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0232 - Die Melodie der Tommy-Gun

0232 - Die Melodie der Tommy-Gun

Titel: 0232 - Die Melodie der Tommy-Gun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Melodie der Tommy-Gun
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ermordete?«
    »Stimmt. Das möchte ich wissen.«
    »Wir haben uns diese Frage natürlich auch vorgelegt und Palschewskis Wachbücher durchgeblättert, vom ersten Tage an. Nach Menschenermessen liegt ein solcher Fall nicht vor. Es sei denn, jemand hat Palschewski umgebracht, weil er von ihm mal wegen nächtlicher Ruhestörung oder etwas ähnlich Geringfügigem vor Gericht gebracht und zu einer kleinen Geldstrafe verurteilt worden ist. Aber so etwas ist doch wohl nicht anzunehmen.«
    »Wir wollen’s nicht hoffen«, seufzte ich, »dass Polizisten schon wegen solcher Lappalien getötet werden. Sie tappen also hinsichtlich des Motivs völlig im Dunkeln?«
    »Ja. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte.«
    »War Palschewski eigentlich im Dienst, als er erschossen wurde? Oder hatte er dienstfrei?«
    Holmes paffte ein paar dicke Rauchwolken aus seiner Pfeife.
    »Das ist auch so eine Geschichte«, brummte er. »Nach dem Dienstplan hätte Palschewski um 4 Uhr nachmittags dienstfrei gehabt. Er hatte den Tagdienst, also von 8 Uhr früh bis 4 Uhr nachmittags. Und der Mord geschah nach vier.«
    »Also hatte er bereits dienstfrei?«
    »Das kommt auf die Auslegung der Umstände an«, meinte Holmes. »Dienstfrei, wenn man es ganz genau nimmt, hat ein Streifenbeamter erst dann, wenn er von seiner letzten Runde zum Revier zurückgekehrt ist, alle notwendigen Eintragungen und Meldungen gemacht und sich beim Dienst tuenden Officer abgemeldet hat. Von diesem Augenblick an ist er wirklich dienstfrei. Das alles war bei Palschewski noch nicht geschehen. Er befand sich auf der letzten Runde - und von der ist er ja nicht mehr zurückgekehrt.«
    »Haben Sie die Adresse dieses Peter John Drysen aufgeschrieben, der so ein unerschütterliches Alibi hat, obgleich er angeblich genau wie der Mörder Palschewskis aussehen soll?«
    »Natürlich. Die Adresse wird in den Akten sein. Augenblick, ich sehe nach.«
    Er blätterte in seinen Papieren. Als er die Adresse vorlas, schrieb ich mit. Es war eine Hausnummer in der 148. Straße West. Wir bedankten uns bei dem Captain und machten uns auf den Weg. Im Grunde hatten wir vom FBI mit Palschewskis Ermordung nichts zu tun. Es war eine reine Sache der Stadtpolizei. Aber wir hatten mit dem Postüberfall auf Long Island etwas zu tun, denn die Post untersteht wie der FBI der Bundesregierung, und da der Räuber von Long Island aussehen sollte wie der Mörder Palschewskis, kreuzten sich hier, wie sooft, die Zuständigkeiten zwischen Stadt- und Bundespolizei.
    Wir fuhren also hinauf in die 148. Straße und parkten den Jaguar auf einem großen Parkgelände in der Nähe der von uns gesuchten Hausnummer. Es war ein neuer Mietblock mit großen, komfortablen Apartments. Im Bewohnerverzeichnis in der Halle suchten wir uns Drysens Apartmentnummer heraus und fuhren mit dem Lift hinauf. Als wir den Flur entlanggingen, öffnete sich ein paar Schritte vor uns die Tür, die Drysens Apartmentnummer trug. Ein junger Bursche kam heraus, der höchstens fünfundzwanzig Jahre alt sein konnte. Im Vorbeigehen fiel mir auf, dass sein Mund sehr schief im Gesicht stand. Aber damals maß ich dieser Beobachtung noch keine besondere Bedeutung bei…
    ***
    Hilda Duncan war am Rande der Erschöpfung angelangt. Seit über zwei Stunden wurde sie einem Kreuzverhör unterzogen. So sympathisch ihr Leutnant Page anfangs gewesen war, so sehr hasste sie ihn jetzt. Seine Fragen prasselten auf sie hernieder wie die Körner eines starken Hagelschauers.
    »Kennen Sie diesen Mann?«
    Die Frage bezog sich auf einen älteren Mann von ungefähr sechzig Jahren, den Sergeant Morgan gerade ins Zimmer geführt hatte. Er war klein, hatte eine krumme Haltung und ein verschlagenes Gesicht. Hilda erinnerte sich nicht, ihn je vorher gesehen zu haben.
    »Nein«, sagte sie matt. »Ich glaube nicht, dass ich ihn kenne.«
    »Was heißt: Sie glauben?«, rief Page scharf. »Können Sie denn nicht einziges Mal eine eindeutige Antwort geben? Kennen Sie ihn oder nicht? Haben Sie ihn schon einmal gesehen oder nicht?«
    »Los, Mann, packen Sie aus!«, brummte Page und atmete tief. »Sie lügen das Blaue vom Himmel herunter, Miss Duncan.«
    Hilda verlor die Nerven. Sie sprang auf, beugte sich über den Schreibtisch und trommelte mit ihren kleinen Fäusten auf die Platte.
    »Ich lüge nicht!«, rief sie mit einer Stimme, die sich überschlug. »Was kann ich denn dafür, dass alles so verwickelt und undurchsichtig ist! Ich lüge doch nicht! Warum sollte ich denn lügen! Ich habe keinem

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