0219 - Acht Kugeln für das dritte Opfer
Leute einschmuggeln, die nichts miteinander zu tun haben, oder ob wir nach und nach ganze Familien hereinbringen! Solange sie zahlen, befördere ich jeden.«
Der Gangster wiegte den Kopf hin und her.
»Ich weiß nicht, Chef«, sagte er. »Ich habe so ein eigenartiges Gefühl bei diesem Kerl. Wenn das nun der Bruder von einem ist, den wir auf der Brücke' — na ja, du weißt schon, was ich meine.«
»Und selbst wenn es der Bruder von einem wäre, den wir mit dem Rucksack über die Brücke gehen ließen, was kümmert es uns? Wenn er uns nach dem Verbleib seines Bruders fragt — wir wissen natürlich von nichts.«
»Und wenn er gar nicht erst fragt? Wenn er nur darauf wartet, daß wir ihn laufen lassen, und er anschließend sofort zur Polizei geht? Wenn er es nur darauf anlegte, herauszufinden, wo wir die Jungens versteckt halten, damit er es der Polizei melden kann?«
»Von den Leuten, die wir hereinlotsen«, sagte der Boß unwillig, »kann keiner zur Polizei gehen!«
»Warum denn nicht, Chef?«
»Du Esel! Weil sie keine gültige Einwanderungserlaubnis haben! Allein dadurch, daß sie ihren Fuß ohne Erlaubnis auf amerikanischen Boden gesetzt haben, machen sie sich doch schon strafbar!«
»Du nimmst das alles zu leicht, Chef! Du hast dich jetzt daran gewöhnt, daß es bei uns klappt und gut geht, und jetzt nimmst du alles auf die leichte Schulter! Denk mal daran, was die Polizei jn manchen Fällen tut! Wenn ein Kronzeuge gegen die Bande, deren Mitglied er selbst war und an deren Verbrechen er sich beteiligt hat, vor Gericht gegen die Bande aussagt, geht er oft straffrei aus. Warum sollte die Polizei nicht ein Auge zudrücken und jemandem nachträglich eine Einwanderungserlaubnis verschaffen, der uns dafür ans Messer liefert?«
Der Boß rieb sich nachdenklich übers Kinn.
»Verdammt«, brummte er, »du könntest recht haben. Wenn man es von dieser Seite sieht, steckt allerlei dahinter. Wir müssen uns das wirklich reiflich durch den Kopf gehen lassen. Es war ganz gut, daß du mich wegen dieser Geschichte angesprochen hast. Wir wollen doch unser gutes Geschäft nicht so leichtsinnig aufs Spiel setzen.«
Der Gangster bekam ein wenig Mut durch den Zuspruch des Chefs der Bande. Er beugte sich vertraulich vor und sagte:
»Daß der Junge wirklich was will, Boss, kannst du schon daran sehen, daß er heute einen Polizisten niederschlug und abhaute. Ich hatte mir gedacht, man könnte ihn doch leicht loswerden, wenn man ihn der Polizei präsentiert. Du weißt, er war gerade angekommen und hatte von unserem Versteck noch nichts gesehen. Er hätte also der Polizei nichts verraten können. Mir war aber gleich die Ähnlichkeit mit seinem Bruder aufgefallen und der Name. Also sagte ich ihm, er sollte auf dem Pier warten und rief die Polizei an. Natürlich anonym. Es kam auch ein Cop und fragte ihn nach seinen Papieren. Er schlug ihn nieder und versteckte sich. Er will also erfahren, wo wir ihn verstecken werden.«
»Hm«, brummte der Gangsterboß. »Es gefällt mir gar nicht, daß du so eigenmächtig gehandelt hast. Auf der anderen Seite ist was dran. Der Junge kann den Kontakt mit uns wirklich nur deshalb aufgenommen haben, weil er feststellen will, was aus seinem Bruder geworden ist. Das kann uns gefährlich werden. Was sollen wir jetzt mit ihm anfangen?«
»Boß, wir sollten nichts riskieren. Nur ein Toter kann uns nicht mehr gefährlich werden. Und jetzt kommt es auf einen mehr oder weniger auch schon nicht mehr an…«
Ein paar Sekunden herrschte Schweigen. Dann stand der Gangsterboß auf und ging ein paar Schritte hin und her.
»Vielleicht hast du 'recht«, brummte er. »Wir dürfen nichts riskieren. Also gut. Mach einen Rucksack fertig!«
Der Gangster erhob sich nun ebenfalls.
»Okay, Boß«, sagte er. »Das ist wirklich das Beste.«
Sie beschlossen den Tod eines Menschen mit derselben Gemütsruhe, in der sich andere überlegen, ob sie ins Kino gehen sollen.
***
Wir ließen den Jaguar zwischen der Einfahrt zum Brooklyn-Tunnel und dem letzten Block der Washington Street stehen und machten uns zu Fuß auf den Weg. Es war abends gegen zehn Uhr, als wir auf den zweiten Pier hinausgingen.
Das Wasser des Hudson plätscherte gegen die Kaimauern,' Am Himmel standen Sterne, die man allerdings nur im Süden und nach Norden zu über dem Fluß sehen konnte.,Über Manhattan selbst war der Himmel so hell von den vielen bunten Lichtreklamen, daß die Sterne dagegen verblaßten.
Wir suchten uns einen Platz, wo wir uns
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