0230 - Heroin für Gangsterarme
es nicht ankommen lassen.
»Wo sind die Burschen geblieben, die dich bewacht haben?« erkundigte ich mich leise.
»Keine Ahnung«, meinte Phil. »Sie waren nur in den ersten Tagen da. Ich kann mich an alles nur sehr undeutlich erinnern, aber ich meine, die Burschen hätten Chicagoer Slang gesprochen.«
»Vielleicht hat er sie extra deswegen von Chic kommen lassen und sie wieder nach Hause geschickt, als er sah, daß er dich soweit hatte.«
»So wird es wohl gewesen sein«, murmelte Phil.
Schweigen kehrte ein. Lange Zeit sprach keiner von uns beiden ein Wort.
Dann, nach wer weiß wie langer Zeit, brummte Phil: »Du Jerry…«
»Ja?« fragte ich.
Es war so dunkel im Raum, daß wir uns gegenseitig nicht sehen konnten. Die Schwärze lag wie eine undurchdringliche Schicht von Watte rings um uns.
»Vielen Dank«, sagte Phil. »Das, was du für mich…«
Ich unterbrach ihn. »Halt den Mund, Alter! Es ist alles okay.«
Phil atmete tief. »Ja«, erwiderte er leise. »Jetzt ist alles wieder okay…«
Wir warteten. Träge tickte der Sekundenzeiger auf meiner Uhr seine Runde übers Zifferblatt. Er mußte sie noch sehr oft zurücklegen, bis es soweit war.
***
Als draußen der Automotor zu hören war, zeigte meine Uhr auf halb vier. Wir blieben in unseren Sesseln sitzen, aber wir lockerten beide die Revolver in den Schulterhalftern.
Wir hörten, wie der Wagen in die Garage gefahren wurde. Wir hörten das Schlagen der Garagentür und wenig später den Schlüssel im Schloß der Haustür. Das Licht im Flur flammte auf. Der Ausschnitt der Wohnzimmertür erhellte sich.
Ein helles Viereck von Licht fiel herein und auf den wertvollen Teppich.
Tshou La-min Teng stand auf der Türschwelle seines Wohnzimmers. Selbst seine asiatische Beherrschungskunst versagte für den Bruchteil einer Sekunde, als er uns sah. Aber gleich darauf hatte er sich wieder in der Gewalt.
»Das ist aber eine Überraschung«, sagte er und kam langsam näher. »Mr. Decker und Mr. Cotton! Ich habe Sie lange Zeit nicht gesehen!«
»Stimmt«, erwiderte Phil. »Die Sehnsucht war gegenseitig. Setzen Sie sich, Tshuo!«
Der Chinese ließ sich in einen Sessel fallen, der keine zwei Schritte von uns entfernt stand. Aus unbeweglichem Gesicht beobachtete er uns.
Wir sahen ihn schweigend an. Jetzt war nichts mehr von Unsicherheit an ihm. Gelassen erkundigte er sich. »Wie sind Sie hereingekommen?«
»Durch die Verandatür«, sagte Phil. »Ich nehme an, die Tür war abgeschlossen?«
»Ja«, nickte Phil. »Das war sie.«
»Sie haben sich also eines Hausfriedensbruches schuldig gemacht«, lächelte der Chinese dünn. »Das ist natürlich nur als Scherz gemeint. Für meine Stammkunden habe ich auch bei etwas ungewöhnlichen Späßen immer noch Verständnis.«
»Darin unterscheiden wir uns«, sagte Phil und stand auf. »Wir haben immer weniger Verständnis für einen Gangster, je mehr er sich bei uns zum Stammkunden entwickelt. Am allerwenigsten Verständnis haben wir für die Späße, die Sie mit meinen Freund und mir machen wollten und dann nur mit mir machen konnten, Tshuo.«
Der Chinese breitete die Arme aus. »Ich verstehe nicht, wovon Sie sprechen, Mr. Decker«, entgegnete er. »Würden Sie mich freundlicherweise aufklären? Ich habe das unbestimmte Gefühl, als ob hier irgendwo ein Irrtum vorliegen müßte.«
»Das glaube ich kaum«, erwiderte mein Freund. »Sie haben meinen Freund und mich durch gemietete Gangster überfallen lassen. Der Zweck des Unternehmens war, uns hierherzubringen und damit in ihre Gewalt.«
»Ich denke, Sie sind freiwillig gekommen?« fragte Tshuo in kaltblütig gespieltem Erstaunen.
»Diesmal ja«, nickte Phil. »Aber Sie wissen sehr genau, von welcher Nacht ich spreche. Gott sei Dank hatte wenigstens Jerry Glück und entkam Ihnen. Leider hatte er in der Finsternis zuwenig von diesem Haus gesehen, als daß er es am Tage hätte wiederfinden können.«
»Ach, Sie waren schon einmal hier?«
»Geben Sie das Theater auf!« sagte Phil schneidend. »Es hilft Ihnen nichts mehr. Tshuo. Sie wollten schneller reich werden, als man es mit der Arbeit in einem Restaurant schaffen kann. Also machten Sie mich auf brutale Weise rauschgiftsüchtig, bis ich ein willenloses Werkzeug in Ihrer Hand war. Sie sagten mir, wen ich ausräubern sollte, und jemand, der im Grunde nicht ich war, tat es.«
»Sie sind verrückt, Mr. Decker«, erwiderte der Chinese ungerührt.
»Geben Sie mir den Schlüssel zum Safe!« forderte Phil.
Tshuo zögerte ein
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