0229a - Der Teufel kam nach Texas
betraten.
»In einer halben Stunde geht es los«, sagte Devonshire mit klarer Stimme. »Keiner verlässt die Bude. Das Geld könnt ihr unterwegs eintauschen. Außerdem sind um diese Zeit sowieso alle Banken geschlossen.«
Akers und Devonshire verließen den Lagerschuppen. In der Tür standen zwei Matrosen. Sie hielten die Hände in den Taschen. Deutlich zeichneten sich die Mündungen der Pistolen ab. Auf dem Tisch stand eine ausgediente Schiffslaterne.
Die Menschen hockten auf den Bänken und legten ihre Hände auf den blank gescheuerten Tisch. Es waren Puertoricaner, die sich illegal in die USA einschleusen lassen wollten. Sie wollten bei uns arbeiten und leben, weil große Armut in ihrer Heimat herrschte.
Es gab Berge von Akten beim FBI in Washington, die sich mit dem Problem des Menschenschmuggels in die USA beschäftigten. Selten kam man den Organisationen auf die Schliche. Sie schleusten die Puertoricaner in Gruppen von zehn bis zwölf Personen ins Land. Die Leute wurden an Fabriken vermietet, bis sie die Kosten der Einreise und Überfahrt abgearbeitet hatten: Dann ließ man sie frei.
Ich befand mich also mitten in einem solchen Verteilerring, der Menschen anlockte, an Fabriken vermietete, dafür Dollars kassierte und dann die Unerfahrenen ihrem Schicksal überließ.
Menschenschmuggel ist ein Kapitalverbrechen. Durfte ich noch länger schweigen? Aber was erreichte ich, wenn ich in diesem Augenblick losschlug? Die Kidnapper und die wahren Mörder von LeClerc wären gewarnt. Das Leben des kleinen Dave schwebte in Gefahr.
In achtundvierzig Stunden musste ich die Gangster fassen, sonst bestand keine Hoffnung mehr. Von den achtundvierzig Stunden waren schon sechsunddreißig verstrichen. Morgen früh lief die Frist ab. Ich beschloss zu warten und mich nach den Angaben von Devonshire zu richten.
Ehe ich zuschlug, musste ich wissen, wer der Boss der Organisation war.
***
Eine halbe Stunde später flog die Tür auf. Eine kühle Meeresbrise wehte herein. Die sieben Männer und fünf Frauen erhoben sich. Devonshire und Akers kamen herein.
»Die Frauen fahren mit dem ersten Lastwagen«, entschied Devonshire, »sie 34 nehmen das Gepäck mit. Die Männer steigen auf den zweiten. Es wird nonstop gefahren. Fällt der erste oder der zweite Wagen aus, so muss der Fahrer sich selbst darum kümmern. Wir dürfen keine Minute länger warten, wenn wir noch in der Nacht das Ziel erreichen wollen.«
Die Frauen griffen nach ihrem Bündel und warfen es über ihre Schulter. Akers ging voran. Devonshire sah ihm nach. Die Männer trotteten hinaus. Sie trugen prallgefüllte Pappkoffer und Taschen. Es waren kräftige Männer zwischen zwanzig und dreißig Jahren.
In der Nähe des ersten Lastwagens lungerte der Mischling, der Kapitän des Steamers, herum. Akers ging an ihm vorbei, ohne ihm einen Blick zuzuwerfen und stieg in seinen Truck. Die Frauen kletterten auf die Ladefläche. Zwei Minuten später tuckerte der erste Lastwagen los.
Ich kletterte in das Fahrerhaus unseres alten Trucks und ließ den Motor an. Die Männer lärmten hinter mir auf der Ladefläche.
Devonshire schloss das Tor des Lagerschuppens ab. Mit drei Sprüngen überquerte er den Platz und riss die Beifahrertür auf. Er sprang ins Fahrerhaus und ließ sich auf den Sitz fallen.
»Alles okay, Jerry?«, grinste der Mann im weißen Anzug.
»Ja, alles okay, Phil. Du hättest vorhin keine zehn Sekunden später kommen dürfen.«
Der Mann im weißen Anzug war Phil Decker, mein Freund und New Yorker FBI-Kollege.
***
Der Mischling sah dem Truck nach. Er fluchte leise vor sich hin, drehte sich um und ging langsam auf sein Schiff zu.
In diesem Augenblick durchschnitt eine Trillerpfeife die Stille der Nacht. Zehn Cops lösten sich aus dem Schatten des Lagerschuppens und stürzten hinter dem Mischling her.
Der Kapitän schnellte herum. In seiner Faust blitzte eine 38 er Smith and Wesson auf. Der Mischling schoss auf den ersten anstürmenden Cop. Die Kugel zischte am Ohr eines Corporals vorbei. Der Cop schoss zurück.
Der Mischling fiel zur Seite. Die 38er klirrte aufs Pflaster. Der Corporal bückte sich und drehte den Kapitän auf den Rücken. Er war tot. Die Cops nahmen die Schiffsbesatzung fest und stellten die Ladung sicher. Kisten mit Textilien. Und Kisten mit Waffen.
***
»Hast du die Haftbefehle?«, fragte ich Phil.
»Okay. In Washington ausgestellt. Bei dem Kidnapper scheint es sich um John Reeder zu handeln. Die Beschreibung passt haargenau auf ihn. Er hat
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