0230 - Heroin für Gangsterarme
Schlüssel aushändigte und mir den Weg zu unserem Bungalow beschrieb. Ich bedankte mich, stieg in den Jaguar und fuhr hin. Phil winselte wieder. Er winselte seit etwa sechs Stunden, jämmerlich, tierisch, kläglich.
Ich trug ihn hinein. Ich legte ihn aufs Bett.
»Gib mir’s doch…« stöhnte er.
Es kam mir vor, als ob er halbwegs bei Verstand sei. Ich beugte mich über ihn. Sein Gesicht War von roten Flecken übersät. Hektischer Fieberglanz stand in seinen Augen. Lauter winzige Schweißtropfen übersäten Gesicht und Hals.
»Alles, was du haben kannst«, sagte ich hart, »ist meine Faust.«
»Meinetwegen«, wimmerte er. »Schlagt mich! Tretet mich! Aber gebt mir’s… Gebt mir’s doch…!«
»Einen verdammten Dreck wird du kriegen«, sagte ich. Mehr zu mir selbst als zu ihm.
Und dann holte ich die Vorräte heran, die ich unterwegs gekauft hatte. Wenn wir sparsam damit umgingen, würden sie für etwa eine Woche reichen. Danach konnte ich den alten Mann bitten, uns neue Vorräte zu besorgen.
Nachdem ich alles in die Schränke der Kochnische geräumt hatte, braute ich mir einen starken Kaffee. Der Kampf konnte beginnen. Der unheimlichste Kampf, den ich je gekämpft hatte. Der Kampf gegen einen Gegner, den man nicht sehen konnte. Und doch mächtiger war als jeder andere.
Die ersten 24 Stunden waren schlimm. Viermal schleppte ich Phil ins Badezimmer und hielt ihn, während er sich übergeben mußte. Er konnte nicht einmal einen Löffel Fleischbrühe bei sich behalten. Danach war er so geschwächt, daß ich ihm die Fesseln abnahm.
In der Nacht stellte ich zwei Schüsseln rechts und links von dem Sessel, in dem ich saß. Ich nahm Eiswürfel in die Hand, um nicht einzuschlafen.
Am nächsten Vormittag überwältigte mich die Müdigkeit.
Am frühen Nachmittag erwachte ich. Ich wusch mich, aß eine Kleinigkeit und gab Phil ein paar Löffel Fleischbrühe.
Ich machte eine Runde um den Bungalow. Die benachbarten standen noch immer leer. Um so besser.
Die zweiten 24 Stunden brachen an. Sie waren ein wenig angenehmer als die ersten. Ich konnte ab und zu eine halbe Stunde schlafen.
Der dritte Tag war die Hölle. Phil schrie vier Stunden lang, bis er kaum noch krächzen konnte. Er zerfetzte mit dem rechten Arm eine angeblich unzerreißbare Schnur.
Ich kämpfte so lange mit ihm, bis er vor Erschöpfung nicht mehr konnte. Nachdem ich ihn wieder gefesselt hatte, warf er sich auf dem Bett hin und her. Sein Leib bäumte sich gelegentlich steil empor, als ob furchtbare Krämpfe ihn erschütterten. Mir zerschnitt es das Herz.
Dann kletterte das Fieber bei Phil so hoch, daß ich mich aufmachte, einen Arzt zu holen. Noch bevor ich die Tür erreicht hatte, war er plötzlich kreidebleich. Ich lief hin und legte ihm die Hand auf die Stirn. Sie fühlte sich kalt an. Eiskalt Ich fühlte seinen Puls. Ich massierte seine Herzgegend.
Er fing wieder an zu schreien. Er winselte um das verdammte Zeug. Er fluchte und bettelte in einem Atemzug. Er schrie und tobte, krächzte und flüsterte. Ich stopfte mir Verbandswatte in die Ohren.
Zwischen der vierten Nacht und dem fünften Tag, irgendwann im Morgengrauen, schlief ich in meinem Sessel ein.
Die folgenden beiden Tage waren unbeschreiblich. Kein Wort der Erde, in keiner Sprache der Welt, würde ausreichen, auch nur die Hälfte des Grauens anzudeuten. Ich war dicht vor dem Zusammenbruch. Jeder Atemzug Phils winselte, bettelte, klagte, rief, schrie und tobte um das eine, um Heroin.
***
»Ich habe noch Hunger«, sagte Phil matt.
Es war am 16. Tag.
»Du kannst noch eine Tasse Schildkrötensuppe, ein Stück Räucheraal und zwei Würstchen haben«, erwiderte ich. »Dann sind die Vorräte erschöpft, die uns der alte Alte vor einer Woche geholt hat.«
»Her mit dem Zeug!« erwiderte Phil. Er aß alles auf. Als wir fertig waren, krächzte er: »Von satt kann keine Rede sein. Warum können wir nicht irgendwo hinfahren und vernünftig essen?«
Ich überlegte einen Augenblick. Irgendwann mußte der Anfang gemacht werden. »Du hast recht«, nickte ich. »Warum fahren wir nicht irgendwohin und essen mal was Vernünftiges?«
Zwei Stunden später bummelten wir durch die nächste Stadt, auf der Suche nach einem guten Lokal. Wir kamen an einer Apotheke vorbei. Ich wollte weitergehen, aber Phil blieb vor dem Schaufenster stehen. Er zeigte mit dem Finger auf ein bekanntes Medikament.
»Da ist so was Ähnliches wie Heroin drin…«, sagte er.
Mein Augenbrauen zogen sich zusammen. »Na und?«
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