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0232 - Die Melodie der Tommy-Gun

0232 - Die Melodie der Tommy-Gun

Titel: 0232 - Die Melodie der Tommy-Gun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Melodie der Tommy-Gun
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Polizei in eine Zelle gebracht, von einem Polizeiarzt untersucht und von einer älteren, resoluten Frau, die zur weiblichen Kriminalpolizei gehörte, mehr als gründlich durchsucht worden. Ein Röhrchen Tabletten, das sie in ihrer Handtasche bei sich geführt hatte, wurde weggenommen und dem Arzt geschickt, der die Echtheit der Tabletten bescheinigen musste, bevor sie sie zurückerhielt.
    Überall im Gang und in der Zelle, roch es muffig scharf nach Desinfektionsmitteln.
    In der Nacht hatte sie kein Auge zugemacht. Sie ekelte sich vor der Berührung mit den rauen Wolldecken, aber gegen Morgen deckte sie sich doch damit zu, weil es ihr zu kalt wurde. Ihre Bluse und der Rock waren zerknittert, als sie gegen 11 Uhr von zwei Kriminalbeamten abgeholt wurde. Hilda befand sich in einem Zustand dumpfer Benommenheit. Kaum konnte sie sich richtig an die Ereignisse des vergangenen Tages erinnern.
    In einem großen Büro wurde sie aufgefordert, Platz zu nehmen. Ein Mann in einem grauen Kittel trat an sie heran. Er war an die fünfzig Jahre alt, hager und von einer Sachlichkeit, die Hilda beinahe um den Verstand brachte. Niemand schien sie hier für ein menschliches Wesen mit Gefühlen, Stimmungen und Hoffnungen zu halten. Man ging mit ihr um wie mit einem sanftmütigen Tier, das von einem Stall in den anderen geführt wird.
    »Die rechte Hand«, sagte der Mann in dem grauen Kittel.
    Verständnislos hielt sie ihm ihre rechte Hand hin. Er packte sie fest, aber nicht hart, und befahl:
    »Finger spreizen!«
    Gehorsam tat sie es. Selbst als er ihr die Finger einzeln auf eine Art Stempelkissen drückte, verstand sie noch nicht, was er wollte. Erst als er eine große weiße Karte heranzog, die in mehrere Felder unterteilt war, begriff sie: Ihr wurden die Fingerabdrücke abgenommen.
    Eine Welle der Scham ebbte heiß durch ihren Körper. Fingerabdrücke! Als ob sie eine richtige Verbrecherin wäre! Mein Gott, womit hatte sie das verdient? Was hatte sie denn getan?
    Urplötzlich, ohne Ankündigung, brach ein Strom von Tränen aus ihren Augen. Der Mann in dem grauen Kittel stutzte, dann sagte er begütigend:
    »Na, na! Es tut doch nicht weh! Und die Färbe geht ganz leicht ab! Sie werdend gleich sehen!«
    Hilda schluchzte und wischte sich mit dem Handrücken der Linken die Tränen aus dem Gesicht. Ein leises Gefühl der Dankbarkeit gegenüber dem Mann in dem grauen Kittel quoll in ihr auf. Er war der erste Mensch, der ihr ein Zeichen von Teilnahme geschenkt hatte. Sein schüchterner Tröstungsversuch zeigte wenigstens, dass er sie nicht wie eine Nummer ansah, sondern wie einen Menschen.
    Als man mit dem Abnehmen der Fingerabdrücke fertig war und Hilda mit einer lila aussehenden Paste die Hände hatte reinigen können, meldeten sich diese beiden Kriminalbeamten zu Wort, die sie in dieses Büro geführt hatten. Der eine war mittelgroß, untersetzt und machte einen sehr gewichtigen Eindruck, der andere war schlank, noch verhältnismäßig jung und hatte ein kantiges, scharf gezeichnetes Gesicht. An seinen Schläfen glänzten trotz seiner Jugend bereits ein paar silbrig graue Fäden.
    »Ich bin Detective-Lieutenant Sam Page«, sagte der jüngere. »Das ist Detective-Sergeant Bill Morgan. Wir sind mit der Bearbeitung Ihres Falles betraut, Miss Duncan.«
    Hilda sah Page an. Mein Gott, dachte sie, und sie spürte, wie sie zitterte, mit der Bearbeitung Ihres Falles - aber was für ein Fall denn? Was hatte sie mit einem ›Fall‹ zu tun? Sie war von zwei Männern in diese Geschichte hineingezogen worden, ohne zu wissen, warum, wieso und wozu.
    Der Leutnant stand auf. Er ging ein paar Schritte in dem großen Büro auf und ab. Schließlich blieb er stehen, schob beide Hände in die Hosentaschen und fragte:
    »Möchten Sie eine Tasse Kaffee trinken, Miss Duncan? Und eine Zigarette rauchen?«
    Hilda nickte dankbar.
    »O ja«, sagte sie leise, »eine Zigarette. Das würde mir gut tun. Bitte.«
    Sam Page gab dem Sergeanten nur einen knappen Wink mit dem Kopf. Der untersetzte Mann schob sich schwerfällig aus seinem Stuhl hoch und verließ das Zimmer. Page bot ihr eine Zigarette und Feuer an und bediente sich selbst. Wenige Minuten später kam Morgan bereits wieder herein mit einem Tablett, auf dem alles Nötige stand. Sie schlürften das heiße Getränk, und Hilda spürte, wie sie von neuer Hoffnung erfüllt wurde. Es war ja alles gar nicht so schlimm.
    Hoffnungsvoll blickte Hilda Duncan auf den jungen, sympathischen Leutnant. Sam Page, dachte sie. Der

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