0233 - Allein in der Drachenhöhle
spürte fast selbst körperlich die ungeheure Konzentration.
»Er muss es schaffen!« Die Stimme des Superintendenten war nicht mehr als ein Hauch. Suko nickte stumm.
Ich hatte meine Umwelt inzwischen vergessen und widmete mich nur der eigentlichen schweren Aufgabe.
Da spürte ich etwas! Täuschung, Einbildung, Wahrheit? Ich hatte das Empfinden, als würden meine Gedankenströme irgendwie gestoppt. Obwohl ich die Augen geschlossen hielt, sah ich plötzlich ein Bild vor mir.
Den kleinen Magier, der vorübergebeugt zwischen den hohen Steinen stand und sich langsam drehte, um Kara, die Schöne aus dem Totenreich, anzuschauen. Myxin bewegte sogar seine Lippen, er sprach mit Kara, die zusammenzuckte und nach dem Schwert mit der goldenen Klinge griff.
Eine Einbildung bei mir? Oder ein Wahrtraum? Vielleicht, im nächsten Augenblick verlöschte das Bild, weil sich ein anderes darüber schob. Ich sah ein riesiges Tier vor mir schweben. Seine Umrisse waren so gewaltig, dass ich sie nicht erfassen konnte. Wer das Untier war, konnte ich nicht sagen, empfand nur eine schreckliche Bedrohung, die so stark wurde, dass ich aufstöhnte, denn ich merkte gleichzeitig, wie sich das Kreuz zwischen meinen Fingern erwärmte.
Urplötzlich riss der Faden.
Jetzt war alles aus. Schlagartig befand ich mich wieder in der Gegenwart. Ich sah mein Büro, Sir James und Suko, die neben den Fenstern standen und mich anschauten. Ihre Gesichter waren bleich, in den Augen leuchtete Hoffnung, dann glitt mein Blick auf das Kreuz, wobei ich glaubte, ein schwaches Leuchten zu sehen.
Noch lastete Schweigen innerhalb des Raumes, bis Sir James fragte: »Hat es geklappt?«
Ich gab keine Antwort, sondern ließ mich auf dem Stuhl zurückfallen, wobei das Kreuz wieder seinen Platz auf dem Buch fand.
»John, was ist?« Suko drängte.
Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Noch immer hatte ich unter den Nachwirkungen zu leiden, dann hob ich die Schultern und schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es nicht.«
»Hatten Sie denn Kontakt?« wollte Sir James wissen.
»Ich - glaube…« Auf einmal verspürte ich Durst, sah, dass noch kalter Kaffee im Becher schwamm und trank ihn leer.
»Hat man Ihnen geantwortet?«
»Es war so weit weg, Sir James. So verdammt weit und schwer. Ich kann Ihnen da wirklich nichts sagen.«
»Wir müssen warten«, meinte Suko, womit er völlig recht hatte. Wenn die beiden wirklich meine Nachricht empfangen hatten, so datierte es noch seine Zeit, bis sie kamen, denn auch Kara musste erst ihre Beschwörung durchführen, um die Entfernung zu überbrücken.
Meinem Chef sah ich an, dass er sich nicht eben glücklich fühlte. Ihm passte die Sachlage nicht, aber was wollten wir machen? Das weitere Geschehen lag nicht in unseren Händen, da mussten andere Kräfte ausgespielt werden.
Es vergingen Minuten.
»Soll ich noch etwas zu trinken holen?« erkundigte sich der Inspektor.
»Meinetwegen.«
Suko wollte schon gehen, als es an die Tür klopfte. Wir zuckten zusammen. »Ja, was ist?« rief Sir James.
Die Tür wurde aufgedrückt, und ins Büro traten Kara und Myxin!
***
Vor den Augen der Lady X spielte sich eine Szene ab, die tatsächlich ihr Fassungsvermögen überstieg. Und das sollte bei der ehemaligen Terroristin schon etwas heißen.
Lupina bewies ihr, wie sie ihren Tod überstanden hatte. Ihre Gestalt veränderte sich auf eine unheimliche Art und Weise. Es war ein lautloser Prozess, unheimlich und doch auf eine gewisse Art und Weise von einer makabren Faszination umgeben.
Das braune Fell der Lupina bekam einen anderen Glanz. Dabei dunkelte es noch nach, so dass Lady X das Fell plötzlich mit der Farbe Schwarz vor sich sah.
Auch der Kopf hatte seine Form nicht mehr behalten. Seine Umrisse änderten sich, er wurde wesentlich größer, die Schnauze noch länger, ebenso die Pranken. Unter dem Schädel befand sich eine dichtere Halskrause aus weichem Fell, und aus dem größer gewordenen Maul drang ein drohendes Knurren.
Lady X stand wie gebannt. Sie konnte es kaum fassen. Ihre Lippen bewegten sich, schoben sich vor und zurück, so dass ihre Zähne mal zu sehen waren, dann wieder nicht.
Nein, das war nicht mehr Lupina, die da vor ihr stand, sondern ein anderes Wesen.
Aber eines, da sie kannte, auch schon gesehen hatte, denn sie sah nicht mehr die Königin der Wölfe, sondern deren Sohn. Vor ihr stand Ernest Orapul!
Oder auch Luparo, wenn man den Namen von hinten las.
Lady X war geschockt. Das bewies auch der Stöhnlaut, den
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