0218 - Grauen in der blauen Stadt
»Da - sie haben sie schon wieder. Sie lassen wirklich nichts anbrennen.«
»Können Sie sie nicht noch einmal…?«
»Ich brauche Zeit«, sagte Bill. »Verstehen Sie nicht? Zamorra hat das Amulett als Verstärker, und er besitzt schwache Para-Kräfte. Ich dagegen verfüge weder über das eine, noch über das andere! Die Beschwörung vorhin hat mich erschöpft. Vor einer Stunde ist da nichts mehr zu machen. Es zehrt geistig und körperlich aus. Auch die Magie unterliegt den Naturgesetzen von der Erhaltung der Energie. Von nichts kommt nichts, mein lieber Davies…«
»Aber wir können Susan doch nicht einfach in der Hand dieser Knochenleute lassen…«
»Wir könnten den dicken Hund auf sie hetzen«, sagte Bill dumpf. »Aber da wir den nicht haben, bleibt uns nichts, als abzüwarten. Ich folge ihnen und versuche festzustellen, wohin Susan verschleppt wird. Sie gehen in südliche Richtung, bis sie am Stadtrand auf unser staubiges Hotel stoßen, und alarmieren die anderen. Wir treffen uns hier. Finden Sie den Weg zu dieser Kreuzung zurück?«
»Ich denke schon«, versicherte Davies. »Hauptsache, ich finde den Weg zum Hotel, ähem… aber ist die Verfolgung für Sie nicht zu gefährlich, Bill?«
»Ich mache das nicht zum ersten Mal. Zusammen mit Zamorra habe ich schon einige Abenteuer hinter mir, bei denen andere Leute nur mit den Ohren schlackern würden. Gehen Sie schon, um so schneller sind Sie mit den anderen wieder hier!«
Davies nickte. »Ich drücke Ihnen die Daumen«, sagte er.
Bill setzte sich im Laufschritt in Bewegung. Dabei wußte er, daß jederzeit und überall noch Skelette lauern konnten. Aber er sah keine Möglichkeit, Zamorra ein Zeichen zu geben, daß er von sich aus herkommen würde.
***
»Was tun wir jetzt?« fragte Nicole.
Zamorra schreckte aus seinem Grübeln auf. Seine Gedanken kreisten um die Frage, weshalb die Skelette in ihnen, den Menschen, dämonische Geschöpfe sähen. Lag es vielleicht an dem Amulett?
Damals, als der Magier Merlin einen Stern vom Himmel holte und die Silberscheibe aus der Kraft einer entarteten Sonne schuf, war sie weder gut noch böse, sondern neutral. Leonardo de Montagne, Zamorras unseliger Vorfahr und Schwarzmagier, brachte sie an sich und verwendete sie für seine dunklen, menschenverachtenden Zaubereien. Lange Zeit, viele Jahrhunderte, lag das Amulett dann in einem Versteck im Château Montagne, bis Zamorra es fand und übernahm. [2] Er selbst setzte es nur für das Gute ein und übernahm zugleich mit dem Amulett die Verpflichtung, sein Leben dem Kampf gegen die Höllenmächte zu widmen.
Das Amulett, Merlins Stern, hatte also beide Seiten kennengelernt und aktiv gestaltet. Und vor einiger Zeit war in Irland, in der Nähe der legendären Standing Stones, etwas Eigenartiges geschehen. Eine böse Macht hatte versucht, das Amulett umzupolen und für das Böse zu gewinnen. [3] Es war ihr nicht gelungen, aber seit jener Zeit arbeitete das Amulett unregelmäßig, als habe es einen großen Teil seiner Kraft verloren.
War vielleicht doch mehr zurückgeblieben, als Zamorra ahnte? Steckte vielleicht doch ein schwarzer Keim in der weißmagischen Scheibe? Und sorgte dieser Keim dafür, daß die Skelette ihn, Zamorra, als böse ansahen?
Andererseits - verhinderte dieser Keim, daß das Amulett die Skelette vernichtete?
Zamorra schüttelte heftig den Kopf. Fragen über Fragen, und keine Antwort war in Sicht. Wahrscheinlich war die Antwort dermaßen einfach, daß er nicht darauf kam.
»Was wir jetzt tun?« wiederholte er Nicoles Frage. »Ich werde noch einmal versuchen, unsere Gegner anzupeilen. Jetzt, da der Schirm durchbrochen ist, dürfte es einfacher sein.«
»Es ist einfacher«, sagte Uschi Peters. »Wir spüren sie. Es sind mehr als zwei Dutzend Wesenheiten. Zwei weitere sind gerade gestorben.«
»Wie?« fuhr Zamorra auf.
»Bill Fleming hat sie vernichtet. Mit einem deiner Zaubersprüche, Zamorra. Er verfolgt jetzt Skelette, die Susan Peters verschleppen.«
Zamorra schnappte nach Luft.
»Das Ganze noch einmal«, sagte er. »Aber langsam und im Klartext, zum Mitschreiben.«
Monica lächelte ihn an.
»Wir können Fragmente aus Bills und Davies’ Erinnerung lesen. Die beiden sind fast vor unseren Augen am Fluß von Skeletten entführt worden. Sie konnten fliehen. Warum, wissen sie nicht, aber ich persönlich nehme an, daß unser Kampf von vorhin die Ursache ist. Das Durchbrechen der Abschirmung muß die Skelette gehörig verwirrt haben. Auch Susan ist
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