0224 - Satan mit vier Armen
was in der Hinterhand zu haben, und als er den Kopf nach rechts drehte, da wußte Willard Bescheid.
Das Fenster!
Diese Hundesöhne wollten ihn reinlegen, aber da hatten sie sich getäuscht. Willard bewahrte die Nerven. Erst als sich der Mund des Medizinmannes öffnete, drehte er sich auf seinem Stuhl nach rechts, sah das bemalte Gesicht am Fenster und auch das schmale Blasrohr, dessen Öffnung in den Raum hineinwies.
Willard wußte, daß die Eingeborenen wahre Meister im Umgang mit dem Blasrohr und den giftigen Pfeilen waren. Die schossen einer Schmeißfliege das Auge aus, deshalb mußte er schneller sein. Stan Willard schoß zweimal.
Die Schüsse krachten in dem engen Zimmer überlaut. Er hatte sehr gut gezielt. Nicht ein Schrei war zu vernehmen, als die Kugeln ins Ziel trafen. Plötzlich war das Gesicht am Fenster verschwunden, nur ein paar Blutspritzer klebten dort als ein schauriges Andenken.
Sofort nach den Schüssen schwang Willard seinen Arm wieder herum und richtete die Waffenmündung auf die drei vor der Tür stehenden Männer.
Die konnten es kaum fassen, daß Willard so schnell gewesen war. Sie standen da wie festgeleimt.
Der Engländer lachte kalt. »Ihr habt mich reinlegen wollen, ihr dummen Kanaken.« Er nannte in seiner widerlichen Überheblichkeit alle Eingeborenen so. »Aber das ist euch nicht gelungen, da müßt ihr früher aufstehen, ihr Reisfresser. Los, haut ab!«
Die Sätze waren scharf hervorgestoßen worden und verfehlten ihre Wirkung nicht. Die Männer drehten sich um, doch alle wollte Willard nicht entkommen lassen.
»Du, Medizinmann, bleibst bei mir. Als Beschützer oder Geisel, mein Freund!«
Der Medizinmann hörte die Worte wohl, doch ihm fehlte der Glaube. Er wollte es einfach nicht wahrhaben. Erst als Willard eine Kugel dicht neben seinem Kopf in die Wand jagte, da begriff er, daß es dem Weißen Ernst war.
Mit zitternden Beinen kam er zurück, während seine beiden Begleiter flohen und er selbst fast die Petroleumlampe umgestoßen hätte, die auf einem kleinen, kniehohen Tisch stand.
»Setz dich auf den Boden!« verlangte Willard.
Der Eingeborene gehorchte, und der Engländer entspannte sich ein wenig. Das war soeben noch einmal gutgegangen. Er hatte es sich schlimmer vorgestellt. Allerdings fragte er sich, ob das wirklich schon alles gewesen war und die Nacht nicht noch mehr Überraschungen für ihn parat hielt.
Stan Willard stand auf. Das Gewehr nahm er mit, als er zum Bett ging und sich auf der Kante niederließ. Er wußte zwar jetzt das Fenster schräg in seinem Rücken, aber er saß auch so ziemlich im toten Winkel, so daß sich ein Schütze schon verrenken mußte, um ihm das Lebenslicht auszublasen.
Von draußen vernahm er den Lärm. Zahlreiche Stimmen schnatterten durcheinander. Wahrscheinlich trugen sie jetzt den Toten weg.
Zitternd stand der Medizinmann im Raum. Willard mußte grinsen, denn ihm fiel auf, daß der Kerl einen viel zu dicken Bauch hatte. Er wußte auch, daß der Mann heimlich billigen Brandy und Whisky soff und so manche Nacht volltrunken in seiner Hütte lag.
»Zigarette?« fragte er.
Der Medizinmann schaute mißtrauisch auf die Hand, die sich ihm da entgegenstreckte und aus der die Schachtel ragte. Er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte.
Willard grinste, zündete zwei Stäbchen an und warf eines dem Medizinmann zu. Der ließ es zu Boden fallen, hob es dann auf und paffte gierig.
Der Engländer ließ ihn drei Züge machen, dann fragte er mit bedauernd klingender Stimme: »Warum habt ihr euch nur so dumm benommen, ihr Idioten?«
»Sogg-Ra.«
Willard winkte ab. »Ich weiß ja, daß ihr ihn haben wollt. Dann hättet ihr ihn mir erst nicht zu verkaufen brauchen.«
»Wir müssen ihn töten.«
Stan grinste schief. »Wirklich? Das finde ich aber gar nicht gut, mein Dickerchen. Weshalb so plötzlich?«
»Er muß in den Sumpf.«
»Und wieso?«
»Die Zeit des Affen ist da. Du hättest nicht warten sollen, jetzt ist es zu spät.«
»Werde mal deutlicher!« verlangte der Engländer Und nahm einen Zug aus seiner Zigarette.
»Die Jahre sind um. Er wird sich Opfer holen. Menschenopfer. Wir wissen das.«
Willard knetete seine Nase und schaute auf den seltsamen Dämon mit dem großen Maul. »An dir wird er sich wohl den Magen verderben, Dickerchen.«
»Er ist gefährlich!« wisperte der Medizinmann. »Wir wissen es. Bring ihn weg, schnell…«
»Nein, ich will meine Wette gewinnen. Ich schaffe ihn nach England.«
»Dann werden alle sterben!
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