0215 - Endstation des Grauens
beheben.
Hattinger blieb gelassen. Er schaute Kotranow fragend an. Der schüttelte den Kopf.
„Lassen Sie Tong-Jaho schimpfen, Major. Wir können keine Rücksicht auf unsere Maschinen nehmen."
Nach fünf Minuten schien der Erfolg ihm recht zu geben.
Wieder einmal leuchtete die Meldelampe des Interkoms auf. Und diesmal war es Oberleutnant Plagge, der Chef der Funkzentrale, der sich zum erstenmal seit der Ankunft im Horror-System von selbst meldete. „Sir!" Plagges Stimme klang erregt. „Wir fangen Funksignale auf."
„Na endlich!" Kotranow rieb sich die Hände. „Haben Sie den Wortlaut schon entziffert?"
Ein grunzender Laut kam über den Interkom.
„Das ist es ja eben, Sir. Die Signale sind kaum hörbar. Meine Aufzeichnungsgeräte können nicht mehr anzeigen als den Eingang. Einzelne Zeichen sind nicht auszusondern."
„Vielleicht Peilsignale!" warf Hattinger ein.
„Das dachte ich mir auch schon", erwiderte Kotranow. „Plagge, peilen Sie schnellstens den Sender ein, damit wir näher herangehen können!"
„Mir gefällt das nicht", sagte Hattinger. „Wenn die CREST auf Horror stünde, egal auf welchem Punkt des Planeten, so würde Plagge überhaupt keine Mühe haben, die Signale zu entziffern."
„Schon mal was von ausgefallenen Schiffssendern gehört?"
fragte Kotranow mit beißendem Spott.
Hattinger entgegnete etwas, das sich nicht abdrucken laßt.
Kotranow wurde blaß. Zwar war er mit Hattinger befreundet, aber das bedeutete nicht, daß er über grobe Disziplinarverstöße hinwegsah. „Wir sprechen noch darüber, Major. Einstweilen erteile ich Ihnen einen Verweis."
„Ich wußte nicht, daß klassische Zitate an Bord dieses Schiffes verboten sind", sagte Hattinger mürrisch.
Hawk lehnte ruhig in seinem Sitz. Er beobachtete nur die Bildschirme. Er ließ sich nicht von der allgemeinen Nervosität anstecken. Von Zeit zu Zeit musterte er Sherlock. Der Okrill hatte sich zu seinen Füßen niedergelassen und kümmerte sich augenblicklich um nichts als um seinen Junior, den die Besatzung inzwischen wegen der blanken Schwärze seiner Haut Orpheus genannt hatte. Orpheus hatte vor einem Tag das Maul der Mutter - oder seines Vaters - verlassen und sich in einer nach innen gestülpten Hautfalte unterhalb Sherlocks Kinn verkrochen. Von dort streckte er meist das winzige Köpfchen mit den stecknadelkopfgroßen Augen heraus, beobachtete interessiert seine Umgebung, schnellte die papierdünne Zunge zwanzig Zentimeter weit heraus, wenn jemand in der Nahe vorbeikam und nieste erfreut, wenn es ihm gelang einen Funken zu einem metallenen Gegenstand überspringen zu lassen.
Hawk horchte erst auf, als Oberleutnant Plagge sich erneut meldete. Das was er zu Oberst Kotranow sagte, war in der ganzen Zentrale zu verstehen, da alle Offiziere ihre Gespräche augenblicklich einstellten und gespannt zum Interkomschirm des Kommandanten blickten, auf dem das schmale, blasse Gesicht Plagges zu sehen war.
„Funksignale kommen von 45 Grad südlicher Breite, 21 Grad östlicher Lange, Sir. Noch keine Trennung der Signale möglich."
„Das ist doch...!" Kotranows Gesicht wandte sich Hattinger zu.
„Wie weit sind wir von dem angepeilten Punkt entfernt?"
„Hundertzwanzig Kilometer Luftlinie, Sir. Wenn Sie mich fragen, die Signale können nicht von der CREST kommen. Sogar ein Minikom würde auf hundertzwanzig Kilometer Entfernung gut verständliche Zeichen von sich geben."
„Soll ich eine Anfrage senden, Sir?" fragte Plagge.
„Nein!" erwiderte Kotranow nach kurzem Überlegen. „Nicht, bevor uns eine Identifikation des Peilsenders gelungen ist."
„Kurswechsel?" fragte Hattinger.
„Natürlich. Und gehen Sie noch tiefer, Major!"
Hattinger beugte sich unmutig über seine Kontrollen. Ihm schien eine ganze Menge an Kotranows Befehlen zu mißfallen. Aber er wußte, daß gefühlsmäßige Einwände sinnlos waren. Deshalb schwieg er.
Omar Hawk zischte Sherlock einen Befehl zu. Der Okrill schnalzte. Sherlocks pupillenlose Augen richteten sich auf seinen Herrn. Hawk beugte sich zu dem Tier hinab, schlug ihm mit der flachen Hand gegen das breite Maul und redete auf es ein.
Nach einer Weile erhob sich der Okrill. Sein Körper, der weich und fett wie der eines Mastschweines gewirkt hatte, während er ruhte, straffte sich. Die stahlharten Muskelstränge und pakete traten plastisch unter der lederartig wirkenden Haut hervor. Die sonst plumpen Bewegungen wirkten jetzt plötzlich geschmeidig und waren so blitzschnell, daß ein
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