0224 - Satan mit vier Armen
dann hätte ich gelogen. Ja, ich dachte oft an sie, denn der anderen Seite war es gelungen, sie mir wegzunehmen. In sie war der Geist des unheilvollen Rippers gefahren, und Wikka, die Oberhexe, hatte die Chance sofort erkannt. Es war ihr tatsächlich gelungen, die Detektivin Jane Collins auf ihre Seite zu ziehen. [1]
Wir hatten uns schon gegenübergestanden. Allerdings als Feinde. Und ich werde nie den haßerfüllten Ausdruck ihrer Augen vergessen, mit dem sie mich angeschaut hatte.
»Lassen wir das Thema!« flüsterte Glenda. »Und entschuldige bitte.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, erwiderte ich mit leiser Stimme. »Natürlich denke ich an sie, und vor allen Dingen an ihr Schicksal.«
»Wird Wikka sie jemals wieder freigeben, oder kannst du sie von dem Bann erlösen?«
Ich hob die Schultern. »Das ist die Frage. Meiner Ansicht nach stehen die Chancen schlecht.«
»Aber du gibst nicht auf!«
»Natürlich nicht.«
Glenda blieb stehen, so daß ich zwangsläufig auch nicht weiterging. »Und was ist mit Nadine Berger?« fragte sie.
Da hatte sie ebenfalls ein heißes Eisen angeschnitten. Nadine, die Filmschauspielerin, war in den tödlichen Kreislauf hineingeraten. Der Angriff eines gewaltigen Monstrums hatte ihrem Leben ein Ende bereitet, doch ihre Seele war in den Körper eines Wolfs übergegangen und existierte dort weiter.
Nadine war eine Wölfin. Sie lebte bei den Conollys und hielt ein waches Auge auf den kleinen Johnny.
»Ich weiß nicht, ob ich sie noch einmal befreien kann«, sagte ich leise. »Aber die Hoffnung habe ich trotzdem nicht aufgegeben.«
Bill stieß mich an. »He, John, du machst ein Gesicht, als müßtest du gleich wieder ins Büro. Komm mit, ich werde dich mit einigen Clubfreunden bekannt machen!«
Wir gingen zur Bar. Ältere Frauen warfen Glenda schiefe Blicke zu. Was meine Sekretärin hatte, versuchten sie, durch Schminke und andere kosmetische Zugaben zu erreichen.
Ich erfuhr einige Namen, sah Männer, die ich auch von Zeitungsfotos kannte, und entdeckte Größen aus der Stadtpolitik und der Wirtschaft. Adelige waren kaum vertreten, die hatten andere Clubs, denn sie gehörten wieder einer anderen Schicht an.
Dann kam Stan Willard, dem wir den Trubel verdanken konnten. Einen hellblauen Smoking trug er, hatte das blonde Haar gefönt und besaß genau die richtige Urlaubsbräune. Sein Lächeln zeigte das Strahlen des geborenen Siegers. Er war breitschultrig, hatte schmale Hüften, und man konnte ihn als Bild von Mann bezeichnen. Allerdings befand er sich nicht in weiblicher Begleitung.
Wir standen mit den Conollys an der Bar. Die Frauen schlürften Champagner. Bill und ich nippten an unseren Whiskys.
Ich stieß Glenda an, und sie hob den Blick. »Wie gefällt er dir so als Mann?«
Glenda schaute für einen Moment rüber. Gleichzeitig guckte auch Stan Willard, und in seinen Augen blitzte plötzlich Interesse auf. Er drehte sich ein wenig, schaute sofort wieder weg, lenkte allerdings seine Schritte auf die Bar zu.
Glenda hob die Schultern. »Ich weiß nicht so recht«, sagte sie.
»Wieso?«
»Rein äußerlich ist er der Typ, bei dem Frauen zittrige Knie kriegen, aber davon soll man sich nicht täuschen lassen. Sein Lächeln ist eine Maske, denn die Augen reden eine völlig andere Sprache.«
Das hatte sie gut gesagt. Ich dachte ähnlich, hatte Glenda allerdings in ihrem Urteil nicht beeinflussen wollen. Natürlich wurde Willard begrüßt. Ich sah auch einige Frauen, die ihn verstohlen anhimmelten.
Sheila dagegen blieb ziemlich gelassen und schaute ziemlich skeptisch. Ich tippte ihr auf die Schulter, und sie drehte sich um.
»Kennst du ihn näher, Sheila?«
Sie schüttelte den Kopf. »Dreimal habe ich ihn höchstens gesehen. Ein arroganter, widerlicher Bursche. Du wirst es sicherlich noch merken, John.«
»Bin gespannt.«
Willard hatte uns fast erreicht. Sein Strahlemann-Lächeln vertiefte sich noch mehr, als er Sheila begrüßte und mit seinen Augen auf Glenda Perkins schielte. Dann tat er so, als würde er sie erst jetzt entdecken. Fast enthusiastisch rief er: »Ein neues Gesicht auf meinem kleinen Fest. Nein, das freut mich.«
»Och, das Gesicht habe ich schön über 20 Jahre«, konterte meine Sekretärin, und ich hätte vor Lachen fast den guten Whisky ausgespien.
Für den Bruchteil einer Sekunde verzerrten sich seine beiden Mundwinkel, dann hatte er sich entschlossen, die Antwort als einen Scherz aufzufassen, und erwiderte: »Klug, schön und
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