0223 - In den Krallen der roten Vampire
wir in den Mercedes stiegen und abfuhren, da weinte sie. Die Frau hatte Angst. Eine sehr verständliche Reaktion. Auch uns war nicht wohl in unserer Haut…
***
Der Schrei verhallte allmählich.
Beate Eickburger hockte vor dem Einstieg wie festgefroren. Sie konnte noch immer nicht fassen, daß es ihr Mann gewesen war, der so geschrien hatte. Einer Täuschung war sie nicht unterlegen. Sie hatte den letzten Ruf deutlich genug identifizieren können.
Was tun?
Sie wußte es nicht. Sicherlich war Axel abgestürzt, lag jetzt irgendwo und wartete auf Hilfe. Aber die Hilfe war weit weg. Wenn sie losfuhr, um welche zu holen, konnte Axel sicherlich schon verblutet sein.
Es dauerte seine Zeit, bis Beate Eickburger wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Dann allerdings schnellte sie hoch, lief zum Wagen, öffnete die Beifahrertür und holte das Erste-Hilfe-Kissen hervor. Sie wollte es mitnehmen, wenn sie selbst in die Höhle kletterte, denn sie hatte sich entschlossen, ihren Mann nicht allein zu lassen. Wenn er tatsächlich Hilfe brauchte, dann würde sie sich ewig Vorwürfe machen, es nicht getan zu haben.
Deshalb überwand sie auch ihre Angst und stieg in die unheimliche, gefährliche Höhle.
Beate Eickburger war relativ klein. Ihre Füße fanden nicht sofort festen Grund. Zudem hatte sie sich das Erste-Hilfe-Kissen unter den linken Arm geklemmt und konnte sich nicht so bewegen, wie sie gern wollte.
Dann wagte sie es und ließ sich fallen.
Etwa eine Handbreit unter ihr befand sich der kleine Vorsprung.
Sie hatte schnell Kontakt, blieb stehen und mußte nachgreifen, sonst wäre ihr das Kissen aus dem Arm geglitten.
Unwillkürlich duckte sie sich, bevor sie ein paar zögernde Schritte vorging.
Auch sie nahm der unheimliche Reiz dieser Höhle gefangen. Sie fühlte sich in eine andere Welt versetzt und spürte, wie eine kalte, unsichtbare Hand den Rücken hinaufkroch. Beate hatte ihrem Mann manches Mal zur Seite gestanden, aber in so gefährliche Situationen war sie noch nie hineingeraten, auch nicht, wenn sie zusammen mit ihrem Gatten unterwegs war.
Vor ihr öffnete sich eine gewaltige unterirdische Halle, deren Ausmaße sie nicht einmal schätzen konnte. Von der Decke her sah sie heller schimmernde Stalaktiten nach unten »wachsen«.
Jeder Ruf in dieser Höhle wurde zum Echo, das merkte Beate, als sie den Namen ihres Mannes rief.
Er antwortete nicht.
Beates Herz schlug schneller. Axel mußte sie gehört haben. Wenn er keine Antwort gab, konnte das nur bedeuten, daß er nicht mehr in der Lage war, eine zu geben.
Sollte er etwa tot sein oder so schwer verletzt, daß…?
Ihre Gedankenkette brach, denn sie glaubte, vor sich einen großen Schatten gesehen zu haben, der allerdings sehr schnell wieder verschwand, so daß sie eine Täuschung annahm.
Schritt für Schritt tastete sie sich tiefer in die unheimliche Höhle hinein. Gehört hatte sie von diesen Höhlen, aber sie hätte nie gedacht, daß sie so große Ausmaße besitzen würden. Auch das Licht der Lampen vermittelte ihr keinerlei Beruhigung. Die Inseln der Dunkelheit zwischen ihnen waren zu groß.
Wenn sie ging, schleiften ihre Sohlen über den Boden. Manchmal knirschte es, wenn sie etwas zertreten hatte. Dann zuckte sie jedesmal zusammen.
Noch keine Spur von ihrem Mann.
Beate zitterte vor Angst. Es kostete sie eine große Überwindung weiterzugehen, denn da war nicht nur die unheimliche Atmosphäre, die sie störte, sondern auch ihre normale Kleidung. Sie trug nur das Kleid. Die offenen Schuhe hatten höhere Absätze, und mehr als einmal war sie schon zur Seite weggeknickt.
Die Höhle lebte!
Urplötzlich stellte Beate dies fest, als sie unter der Decke einen gewaltigen Schatten sah, der sich bewegte. Auch glaubte sie, das Rauschen von Flügeln zu vernehmen, und als der Schatten größer wurde, da zog sie unwillkürlich den Kopf ein.
Wer mochte ihr Entsetzen beschreiben, als sie das helle Kreischen vernahm, das ihr entgegenschallte und ihr vorkam wie das Hohngelächter des Teufels?
Sie blieb stehen und preßte sich voller Angst eng gegen die Felswand an der linken Seite. Weit waren ihre Augen aufgerissen. Sie merkte nicht einmal, daß sie das dunkle Kissen verlor. Ihre starren Blicke richteten sich allein auf die Schatten, die sie umflogen.
Das waren Tiere. Riesige Flugtiere, und plötzlich hatte sie auch die Verbindung. Sie dachte an den Besuch bei Professor Bouillon und daran, weshalb sie mit ihrem Mann dorthingefahren war. Wegen der
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