0236 - Voodoo-Samba
etwas.
Die Platte war warm, vorgeheizt, und diese Hitze drang auch in den Schädel ein.
Er veränderte sich. Es fing am Halsstumpf an, denn dort schmolz die Haut vor unseren Augen weg, als wäre sie Talg.
Aber Haut besteht nicht aus Talg…
»John«, hauchte Suko.
»Denkst du das gleiche, wie ich?«
Ich nickte, denn in diesem Moment dachte ich ebenso wie mein Freund und Kollege.
Es war kein echter Kopf, den man uns hier präsentierte, sondern ein naturgetreu nachgebildeter Schädel aus Wachs!
Wie er jetzt dahinschmolz und welche Grimassen das Gesicht dabei schnitt, war schon als schrecklich zu bezeichnen. Da verzog sich der Mund, seine Winkel wurden nach unten gedrückt, die Lippen verliefen, die Nase bekam Tropfen, und Tropfen rannen auch aus den Augen und über die Wangen, so daß sie wirkten wie dicke Tränen.
Selbst die Haare lösten sich auf. Das schwarze Wachs vermischte sich mit dem helleren und bildete ein wirres Muster.
Trotz des schlimmen Vorgangs atmete ich auf. Wir hatten es nicht mit einem echten Kopf zu tun, alles andere war jetzt zweitrangig, mochte es auch noch so schrecklich aussehen.
Ich schob meinen Stuhl zurück. Das Schaben der Beine auf dem Marmor unterbrach die lastende Stille.
Sofort schaute Jago mich scharf an. Ich hielt seinem Blick stand und sagte: »Erklären Sie es Ihrer Herrin!«
Die Worte hatte auch Señora del Bosque vernommen. Sie ließ die Hände sinken und hob den Kopf. »Was?« flüsterte sie, »was soll er erklären, Mr. Sinclair?«
»Sehen Sie sich den Kopf an, Señora?«
Sie stierte. Ja, ein anderes Wort traf den Blick nicht so genau. Es war ein Stieren, und sie holte pfeifend Luft, als sie sah, was mit dem Schädel geschah.
Bis auf die Hälfte seiner ursprünglichen Größe war er zusammengeschrumpft, und der Vorgang beschleunigte sich, denn die herrschende Wärme sorgte dafür, daß der Schädel immer kleiner wurde.
Nur noch so groß wie eine Faust war er!
»Wachs!« hauchte Señora del Bosque. »Es ist Wachs!« Ihre Augen weiteten sich. Sie öffnete den Mund — und schrie. »Wachs, verdammt, es ist Wachs!« Sie schnellte von ihrem Stuhl, griff ein Messer und hieb es in den Rest hinein. Weit hatte sie sich dabei vorgebeugt. Sie blieb auch in der Haltung, wobei ihre Faust den hölzernen Griff der Waffe umklammerte.
Aus ihrem Mund drangen zischende Worte. Wir verstanden sie nicht, sondern schauten nur auf die Frau, die eigentlich mehr erlebt hatte, als normale Nerven vertragen können.
Wir ließen sie in Ruhe. Auch der Leibwächter sagte kein einziges Wort.
Wie eine stumme Drohung stand er hinter dem Stuhl und richtete seinen Blick über den Tisch.
Minuten vergingen, während der Kopf immer kleiner wurde, das Messer bald keinen Halt mehr finden würde und schon abrutschte. Mit einem reißenden Geräusch kratzte es über die Platte.
Auch die Frau wäre fast zusammengesunken. Wir sprangen gleichzeitig hinzu und hielten sie fest.
Ich spürte das Zittern. Sie hob den Kopf an. »Macomba«, hauchte sie.
»Dieser verfluchte Zauber. Er ist überall, du kannst ihm nicht entkommen, nicht Macomba.« Dann ging ein Ruck durch ihre Gestalt, und mit fast normaler Stimme befahl sie: »Lassen Sie mich los!«
Das taten wir auch.
Aufrecht stand sie vor dem Stuhl. Ihr Blick traf Suko und auch mich.
Noch schimmerten es in den Augen feucht. Tränen hatten nasse Spuren auf ihren Wangen hinterlassen, aber keine Schminke zerstört, für uns ein Beweis, daß sie nichts im Gesicht trug.
»Entschuldigen Sie, meine Herren, daß ich mich habe so gehen lassen. Sie werden verstehen, ich dachte, man hätte mir den Kopf meines Mannes serviert. Er war es nicht, nur eine Nachbildung, allerdings sehr echt, wie ich zugeben muß. In diesem Licht kaum zu unterscheiden. Die haben genau gewußt, was sie taten.«
»Wenn ich Sie mal unterbrechen darf, Señora del Bosque, so haben Sie gerade das Stichwort gegeben, als sie von mehreren Personen sprachen. Wer kann dahinterstecken?«
»In meinem Haus geschehen Dinge, über die ich nicht informiert bin. Das ist das Schlimme.«
»Dann haben Sie keinen Verdacht?« formulierte Suko die nächste Frage.
»Verdacht?« Sie lachte auf. »Jeder kann es sein. Macomba ist überall. Deshalb habe ich Sie mitgenommen«, sprach sie weiter, wobei die Stimme zitterte. »Ihnen kann ich vertrauen, Sie sollen mir Schutz gewähren, den andere nicht schaffen. Die Feinde haben mich umzingelt, ich sitze in der Falle. Cassara wird kommen und mich töten!«
»Noch
Weitere Kostenlose Bücher