0221 - Ein Gangster schreit im Banktresor
der frei ist von Blut und Mord und Bestialität. Wer es sich anders wünscht, hatte keine Ahnung, wie das andere aussieht.
***
Irgendwann kamen die Kollegen. Wir übergaben das Mädchen der Obhut des Arztes und setzten uns wieder in den Jaguar. Wir waren beide rechtschaffen müde und abgespannt und fertig. Am schlimmsten aber war, dass wir wieder zu spät gekommen waren. Dass wir immer noch nicht die Spur des Kindes gefunden hatten, noch nicht eine Fährte von den Mördern unserer beiden Kollegen.
Gerade wollte ich starten, um nach Hause zu fahren und eine winzig kleine Mütze Schlaf zu nehmen, bevor die Jagd weiterging, da erhielten wir einen Ruf aus der Funkleitstelle. Und zum ersten Mal in meinem Leben hörten wie zwei Stimmen gleichzeitig im Lautsprecher.
Die erste Stimme sprach leise, gurgelnd, oft von einem keuchenden Atemzug unterbrochen. Die zweite Stimme gehörte einem Kollegen aus der Leitstelle, der hastig in die erste Stimme hineinrief: »Achtung, Cotton, Decker! Hier ruft einer an und behauptet, er wäre Webster! Hören Sie selbst!«
» …kann’s nicht mehr ä…ändern… wenigstens mein Kind raushalten… wo…doch…alles…sonst…sonst… verpfuscht…ist…Rolane glaubte wo…wohl, ich wäre…tot…hat sich aber geirrt…«
Webster erzählte, sterbend in einer Telefonzelle im finstersten Harlem, die Geschichte seines Endes. Ich hatte schon den Fuß auf das Gaspedal und jagte den Wagen in eine enge Kurve. Denn jetzt konnte es wirklich um Sekunden gehen.
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Die Kidnapper waren nach einem ebenso raffinierten wie frechen Plan vorgegangen. Nachdem Webster unter irgendwelchen Vorwänden die Entführung seines eigenen Kindes bei ihnen bestellt hatte, damit er sich durch die Angabe einer angeblich von den Kidnappern geforderten Riesensumme aus der drohenden geschäftlichen Katastrophe heraushalten konnte, hatten die Gangster eine Woche lang Webster heimlich beschattet und so viel wie möglich über seine ganzen Lebensgewohnheiten ausfindig gemacht.
Dabei musste ihnen aufgefallen sein, dass in Websters Garten ein kleines Häuschen stand, das dem Gärtner Vorbehalten war. Sie sorgten dafür, dass der Gärtner arbeitsunfähig wurde. Und sie schoben dem ahnungslosen Webster einen aus der Bande als Aushilfsgärtner unter. Und dieser Mann versteckte das entführte Kind auf Websters eigenem Grundstück, nämlich in dem verfallenen Gärtnerhäuschen. Mit Schlaftabletten versetzte man das Kind in eine Art Narkose, sodass es nicht laut werden konnte.
Dies war es, was Mac Dondridge kurz vor seinem Tod gestanden hatte. Das entführte Kind war also die ganze Zeit über auf dem väterlichen Grundstück gewesen, knapp vierzig Yards von Websters Villa entfernt.
Von Dondridge hatten es Rolane und Webster gehört. Rolane hatte Webster sein Messer in die Brust gestoßen. Aber er hatte nicht sorgfältig genug gezielt. Webster war zunächst bewusstlos geworden, dann aber wieder zu sich gekommen und auf allen vieren die Straße entlanggekrochen, bis er eine Telefonzelle gefunden hatte. Mit der letzten Kraft gelang es ihm, die Nummer des FBI zu wählen.
Und dann erzählte er die ganze Geschichte. Wir hörten sie an, ohne ihn zu unterbrechen. Aber während der ganzen Erzählung jagten wir mit Rotlicht und Sirene dem Grundstück zu, das wir von unserem ersten Besucher her kannten.
Als Websters Stimme plötzlich abbrach und die Leitung tot blieb, konnten wir uns den Grund denken. Wir schwiegen ein paar Herzschläge, dann räusperte sich Phil und sagte entschlossen: »Noch haben wir den Jungen nicht! Konzentrieren wir unsere Bemühungen auf die Befreiung des Kindes. Über alles andere können wir später nachdenken. Hallo, ich rufe Leitstelle! Bitte eine Verbindung mit dem Chef!«
»High«, sagte wenige Augenblicke später die Stimme unseres Chefs in ihrer gewohnten, ruhigen Art.
»Wir wissen, wo das Kind ist«, sagte Phil. »Jetzt brauchen wir jeden Mann, Chef, der sich dazu auftreiben lässt!«
»Das geht schon in Ordnung! Wo wollt ihr euch mit ihnen treffen?«
Phil nannte den Ort und mahnte zur Eile. Danach legte er den Hörer zurück und meinte: »Wenn wir jetzt wieder zu spät kommen…«
Er vollendete den Satz nicht.
Irgendwann stießen wir später an dem vereinbarten Ort mit den ausgeschickten G-men zusammen. Mister High hatte sogar hundertzwanzig Mann Stadtpolizei locker gemacht. Sie waren zur Hälfte Detectives, der Rest waren Cops in ihren dunkelblauen Uniformen. Wir teilten sie rasch ein und setzten
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