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0227 - Vier Killer kennen keine Gnade

0227 - Vier Killer kennen keine Gnade

Titel: 0227 - Vier Killer kennen keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vier Killer kennen keine Gnade
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appellieren. Der Bursche war in sechsunddreißig Stunden um seine Vernunft gekommen. So sprach einer, der sich nicht mehr in der Kontrolle hat, dem jede Reaktion zugetraut werden musste. Mit Vernunft und gütlichem Zureden war nichts zu machen.
    »Was ist los?«, fragte Phil leise.
    Im Flur wimmelte es jetzt von Polizisten und Detectives. Aber alle gaben sich die größte Mühe, kein Geräusch zu verursachen und sich nicht im Türausschnitt sehen zu lassen.
    »Er sitzt immer noch am Schreibtisch«, sagte ich leise. »Mit dem linken Arm hält er das Kind fest an sich gepresst, wobei er die linke Hand auf den Mund des Jungen drückt. In der rechten Hand hält er die Pistole.«
    »Aber er kann doch nicht bis in alle Ewigkeit so sitzen bleiben?«, murmelte Phil ratlos.
    Ich zuckte die Achseln.
    »Das ist ein Fall für einen Psychiater«, erwiderte ich. »Und selbst der würde vermutlich nicht voraussehen können, was Cuffersonich tun wird. Ihn hat schon die Panik gepackt. Dass er ruhig am Schreibtisch Sitzt, widerspricht ganz und gar dem Zustand, in dem sich sein Inneres befindet.«
    »Vielleicht sitzt er nur, weil eben sein Körper zu müde ist«, murmelte Phil.
    »Ja, vielleicht«, gab ich zu.
    Captain Madison schob sich von hinten her leise durch die Reihen, bis er bei uns angekommen war. Mit ein paar knappen Worten schilderte ich ihm die Situation. Er hörte mit zusammengepressten Lippen zu. Seine Mütze hielt er in der Hand. In völlig sinnloser Gebärde glitt sein rechter Zeigefinger immer wieder über den glänzenden Mützenschirm.
    »Wenn man jetzt wüsste, worauf man sich einrichten soll«, murmelte er, als ich meinen Bericht beendet hatte.
    »Tja«, gab ich mit einem Achselzucken zu. »Wenn man das wüsste. Alles hängt jetzt davon ab dass wir die richtigen Maßnahmen ergreifen. Dass wir richtig voraussehen, was er tun wird. Aber wer kann das? Wer kann ahnen, was sich in diesem Gehirn jetzt und in den nächsten Minuten, vielleicht Stunden, abspielen wird? Panik, Angst, Müdigkeit, Überanstrengung, Verzweiflung, Hoffnung, welche dieser Stimmungen wird sein Handeln im entscheidenden Augenblick bestimmen? Die Panik? Dann wird er den Jungen urplötzlich erschießen, selbst wenn in diesem Augenblick für uns gar kein erkennbarer Grund dazu vorliegt. Die Hoffnung? Dann ergibt er sich vielleicht. Die Müdigkeit? Die Verzweiflung? Wer kann das wissen. Eine Weile schwiegen wir nachdenklich. Die ganze Situation hatte etwas Unheimliches. Da standen an die vierzig Polizisten und Detectives, fast jeder einzelne mit einer entsicherten Schusswaffe in der Hand. Da war die offene Tür. Dahinter, außerhalb unseres Blickfeldes, saß der gesuchte Kindesmörder und hielt eine Pistole in der Hand, einen sechsjährigen Jungen im Arm. Aber, trotz dieser Menschenansammlung herrschte eine Grabesstille. Vielleicht«, brummte Madison nach einer Weile, »vielleicht sollten wir uns den besten Schützen kommen lassen, der im Umkreis von zehn Meilen schnell aufzutreiben ist…«
    »Wofür?«, fragte Phil.
    »Vielleicht kann man ihm mit einer gut gezielten Kugel die Pistole aus der Hand schießen«, sagte Madison. »Ich weiß, das hört sich verrückt an, aber wir müssen doch irgendwas tun, damit das Kind…«
    Er brach hilflos ab.
    »Können Sie garantieren, dass er, ehe er getroffen hat, nicht den Finger noch in einer Reflexbewegung, die er vielleicht gar nicht gewollt hat, um den Abzug krümmt? No, Madison, das ist keine Lösung. Wenn er ein Messer in der Hand hätte statt einer Schusswaffe, dann würde ich es vielleicht riskieren. Aber bei der Pistole braucht der am Abzug liegende Finger nur ein wenig zu zucken. Wenn man wenigstens wüsste, ob seine Waffe einen starken Druckpunkt hat. Aber vielleicht hat sie überhaupt keinen, und der Schuss geht los, wenn man nur ganz leise am Abzug rührt…«
    Wieder kehrte das bedrückende Schweigen ein, das in beinahe greifbarer Dichte über uns hing. Irgendwo in einem der benachbarten Zimmer fing eine Wanduhr an, in melodischen Glockentönen die Stunde zu schlagen. Beim ersten Ton fuhren wir alle zusammen, als ob uns ein Schlag getroffen hätte.
    »Donnerwetter, warum hat sich denn noch niemand darum gekümmert?«, fauchte Madison einen Lieutenant an, der hinter ihm stand.
    Ich wusste sofort, was er meinte. Alle Geräuschquellen in den benachbarten Zimmern mussten beseitigt werden. Cuffersonich brauchte in seiner Panikstimmung nur einmal zu heftig zu erschrecken beim jähen Ertönen eines

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