaufen, denn der Chinese hatte den Schrei ebenfalls vernommen und war auf den Gang gelaufen.
Der Mann war größer als wir. Er hatte schwarzes Haar und ein bleiches Gesicht, in dem deutlich die Angst zu lesen stand. Während er den Kopf schüttelte und von Suko festgehalten wurde, drückte ich mich an den beiden vorbei und betrat den Raum.
Jetzt sah ich, was den Mann so erschreckt hatte. Es war auch zu grauenhaft.
Auf dem Tisch stand ein menschlicher Kopf!
***
Das Haus der 100 Köpfe! Unwillkürlich schoß dieser Gedanke in meinem Hirn hoch, während ich auf der Schwelle stand und den Kopf anschaute, um den herum sich eine blasse Blutlache gebildet hatte.
Es war ein schauriges Bild. Das Gesicht konnte man als bleich bezeichnen, die Augen darin waren aufgerissen, und unter ihnen sah ich teigige Ränder. Das Haar zeigte eine braune Farbe. Schütter lag es auf der Kopfhaut.
Ich schüttelte mich, denn eine Gänsehaut rieselte über meinen Rücken.
Das Bild war so schlimm, daß ich erst einmal kräftig schlucken und den Kloß hinunterwürgen mußte, der sich in meinem Hals gebildet hatte.
Dann drehte ich mich um.
Suko konnte jetzt ins Zimmer schauen, da ich ihm den Weg nicht mehr versperrte.
Auch er sah den Schädel, und ich erkannte, wie der Chinese blaß wurde.
Der Schwarzhaarige stand neben ihm. Er lehnte an der Wand, hielt den Kopf gesenkt und seine Hände gegen die Wangen gepreßt.
»Hören Sie«, sprach ich den dunkelhaarigen Mann an. »Was ist dort geschehen? Reden Sie!«
»Ich war es nicht, verdammt, ich war es nicht.«
»Wer dann?«
Er ließ die Hände sinken. Es geschah wie bei einer Puppe. Sie fielen förmlich nach unten und klatschten gegen seine Oberschenkel. Dann stierte mich der Kerl an.
Unwillkürlich zuckte ich zurück, als ich die blutunterlaufenen Augen des Mannes sah. Der war nicht mehr er selbst. In ihm steckte eine fremde unheimliche Kraft, die ihn trieb. Keine dämonische, sondern die eigene Angst und das Entsetzen hatten sein Unterbewußtsein verändert.
»Sagen Sie mir, was geschehen ist!« drängte ich.
Er schüttelte den Kopf und schaute mich dabei weiter an, als hätte er kein Wort verstanden. Auch Suko gefiel der Mann nicht. Ich erkannte, daß sich die Haltung des Chinesen gestrafft hatte.
»Ich…Ich…« Er röchelte die Worte und dann schlug er zu.
Gott, war das ein Hammer. Zum Glück war ich zurückgewichen, denn irgend etwas an dem Mann hatte mich gewarnt. Ich nahm den Kopf zur Seite, sah trotzdem die Faust für den Bruchteil einer Sekunde riesengroß, und im nächsten Augenblick streifte sie mein Kinn.
Hätte mich der Schlag voll getroffen, wäre ich wohl an der gegenüberliegenden Wand klebengeblieben, so fiel ich dagegen und konnte auch den harten Aufprall mit der
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