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0222 - Schlucht der stummen Götter

0222 - Schlucht der stummen Götter

Titel: 0222 - Schlucht der stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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beugte mich zur Seite und legte es auf den Fußboden.
    In diesem Augenblick starb die Katze. Der Anblick schnitt auch mir ins Herz. Das Tier zuckte noch einmal mit den Pfoten, bäumte sich auf, als hätte es einen Stoß erhalten, danach streckte es die vier Pfosten von sich und blieb still liegen.
    »Ist sie jetzt tot?« flüsterte das Mädchen erstickt.
    »Ja, sie braucht nicht mehr zu leiden.«
    »Dabei war sie doch nicht krank.«
    »Manchmal kommt es eben ganz plötzlich.« Ich kniete noch immer und schaute die Kleine an, wobei ich mich wunderte, daß sich ihr Gesicht veränderte.
    »Was hast du denn?« fragte ich, als ich das Staunen nicht nur in ihren Augen sah.
    »Der Mann hinter dir. Was will er…?«
    Gefahr! Ich kreiselte herum, sah Suko als Schatten und seine Handkante.
    Wuchtig pfiff sie nach unten.
    Den Kopf hatte ich soeben noch einziehen können und dadurch die Trefferfläche am Hals reduziert. Trotzdem konnte ich dem Hieb nicht mehr ausweichen. Er traf mich mit der Wucht eines Vorschlaghammers und schickte mich augenblicklich ins Reich der Träume…
    ***
    Lange konnte ich nicht bewußtlos gewesen sein. Auf jeden Fall war das kleine Mädchen da, und ich spürte seine schmale Hand an meiner Wange.
    Blinzelnd öffnete ich die Augen.
    Eine dünne Stimme traf mein Ohr. »Mister, Mister, bitte, schlafen Sie nicht ein. Ich… ich bin doch so allein …«
    Verschwommen sah ich das Gesicht und darüber die schwarzen Haare der Kleinen. Wenn ich allein gewesen wäre, dann hätte ich geflucht, aber man soll Kindern ja nicht mit schlechtem Beispiel vorangehen, so schluckte ich also meinen Ärger.
    »Kannst du aufstehen?« fragte sie mich.
    »Ich will es versuchen.« Die Antwort war mehr ein Stöhnen. Am Bett fand ich Halt und stemmte mich auf die Knie. Danach mußte ich mich ausruhen, hob den Kopf und sah das Kind gebückt vor mir stehen. Zwischen uns lag noch die tote Katze.
    »Der Mann war böse, nicht?«
    »Ja, das war er«, quetschte ich mühsam hervor und streckte meinen schmerzenden Hals. »Hast du denn gesehen, wo er hingegangen ist?« wollte ich wissen.
    »Nach draußen.«
    »Mehr hast du nicht beobachtet?«
    »Nein, Mister, er war schnell weg.«
    »Schon gut, meine Kleine. Wie heißt du denn?«
    »Jennifer Moore. Aber meine Eltern sind nicht da.«
    »Und wo sind sie hingegangen?«
    »Ich weiß es nicht, Mister. Sie… sie sind plötzlich weggerannt, wie die anderen.«
    Ich streckte meinen Arm aus, stemmte mich auf dem Bettrand ab und kam so hoch. Auf der Kante blieb ich sitzen, schlug meine Hände vor das Gesicht, während mich Jennifer beobachtete.
    »Du kannst John zu mir sagen, Jennifer.«
    »Ja, danke.«
    »Kannst du mir denn erzählen, Jennifer, weshalb deine Eltern so plötzlich weggelaufen sind?«
    »Nein, aber sie wurden so komisch.«
    »Wie komisch.«
    »Im Gesicht. Plötzlich waren sie alle grün. Nicht nur meine Eltern, auch die anderen Leute. Sie liefen aus den Häusern, und ich konnte sie nicht mehr sehen.«
    »Aber du bist nicht grün geworden.«
    »Nein, ich nicht.«
    Ich schaute ihr in die Augen. »Und warum bist du nicht grün geworden, meine Kleine?«
    Sie verzog die Mundwinkel, als wollte sie wieder anfangen zu weinen. Ich ließ ihr Zeit mit der Antwort. »Vielleicht, weil ich vorher in der Kirche war«, sagte sie plötzlich und gab mir eine Erklärung, die durchaus richtig sein konnte. »Ich hatte am Morgen meine Mütze vergessen und lief wieder zurück. Da habe ich mich auch mit dem Wasser gesegnet. Als ich dann nach Hause kam, liefen alle weg. Nur die Katze war noch hier, aber jetzt ist sie tot.«
    »Und du kannst dir wirklich nicht vorstellen, wo deine Eltern hingelaufen sind?«
    »Nein, Mr. John, das kann ich nicht. Sie… sie können ja überall sein.«
    »Sicherlich. Doch es sind viele Menschen weggelaufen, und wir sehen sie nicht mehr. Die müssen sich doch versteckt haben, oder?«
    »Doch – schon.«
    »Wo kann man das denn?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Ich wollte die kleine Jennifer nicht noch mehr quälen und erhob mich von der Bettkante. Ein scharfes Ticken raste dicht hintereinander durch meinen Kopf, ich spürte wieder die Schmerzen, blieb stehen und holte erst einmal tief Luft.
    Was Jennifer mir gesagt hatte, klang nicht so schlecht. Das Weihwasser konnte sie tatsächlich geschützt haben, so wie ich mich durch mein Kreuz geschützt fühlte.
    Aber was war mit Suko?
    Er hatte mich niedergeschlagen, daran gab es für mich nicht den geringsten Zweifel. Nur – welches Motiv

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