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0236 - Voodoo-Samba

0236 - Voodoo-Samba

Titel: 0236 - Voodoo-Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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uns auf der Türschwelle. Sie lächelte ein wenig, bevor sie sagte: »Ich liebe Rachmaninow. Seine Musik hilft mir, zu vergessen.«
    Ich war ehrlich und erwiderte: »Sie ist mir zu schwermütig.«
    »Aber sie paßt in die Zeit.«
    »Das ist Ansichtssache.« Ich bin immer Optimist geblieben, trotz aller Widrigkeiten, und irgendwie glaubte ich an das Gute im Menschen und daß sich irgendwann alles drehen würde, so schlimm es auch manchmal aussah.
    Señora del Bosque legte ihre sonst glatte Stirn in Falten und bat uns sehr höflich, Platz an der Tafel zu nehmen.
    Personal stürzte herbei und stellte uns die Stühle zurecht. Die Besitzerin des Hauses saß am Kopfende des Tisches, wir flankierten sie. Als Lichtquelle dienten drei Kerzen. Sie steckten in einem goldenen Halter, der seinen Platz zwischen zwei Blumenschalen auf dem Tisch gefunden hatte.
    Man servierte den Wein. Das Personal hatte die Kleidung gewechselt.
    Die jungen Männer trugen rote Fräcke. Zur Eröffnung gab es einen trockenen Weißwein, mehr als Aperitif zu verstehen. Die Dame des Hauses nickte uns zu und hob ihr Glas. »Auf daß es uns gelingen möge, den unheimlichen Zauber zu vernichten«, sagte sie, und ich hatte selten einen so makabren Trinkspruch gehört.
    Durch unsere Kopfbewegungen schlossen wir uns ihrer Meinung an. Ich hatte noch immer den Geschmack des Agavenschnapses auf der Zunge und konnte mir deshalb kein Urteil über den Wein erlauben.
    Das tat Suko. Er machte es sehr geschickt. Die Frau konnte den Eindruck haben, mit einem Weinkenner zusammenzusitzen.
    Die Vorspeise wurde serviert. Keiner von uns brauchte zu warten. Für jede Person am Tisch war ein Ober zuständig. Das fand man in keinem Restaurant.
    Als Vorspeise gab es eine Komposition von Meeresfischen. Was da für tote Tierchen auf dem erlesenen Porzellan lagen, wußte ich nicht. Ich aß sie trotzdem, und sie schmeckten sogar in Verbindung mit einer leicht schaumig geschlagenen Soße sehr gut.
    Eine warme Früchtesuppe folgte, die mir nicht so gut mundete, und anschließend wurde der Hauptgang serviert.
    Das alles zog sich hin. Jago spielte weiter, Señora del Bosque sprach kaum ein Wort, und nur das Klappern der Bestecke erreichte neben dem Klavierspiel unsere Ohren.
    Ein schweigendes Mahl.
    Das Hauptgericht wurde gebracht. Zwei Ober schleppten eine große, ovale Platte heran. Was darauf lag, konnte keiner von uns erkennen, denn ein Warmhaltedeckel war über die Platte gestülpt worden.
    Die Hausherrin ergriff wieder das Wort. »Mögen Sie Wild?« erkundigte sie sich.
    »Ja.«
    »Es ist eine Spezialität meines Kochs«, erklärte sie uns. »Ein Wildschwein nach Art des Hauses. Noch sehr jung. Wir jagen es im Dschungel.« Sie nickte den beiden Männern zu, die Platte abzustellen.
    Hoffentlich sind keine Schrotkörner mehr im Fleisch, dachte ich.
    Der Deckel wurde weggezogen.
    Jäh lähmte uns das Entsetzen. Auf der Platte lag kein Wildschwein, sondern etwas anderes.
    Ein Kopf!
    ***
    Ich sah, wie Señora del Bosque bleich wurde. Ihre Finger krallten sich in das Tischtuch fest, der Atem drang pfeifend über ihre Lippen, und die Wangen zitterten.
    Der Mann, der den großen Deckel abgehoben hatte, stieß einen Schrei aus, taumelte zurück und ließ den Deckel fallen, der mit einem metallenen Scheppern über den glatten Boden rutschte.
    Abrupt hörte das Klavierspiel auf. Rachmaninow war vergessen, wir hörten Jagos Schritte, und er blieb hinter seiner Herrin stehen, wobei er die hohe Stuhllehne umklammerte und auf den Schädel starrte.
    »Geht weg, geht weg!« zischte die Frau und meinte damit das Personal, das entsetzt herumstand. Sie unterstrich die Aufforderung mit fahrigen Handbewegungen.
    Wie die Denkmäler saßen wir am Tisch. Der Schädel auf der Platte bot einen fürchterlichen Anblick. Die Augen waren weit geöffnet, der Mund ebenfalls, und die Zunge hing heraus. Schwarzes Haar klebte auf dem Schädel, es wirkte wie angeklatscht.
    Niemand sprach mehr.
    Und dann hörten wir etwas Entsetzliches, denn Señora del Bosque stöhnte grauenvoll auf. »Es ist der Kopf meines Mannes«, keuchte sie. »Der Kopf von Ernesto…«
    Sie stieß die Worte hart hervor, schlug die Hände vor das Gesicht, stützte die Ellenbogen auf und begann zu schluchzen.
    Suko saß mir gegenüber. Unsere Blicke trafen sich. Ich wollte eigentlich etwas sagen, aber mein Hals war zu. Wer konnte das getan haben? Wer war so grausam, so…
    Plötzlich wurden meine Gedanken unterbrochen, denn mit dem Kopf geschah

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