0232 - Plutons Zauberbuch
nicht.
Sein Verdacht fand eine Bestätigung, als ein schriller Aufschrei erklang. Er kam aus dem Nachbarzimmer. Offenbar war hier wie dort das Fenster oder die Balkontür geöffnet.
Mit einem Satz war der Panther auf den Beinen. Auch Sylvie Mandar schreckte auf. So leise der Schrei nur durchkam, sie hatte ihn doch vernommen.
»Was ist das?«
Der schwarze Panther hechtete zur Balkontür, zog sie mit der Pranke ganz auf und war schon auf dem Balkon.
»Hiergeblieben!« schrie Sylvie und hetzte hinterdrein. Als sie auf den Balkon kam, jagte der Schwarze mit einem eleganten Sprung über die Trennwand zum Nachbarabteil.
»Bist du verrückt?« schrie die Dämonenhexe. Sie mußte die Wand umklettern, war aber immer noch schnell genug.
»Da ist etwas«, sagte der Panther grimmig. »Es ist noch da… es kämpft!«
»Ich spüre nichts«, gestand Sylvie, doch sie wußte, daß das nichts zu bedeuten hatte. Sie war noch halb im Schlaf, und Katers Übersinne waren noch empfindlicher als die ihren. Ehe sie ihn festhalten konnte, stieß der Panther die auch hier nur angelehnte Balkontür auf und zwängte sich in das Zimmer.
Sylvie folgte ihm. War der Panther verrückt geworden? Nichts war schlimmer, als jetzt aufzufallen, und auffälliger konnte es wirklich nicht mehr gehen.
Aber dann spürte sie es selbst.
Eine Frau mittleren Alters saß hochaufgerichtet auf ihrem Bett und schlug mit aufgerissenen Augen um sich. Sie war es, von der der Schrei kam. Und da war noch etwas, das man nicht sehen konnte. Aber die Dämonenhexe konnte es jetzt selbst fühlen.
Ein Geist… ?
Die Frau kämpfte gegen ihn an. Auch der Geist wehrte sich. Etwas zog ihn irgendwie an, hielt ihn an der Frau fest.
Da sprang der Panther.
Mit einem Satz landete er auf dem Bett, das unter seinem Gewicht bedenklich zu knacken begann. Ein lautes Brüllen entrang sich seiner Raubtierkehle. Die Fänge schlossen sich blitzschnell um etwas, das nicht zu sehen war. Aus dem Unsichtbaren kam ein klagender Laut.
Dann packte etwas nach dem Panther, schleuderte ihn zur Seite.
Sylvie spreizte die Finger. Zwei überkreuzte sie und fühlte, wie die Kraft hinaus jagte, einem Blitzstrahl gleich, und das Unsichtbare traf. Das Geistwesen schrie. Ein Windstoß jagte durch das Zimmer, dann endlich löste es sich von der Frau und verschwand. Der Panther brüllte und sprang an der Wand empor, konnte den Unsichtbaren aber nicht mehr fassen.
Jetzt erst schien die Frau auf dem Bett zu erkennen, was los war. Ein tobender schwarzer Panther in ihrem Zimmer, und in der Balkontür eine rothaarige nackte Frau…
Diesmal schrie sie nicht. Sie starrte nur angstvoll den Panther an, der sich wieder beruhigte.
»Seien Sie unbesorgt«, sagte Sylvie langsam. »Sie träumen nur. Dies ist ein Alptraum, nicht mehr.«
Die Frau wandte sich ihr langsam zu, und an einem Halskettchen blitzte etwas auf. Jetzt begann die Hexe zu ahnen, was den Geist festgehalten hatte. Er mußte auf seiner Wanderschaft die Frau durchstreift haben, und das kleine geweihte Silberkreuz hielt ihn fest, blockierte ihn, bis der Schuß aus den Fingerspitzen der Hexe ihn befreite. Es bewies aber auch, daß dieser Geist dämonisch war.
Sylvie schloß die Augen. Der Glanz des Silberkreuzes brannte, sie vermochte ihn nicht zu ertragen. Sie wandte sich um und verließ das Zimmer und den Balkon.
Der schwarze Panther folgte ihr.
Sorgfältig schloß die Hexe hinter ihm die Balkontür.
»Bist du von allen Geistern der Hölle verlassen, einfach hinüber zu springen?«
Der Panther warf sich mit einem mächtigen Satz auf das Bett und rollte sich zusammen. Träge schloß er die Augen.
»Es war nötig«, sagte er. »Ich mußte erfahren, wer dieses Etwas ist, was ich spürte, und auch für dich war es wichtig. Du kennst jetzt die Fähigkeit eines deiner Mitbewerber um das Buch.«
»Ein Geist«, sagte sie. »Ein Körperloser.«
»Der zu einem Körper gehört«, sagte der Panther.
Sylvie nagte an der Unterlippe. »Vielleicht hast du recht«, sagte sie nachdenklich. »In dem Fall wäre er gefährlich. Ein Dämon, der seinen Geist auf Reisen senden kann, gehört wenigstens zur mittleren Kategorie. Und er könnte meine Kräfte empfindlich stören.«
»Hast du dir sein Bewußtseinsmuster gemerkt?« fragte der Panther.
Die Hexe nickte. »Ja, Kater. Ich werde ihn wiederfinden, und dann muß ich ihn beseitigen, sonst wirft er mir alle Pläne über den Haufen. Und jetzt mach dich nicht so breit, ich brauche auch noch etwas von dem Bett
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