0230 - Dr. Tods Rache
hat?«
»Weiß ich nicht.«
»Wir könnten ihn ins Labor schaffen, wie überhaupt dieses ganze Monster.«
Die Idee war gut. Ich stimmte sofort zu. Allerdings brauchten wir jemanden, der den Sarg abholte.
»Ich rede mal mit Sir James und rufe auch unsere Spezialisten an«, sagte ich und ging in den Wohnraum. Auf halber Strecke hörte ich bereits das Klingeln des Telefons. Ich runzelte die Stirn.
Wer konnte jetzt noch etwas von mir wollen? Oder hatte es sich bereits herumgesprochen, daß bei mir in der Wohnung etwas passiert war?
»Soll ich abheben?« fragte mein Freund Suko, der mein Zögern bemerkte.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nein, ich erledige das schon.«
Nach dem vierten Läuten hielt ich den Hörer endlich in der Hand.
Mit einem knappen »Ja« meldete ich mich. Zuerst hörte ich nichts. Ich dachte schon daran, daß sich jemand beim Wählen vertippt hatte, als ich das hämische Lachen hörte. Es war nur leise zu vernehmen. Trotzdem klang der widerliche Spott durch, mit dem mich die Person überschüttete.
Es war eine Frau!
Eine Ahnung stieg in mir hoch, die sehr schnell zur Gewißheit wurde, als die Frau die ersten Sätze sprach. »Na, Sinclair? Hast du das kleine Geschenk von mir erhalten?«
Ich atmete vor der Antwort tief durch. »Das habe ich, Lady X!«
»Das freut mich wirklich, Geisterjäger. Schon immer wollte ich dir etwas schenken, aber ich habe nie das Richtige gefunden. Bis heute, da wußte ich es.«
In meiner Kehle wurde es trocken. Suko kam herbei und blickte mich fragend an.
Ich malte ein L und ein X in die Luft. Da wußte der Chinese genau Bescheid.
»Du sagst ja nichts, Sinclair? Hat es dir etwa die Sprache verschlagen?«
»Das nicht.«
»Aber?«
»Ich frage mich nur, was das alles soll. Aus welch einem Grund hast du mir den Sarg mit der Leiche Solo Morassos geschickt?«
»Damit du dich noch einmal von deinem grandiosen Erfolg überzeugen kannst, Geisterjäger. Das allein ist der Grund. Es hat doch lange gedauert, bis du Dr. Tod vernichtet hast. Deshalb sollst du dich in deinem Triumph sonnen können.«
»Ich bin nicht rachsüchtig.«
Ihr Lachen klang schrill. »Nicht rachsüchtig!« wiederholte sie. »Meine Güte, Sinclair, du bist sehr edelmütig.«
»Das hat damit nichts zu tun«, konterte ich. »Nur habe ich die Last mit der Leiche.«
Da lachte sie wieder. Und diesmal hörte es sich so an, als empfände sie eine diebische Freude. »Die Last mit der Leiche«, wiederholte sie. »Toll, wie du das sagst. Ja, aber diese Last habe ich dir gern hingeschafft.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Behalte ihn als Andenken.«
Ich hatte Angst, daß sie auflegen würde, deshalb fragte ich sehr schnell weiter. »Solo Morasso gibt es also nicht mehr. Wie geht es mit der Mordliga weiter? Hat sie sich ebenfalls aufgelöst?«
»Nein, das denke nur nicht. Die Mordliga fängt erst an. Denn nun habe ich deren Führung übernommen.« Ihre Stimme klang plötzlich kalt und irgendwie aggressiv. Ich konnte sie mir wirklich gut als Leiterin der Mordliga vorstellen. Vielleicht würde sogar Xorron vor ihr kuschen. Das konnte man alles nicht so recht sagen. Zudem träumte sie von einer Allianz der Vampire. Lupina hatte es damals nicht geschafft, die Werwölfe zu vereinen. Lady X traute ich das mit ihren Vampiren zu. »Ich habe gespürt, was Macht bedeutet«, unterbrach ihre zischende Stimme meine Gedanken.
»Verdammt, Sinclair, ich habe es gespürt. Und ich denke nicht mehr daran, diese Macht aus den Händen zu geben. Darauf kannst du dich verlassen.« Nach diesen Worten legte sie auf. Das paßte mir gar nicht. Ich hielt den Hörer so hart fest, als wollte ich den Griff zerdrücken. Dann wandte ich mich langsam meinem Freund Suko zu.
»Jetzt haben wir sie im Nacken«, meinte er. Der Chinese hatte aus den Gesprächsfetzen entnehmen können, wie der Dialog verlaufen war.
»Stimmt genau. Und sie hat auch die Führung an sich gerissen. Lady X leitet die Mordliga.«
»Besser oder schlechter für uns?«
Ich hob die Schultern. »Wahrscheinlich bleibt sich das im Endeffekt gleich.«
»Und was machen wir jetzt mit ihm?« Suko warf einen Blick auf die im Sarg liegenden Überreste des Solo Morasso. Auch ich schaute hin. Halb Mensch — halb Skelett. Ein widerlicher Anblick.
Und eingebettet lag dieses Monster in dem widerlichen grünen Schleim, der mich an eine Mischung aus Gelee und Sirup erinnerte und mir irgendwie aufgequollen zu sein schien.
»Wir lassen die Leiche wie besprochen zum Yard
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