0226 - Jagd auf Staatsfeind Nr. 1
im Flur auf und ab. Nach einer Weile klappte sie ihre Handtasche auf und holte ein goldenes Zigarettenetui heraus und ein goldenes Feuerzeug. Sie steckte sich eine Zigarette an, klappte ihre Handtasche wieder zu und rauchte in langsamen, genießerischen Zügen.
Phil kam mit sechs Kollegen wieder.
»Na«, sagte Isabell Clifford und streifte die Männer mit einem interessierten Blick, »jetzt gebe ich keinen Nickel mehr für den Burschen.«
Sie ließ ihre Zigarette in einen Aschenbecher an der Wand fallen und betrat vor Phil und den anderen den Lift. Während sie hinabfuhren, fragte Phil: »Wie sind Sie ihm auf die Spur gekommen?«
Sie zuckte vielsagend die Schultern.
»Man hat so seine Beziehungen«, sagte sie vage. »Außerdem glaube ich, dass eine Frau viel mehr Möglichkeiten hat als ein Mann - in unserem Beruf. Meistens hat an es da doch mit Männern zu tun. Die versteht eine Frau besser zu nehmen.«
Jedenfalls eine Frau wie sie, dachte Phil. An irgendeiner Stelle ist es ein bisschen ungerecht, dass sie mit einer guten Figur und einem charmanten Lächeln mehr und schneller erreicht als wir mit pausenloser, angestrengter Arbeit.
»Wollen Sie mitfahren?«, fragte er, als sie die Halle durchquerten und zum Hofausgang gingen.
»Natürlich«, sagte sie. »Ich überzeuge mich immer davon, ob meine Tipps richtig sind.«
»Was ist das für ein Nachtklub?«
»Überhaupt keiner. Der Name ist nichts als Prahlerei. Eine Kneipe mit Schankkonzession bis in die frühen Morgenstunden. Das ist alles.«
»Wer ist der Besitzer oder der Geschäftsführer?«
Isabell Clifford winkte ab.
»Uninteressante Leute«, erwiderte sie. »Ich habe ihnen schon auf den Zahn fühlen lassen. Mit den beiden Kindesentführungen haben sie bestimmt nichts zu tun. Sie vermieten ein paar Zimmer, und eins davon hat der Bursche ohne Kinn gemietet. Seit vier oder fünf Tagen.«
»Woher wissen Sie, dass beide Entführungen Zusammenhängen? Kann man das mit Sicherheit behaupten?«
Die Frau zuckte mit den Schultern.
»Sicherheit!«, sagte sie. »Meine Güte, jedes zweite Wort von Ihnen ist ›Sicherheit‹ ›Bestimmtheit‹ oder so etwas. Es gibt überhaupt nichts, was man mit ›Sicherheit‹ behaupten kann. Ich verlasse mich da mehr auf mein Gefühl. Und das sagt mir, dass beide Entführungen zu Lasten ein und derselben Gang gehen. Außerdem hätten sich die Entführer im ersten Fall längst gemeldet, wenn sie mit dem zweiten nichts zu tun hätten. Sie warteten aber, bis die zweite Entführung geklappt hat. Das verleiht ihren Forderungen mehr Gewicht.«
Sie hat recht, dachte Phil. Diese Frau hat überhaupt meistens recht. Die erste Frau, die bei so einem Aussehen auch noch ausgesprochen klug ist. Manchmal ist sie mir zu klug. Wenn das so weitergeht, werde ich in ihrer Gegenwart noch Minderwertigkeitskomplexe kriegen.
***
Sie fuhren mit zwei großen Limousinen. Phil stoppte den Wagen einen Block vorher, nachdem er sich von Isabell Clifford die Lage der Kneipe hatte beschreiben lassen. In einer Toreinfahrt besprach sich Phil mit einem Kollegen.
»Ich gehe zuerst rein. In der Kneipe erwartet mich Wocqster, ein Lieutenant von der Mordkommission der Stadtpolizei«, erklärte er. »Er hat denselben Tipp auf Lager wie Miss Clifford. Ich werde ihn kurz instruieren. Ihr könnt euch inzwischen das Haus ansehen. Vor allem geht es darum, dass wir ihm keine Fluchtmöglichkeit lassen. Das ist das Entscheidende. Und denkt daran, dass wir ihn lebend brauchen. Tot nutzt er uns nichts. Wir wollen wissen, wo die Kinder stecken. Also haltet euch zurück mit dem Schießeisen. Was nicht bedeutet, dass ich euch umbringen lassen sollte.«
Er blickte auf seine Uhr.
»Ich habe jetzt vier Minuten vor elf. Vergleicht bitte. Drei Minuten nach elf kommen Stein und Hank mir nach, die anderen verteilen sich draußen. Reads, du organisierst das. Einverstanden?«
»Natürlich Phil. Wenn ich längere Zeit brauche, sagen dir Stein und Hank Bescheid, sobald sie reinkommen.«
»In Ordnung. Vermeidet jedes Aufsehen. Am liebsten wäre es mir, wenn sich das Ganze ab wickeln ließe, ohne dass jemand etwas davon merkt.«
Ohne dass es eine halbe Stunde später die anderen Kidnapper wissen, dachte Jimmy Reads. Das könnte der Tod der Kinder bedeuten. Vielleicht sollte man überhaupt nicht… er wandte sich rasch an Phil.
»Bist du sicher, dass wir überhaupt zugreifen sollten?«, fragte er leise.
Phil zuckte die Schultern, nahm sich den Hut ab und wischte sich den Schweiß
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