0231 - Meer der weißen Särge
kommen, und urplötzlich war auch dann der strahlende Tag da.
Der feine Sand schimmerte seltsam hell. Damit stach er von der grauen Wand ab, durch die urplötzlich die ersten Sonnenstrahlen fielen. Sie schienen Schneisen in die Mauer zu schneiden, und hoch oben glühten die Ränder schon in einem kräftigen Rot.
Der Sonnenaufgang war nicht mehr zu stoppen.
Den Anlegesteg für die Boote ließ der Mann hinter sich, überquerte die kleine Zufahrtsstraße und erreichte den feinen Sandstrand. Vor ihm lag jetzt das Meer.
Wenn er über die dünenden Wellen schaute, konnte er in der Ferne sehr schwach die Umrisse einer anderen Insel ausmachen. Dort standen zwei Hotels, allerdings nicht so vornehm und teuer wie das auf dieser Insel, die die größte in Küstennähe war und sogar einen Golf- sowie Tennisplatz besaß.
Man tat wirklich alles für die vornehmen Gäste.
Pablito liebte es, zu dieser Stunde am Strand zu bummeln. Da konnte er mit seinen Gedanken allein sein und sie schweifen lassen.
Er brauchte auf keine Gäste Rücksicht zu nehmen, denen man hier jeden Wunsch von den Augen ablas.
In der Küche wurde ebenfalls gearbeitet. Pablito konnte es riechen, denn der Duft von frisch hergestellten Croissants zog über den Strand, und dem Spanier lief das Wasser im Mund zusammen.
Bisher hatte er noch keinen Abfall entdeckt, der während der Nacht angeschwemmt war. Soweit Pablito erkennen konnte, war der Strand sauber, und da es immer heller wurde, bekam der Sand einen goldenen Schimmer.
Pablito schaute aufs Meer. Ruhig rollten die Wellen heran. Das Wasser war nicht mehr so klar wie vor Jahren noch, deshalb badeten auch die meisten Gäste nur im Pool des Hotels. Am Strand ließen sie sich bräunen.
Immer mehr verschwand vom Grau der Morgendämmerung. Gewaltige Farbkaskaden schienen am Himmel zu explodieren, Sie erzeugten ein buntes Spektrum, und auch die graue Fläche des Meers wurde langsam heller, so daß schon eine Trennung zwischen dem Wasser und dem Horizont zu erkennen war.
Pablito kniff die Augen zusammen. Er hatte eine Möwe beobachtet, und sein. Blick war auch auf die Wellen gefallen mit ihren manchmal weißen Kämmen.
Etwas Weißes hatte er auch entdeckt.
Das war jedoch keine Welle, sondern ein Gegenstand, der auf dem Wasser schwamm.
Treibgut?
Vielleicht – so recht wollte der Spanier daran nicht glauben, denn er sah nicht nur einen weißen Fleck, sondern mehrere. Sie tanzten auf den Wellen, wurden bewegt und im Laufe der Zeit immer weiter dem Strand entgegengeschoben.
Pablito war gespannt, um was es sich bei diesen Gegenständen handelte. Noch befanden sie sich zu weit entfernt. Ohne Glas war es für Pablito schwer, Genaues zu erkennen.
Aber Kisten waren es.
Sein Blick glitt wieder in die Höhe. Immer mehr Sonnenlicht drang durch die graue Wand, spaltete sie, riß sie auf und ließ die Konturen klarer und deutlicher hervortreten.
Auch die Umrisse der Vögel.
Plötzlich vergaß Pablito zu atmen. Er schüttelte den Kopf, faßte sich an die Stirn und hörte sein Herz dumpf unter der Brust schlagen. Das war doch unmöglich, solche Vögel konnte es nicht geben. Wenigstens nicht in dieser Gegend. Vielleicht im tiefsten Dschungel oder in einsamen Bergregionen, aber über dem Meer?
Obwohl sie weit entfernt waren, gelang es Pablito, ihre Größe einigermaßen zu schätzen. Seiner Ansicht nach waren es schon kleine Drachen, die da über den Himmel schwebten und aus der Sonne zu kommen schienen.
Ja, fast wie Drachen.
Zudem mit einer gewaltigen Flügelspannbreite. So breit, wie Pablito sie noch nie gesehen hatte.
Er versuchte die Vögel zu zählen, Wie viele waren es? Fünf, sechs, nein, noch mehr. Es stießen drei weitere aus dem Grau des Morgens hinzu, und der Spanier kam auf die Zahl zehn.
Mein Gott, zehn drachenähnliche Vögel. Und sie flogen, wenn ihn nicht alles täuschte, haargenau die Insel an.
Unwahrscheinlich…
Er hatte sich in den letzten Sekunden zu sehr mit dem Anblick dieser fliegenden Wesen beschäftigt, die seltsamen weißen Kisten hatte er dabei vergessen.
Als er den Blick wieder senkte, da stellte er fest, daß die ersten schon ziemlich nahe an den Strand herangetrieben worden waren.
Zwar immer noch einige hundert Meter entfernt, und es sah auch so aus, als würden sie von der Strömung vorbeigeschoben, aber er konnte sie jetzt identifizieren.
Pablito war ein gläubiger Mensch. Und wie viele Menschen fürchtete er sich vor bestimmten Dingen. Dazu zählten Tote, Friedhöfe,
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