0215 - Das Ölmonster
schmeckendes Wasser. Suko und ich gönnten uns ein paar Schlucke.
Wir fuhren nicht nach Süden, der Stadt entgegen, sondern in nördliche Richtung. Schon jetzt ahnten wir etwas von der unermeßlichen Weite der arabischen Wüste. Braungelb zog sich das Gelände flach bis zum Horizont hin, wo wir allerdings auch bläuliche Schatten erkannten, die Ausläufer eines Gebirges.
Dann drehte der Fahrer nach links, wo wir in der Ferne das Meer sahen und sich die Sonnenstrahlen auf den Wellen brachen und ein interessantes Farbspektrum schufen, das jedoch vom goldenen Licht der Sonne wieder überdeckt wurde.
Die Pisten wurden schmaler. Dann schimmerten vor uns große Hallen.
Es waren die Hangars, wo die Sportmaschinen ihren Platz gefunden hatten. Eine stand schon startbereit. Sie besaß zwei Motoren, und man konnte sie nicht als Sport, sondern schon als Passagiermaschine bezeichnen.
Als wir in den roten Sesseln der Maschine Platz genommen hatten und ein Steward nach unseren Wünschen fragte, wobei er eine Schale mit Obst vor unsere Augen hielt, konnten wir einfach nicht nein sagen und griffen nach den herrlichen Weintrauben, die wie gemalt aussahen und fast zu schade zum Essen waren.
Der Start verlief nicht so ruhig wie bei einem Düsenjet, aber unangefochten stießen wir in den hellblauen, wolkenlosen Himmel. Ich hatte zum Glück eine Sonnenbrille mitgebracht, und die setzte ich auch auf.
Der Ort, den es zu erreichen galt, wo alles seinen Anfang genommen hatte, besaß eigentlich keinen Namen. Es war eine künstliche Stadt, aus dem Boden der Wüste gestampft, ein Opfer an den Götzen Technik.
Sollte dort einmal kein Öl mehr gefördert werden, würde die Stadt sicherlich verschwinden, denn die Ölarbeiter - meist Männer aus fremden Ländern würden sich wieder in ihre Heimat zurückziehen.
Wir flogen parallel zur Küste. Das Meer blieb immer in Sichtweite, und wir erkannten die gewaltigen Tanker aus aller Herren Länder, die durch das Wasser des Roten Meers pflügten. Wenn man vor den Schiffen stand, wirkten sie wie stählerne Gebirge. Von dieser Höhe aus betrachtet sahen sie jedoch ziemlich klein aus, wie Spielzeug.
Djemal Faruk wandte sich lächelnd an uns und fragte: »Wie gefällt Ihnen Arabien, meine Herren?«
»Bis jetzt haben wir nicht viel gesehen«, erwiderte ich. »Aber für uns ein wenig heiß.«
»Es ist ein herrliches Land mit wunderbaren Städten und Oasen. Glauben Sie mir. Mekka liegt nicht umsonst hier.«
Ich wollte nicht unhöflich sein und gab ihm recht.
Die Flugzeit sollte etwa eine Stunde betragen. Das jedenfalls hatte uns Faruk erklärt. Davon war eine halbe verstrichen. Unser Ziel hatten wir noch nicht gesehen.
Im Westen lag das Meer, im Osten die Wüste. Nicht flach, wie sie manchmal beschrieben wurde, sondern, von Ebenen, Plateaus und Gebirgen durchzogen.
Karawanen sahen wir nicht. Sie wären vielleicht an den aufgewirbelten Staubwolken zu erkennen gewesen.
»Öl«, erklärte Faruk. »Darunter liegt nur Öl. Ein herrlicher Boden. Glauben Sie mir. Schwarzes Gold.«
»Aber nicht für alle Zeiten«, erwiderte ich.
Er seufzte. »Leider, Mr. Sinclair. Nichts ist unendlich. Nur Allah.«
Der Boden verbarg wirklich ein unschätzbares Vermögen. Aber in ihm steckte auch eine Gefahr, wie wir selbst erlebt hatten und in den nächsten Sekunden erleben sollten.
Zum Glück sahen nicht nur wir, wie die Erde aufbrach, sondern auch unser Pilot. Mit einer wahren Reflexbewegung zog er die Maschine in die Höhe, denn tief unten geschah das Unfaßbare. Eine gewaltige blauschwarze Ölwoge wurde himmelan geschleudert, als hätten Riesenhände sie in die Höhe gedrückt. Und sie war schnell. Eine unermeßliche Kraft mußte hinter ihr stecken.
Faruk sagte etwas in seiner Landessprache, was wir nicht verstanden.
Es klang allerdings panikerfüllt.
Auch uns war nicht wohl zumute, denn die Ölwoge stieg immer höher und war verdammt schnell.
Schneller als unser Flugzeug? In Sekundenbruchteilen schoß mir durch den Kopf, was alles passieren konnte, falls es uns nicht rechtzeitig genug gelang, der Gefahr zu entkommen.
Die riesige Ölwoge war vor uns aus dem Boden geschleudert worden.
Wir flogen geradewegs darauf zu. Und wir sahen auch das gewaltige Gesicht inmitten der Woge.
Ein Gesicht?
Nein, es war eine Fratze.
Widerlich verzogen und anzuschauen. Langgezogen mit halb geöffnetem riesigen Maul, aus dem weitere Wogen spritzten und wie Fontänen aus der Riesenwoge herausstachen.
Das Vorhaben war klar.
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