0221 - Ein Gangster schreit im Banktresor
gleichzeitig ein Kind entführt haben. Was meinst du dazu?«
Ich zuckte die Achseln.
»Theorien! Es gibt tausend Möglichkeiten, wie die beiden Fälle Morton und Webster miteinander verzahnt sein können. Solange wir nicht mehr Einzelheiten wissen, halte ich es für zwecklos, sich Spekulationen hinzugeben.«
***
Es mochte gegen zwei Uhr nachts sein, als wir im Distriktgebäude ankamen vielleicht auch schon ein bisschen später. Wir suchten den Chef auf und besprachen mit ihm die plötzliche Wendung, die durch Mortons Tod eingetreten war. Fest stand nur eines: Morton war von Gangstern getötet worden. Außer beim Militär und manchmal bei der Polizei, findet man Tommy Guns nur noch bei Gangstern. Soldaten waren es nicht gewesen, Polizisten konnten es nicht gewesen sein, also blieben nur noch Gangster übrig.
»Die Frage ist, warum Gangster Morton umlegen sollten«, sagte Phil. »Eigentlich verhalten sich doch die verschiedenen Banden untereinander tolerant. Sie haben ihre Bezirke abgesteckt und achten die gegenseitigen Grenzen. Bandenkriege gehören der Vergangenheit an. Wieso also wurde Morton von Gangstern erschossen?«
»Wenn wir das wüssten, wären wir ein schönes Stück weiter«, brummte ich. »Aber willst du vielleicht ein Inserat aufgeben: Die ehrenwerten Herren, die so freundlich waren, den Gangster Morton umzulegen, werden um Angabe ihrer Gründe gebeten? Zuschriften bitte an Chiffre FBI XY?«
»Du bist ausgesprochen witzig«, konterte Phil. »Ich versuche schon die ganze Zeit, durch logisches Denken die Zusammenhänge zu erhellen, die vorhanden sein müssen, und du meckerst immer nur dazwischen, ohne einen brauchbaren Gegenvorschlag zu haben.«
»Warten wir erstmal ab, bis man dem Toten die Fingerabdrücke abgenommen und im Archiv dadurch seine Identität festgestellt hat«, schlug ich vor. »Dann können wir weitersehen.«
Wir warteten also. Es dauerte ein Weilchen, bis ein Kollege vom Nachtdienst aus dem Archiv bei uns erschien und uns eine Karteikarte hinlegte. An der Karte klebte ein Bildstreifen von drei fotografischen Aufnahmen: von vorn, halb seitlich, seitlich. Die typischen Bilder des Erkennungsdienstes, der einen vorbestraften Mann aufnehmen lässt.
»Er heißt Bill Cuck«, las Mister High vor. »Bisher ist er nicht durch größere Sachen aufgefallen, eigentlich ein kleiner Fisch.«
»Wenn er nicht an einem Kidnapping beteiligt gewesen wäre«, warf ich ein. »Da wird sogar aus dem kleinsten Hecht ein großer Hai. Steht auf der Karte nicht irgendein Hinweis, mit dem wir etwas anfangen könnten?«
»Doch«, sagte der Chef ernst. »Hier steht, dass Cuck in letzter Zeit oft mit einem gewissen Mac Dondridge zusammen war. Ein ganz junger Bursche noch. Mac Dondridge, prägt euch den Namen ein… Diesen Mann brauchen wir jetzt als nächsten.«
***
Mac Dondridge glaubte zunächst, es handele sich um Detectives. Ein eisiger Schreck fuhr in seine Glieder. Er wusste genau, dass er sein Leben verwirkt hatte, wenn er vor ein Gericht kam, und er hielt verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit Ausschau.
Auch mit dem Gedanken, seine Pistole zu ziehen, spielte er ein paar bange Augenblicke lang. Aber dann sah er aus den Augenwinkeln, dass jeder der beiden Männer eine Waffe in der Hand hielt. Es war sinnlos, es dagegen versuchen zu wollen. Bevor er auch nur die Hand am Kolben habe konnte, würden sie ihn durchlöchert haben.
Kaum hatte er es gedacht, da sagte einer von den beiden auch schon: »Bleib doch mal stehen!«
Mac gehorchte und fühlte, wie sich die Mündung einer Waffe in seinen Rücken bohrte. Der andere Mann trat vor ihn hin und fing an, ihn abzuklopfen. Natürlich fand er Macs Pistole und steckte sie ein. Selbst den Schlagring zog er ihm aus der Hosentasche.
»Sieh mal an, was für ein Waffenarsenal der Kerl mit sich herumschleppt«, brummte er, als er auch noch das Messer entdeckte, das sich Mac mit einem Streifen Heftpflaster an die linke Wade geklebt hatte.
Mac schwieg. Was sollte er schon sagen? Sie gaben ihm einen Stoß und es ging weiter. Gute zehn Minuten lang ging er schweigend vor ihnen her. Endlich gelangten sie an einen Parkplatz. Die Männer schlossen die Türen eines Mercury auf. Einer setzte sich ans Steuer. Mac musste neben ihm auf der vorderen Sitzbank Platz nehmen, während sich der zweite genau hinter ihm setzte.
Es war kein Polizeiwagen, das war Mac sofort aufgefallen. Seine Gedanken überstürzten sich. Detectives der Stadtpolizei hatte er bisher immer nur in
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