0214a - Alibis und weiße Westen
würde dann herunterfallen und den Besuchern einen tüchtigen Schreck einjagen.«
»Sie hätten sich aber ausrechnen können, dass eine Kiste aus solcher Höhe, selbst wenn sie leicht ist, einen Menschen verletzen kann!«
»Zu solchen Überlegungen bin ich gar nicht gekommen. Ich hielt alles für einen Riesenspaß und erklärte mich bereit, es zu machen.«
»Sie hatten wirklich keine Ahnung davon, dass in den oberen Kisten die gleiche Glasflasche war wie in allen anderen?«
»Ehrenwort, Sir. Ich bekam einen Riesenschrecken, als der Stapel ins Wanken geriet und ich merkte, welches Gewicht ich in Bewegung gebracht hatte. Aber da war es zu spät, ich konnte es nicht mehr aufhalten!«
»Warum sind Sie denn nicht einfach in der Halle geblieben und haben sich unter die anderen Arbeiter gemischt, die zusammenliefen? Kein Mensch hätte Sie verdächtigen können.«
»Ich bekam einen Schock, als ich hinter den tatsächlichen Sachverhalt kam. Daran können Sie sehen, wie entsetzt ich war.«
»Nun gut, wir wollen Ihnen die Geschichte abnehmen. Phil, ich rufe einen Streifenwagen, der das Kerlchen abholen kann.«
Der Einfachheit halber ging ich in das Haus der Bahnpolizei, zeigte meinen Ausweis und bat die überraschten Kollegen, das Telfon benutzen zu dürfen. Im Nummemverzeichnis hatte ich schnell die Nummer von Crockbys Lagerhaus gefunden. Ich bekam Mister Brown an den Apparat.
»Hier spricht Cotton. Ich möchte Sie um eine Auskunft bitten. Kennen Sie den jungen Alderdale?«
»Meinen Sie den Neffen meines Chefs?«
»Ja, den.«
»Natürlich kenne ich ihn.«
»War er ab und zu mal im Lagerhaus?«
»O ja. Es war bekannt, dass er gut mit seinem Onkel stand. Er interessierte sich für den Ablauf der Geschäfte. Ich nehme an, Mister Crockby hatte eine Menge mit ihm vor.«
»Sie haben ihm also alles gezeigt?«
»Natürlich, bei uns gibt es sowieso keine Geheimnisse. Die hütet die Brennerei in Schottland wie ihren Augapfel.«
»Können Sie sich daran erinnern, wann er zum letzten Mal bei Ihnen auftauchte?«
»Es tut mir leid, Agent Cotton. Es kann durchaus sein, dass er auch mal ohne mein Wissen im Lager erschien. Die Vorarbeiter kennen ihn alle.«
»Dann möchte ich Sie bitten, festzustellen, ob sich jemand an einen Besuch in den letzten Tagen erinnert. Ich rufe später noch mal an.«
»Ich werde es versuchen, Agent Cotton. Bis später!«
Ich bedankte mich bei den Cops und setzte mich in den Wagen, um ungestört den Sprechfunk betätigen zu können.
Bald meldete sich Neville.
»Hör mal, was hast du in Sachen Alderdale erreicht?«
»Eine ganze Menge, viel Interessantes für dich. Soll ich dir alles erzählen?«
»Hebe es für später auf, wir kommen jetzt ins Büro. Bitte schicke sofort einen Wagen in die West 18th Street in Hoboken. Sie sollen jemanden abholen.«
»Okay, Jeny, du wirst sofort bedient!«
»Wir warten. Und vergiss nicht, den jungen Alderdale auf zwanzig Uhr in die Villa zu bestellen. Er muss unter allen Umständen kommen!«
»Der Knabe wird beschattet, ausreißen kann er nicht mehr.«
»So long.«
»So long.«
Jetzt hatte ich ein wenig Zeit zum Überlegen. Ich schlenderte zum Hinterhof zurück. Das Geheimnis musste im Herrenhaus zu finden sein. Warum wurde Crockby umgebracht, warum der Butler ermordet? Es konnte nur einen Urheber geben. Wer war es? John Crockby, Jim Alderdale, oder spielte noch ein Partner das grausame Spiel mit? In wenigen Stunden würden wir es wissen, das musste einfach sein.
Bei den Contranos war die Stimmung auf dem Nullpunkt gelandet. Die Großmutter weinte leise vor sich hin. Aldo starrte schwermütig auf den Fußboden. Phil und Cracker unterhielten sich über Sport.
»Der Wagen wird gleich hier sein! Mrs. Contrano, ich versichere Ihnen, dass Ihrem Enkel nichts Böses geschieht. Er wird eine milde Strafe erhalten, denn er ist offensichtlich in eine Sache hineingestolpert, deren Tragweite er nicht übersehen konnte. Wir stellen keinen Strafantrag. Es wird also glimpflich abgehen.«
Die alte Dame konnte sich vor Freude kaum fassen. Immer wieder bedankte sie sich und beschimpfte den Jungen, dem wir die Erleichterung deutlich anmerkten. Jetzt nahmen wir auch die mit Herzlichkeit angebotene Tasse Kaffee an.
***
Zwanzig Minuten dauerte es, bis der bestellte Wagen vorfuhr. Ein G-man nahm Aldo in Empfang, den wir bei Mister High wieder treffen würden. Unter den Dankbezeugungen der Großmutter suchten auch wir schnell das Weite. Den Zöllner lieferten wir bei seiner
Weitere Kostenlose Bücher