0238 - In der Voodoo-Hölle
war Professor Zamorra frei.
»Roger Benjamin Stanton?« stammelte der Parapsychologe, »bist du das wirklich oder narrt mich ein Spuk!«
»Ich bin’s, und das in eigener Person!« bemerkte der hochgewachsene Mann, den Professor Zamorra von einem Abenteuer in Deutschland kannte. Damals waren sie während der Bundesgartenschau in Kassel dem Dämon Buuga-Buuga zu Leibe gerückt. [4]
Zamorra hatte die Kette aufgerafft, Stanton einen herumliegenden Totschläger geangelt.
»Rücken an Rücken!« kommandierte Stanton. Denn die Lage wurde nun wirklich bedrohlich. Nicht nur, daß sich Felipe wieder aufgerappelt hatte. Die anderen Galgenvögel hatten nun endlich Farbe bekannt. Messer blitzten in ihren Händen.
Zamorra wußte, daß er und Stanton nun all ihre Geschicklichkeit und Gewandtheit brauchen würden. Es ging um Leben und Tod.
Im selben Moment ertönte das schrille Heulen einer Polizeisirene aus nächster Nähe. Die Gangster sahen sich erstaunt an.
Wie kamen die Ordnungshüter plötzlich in diese verrufene Gegend, die sie sonst tunlichst mieden? Hatte man ihnen einen Tip gegeben und sie kamen mit überwältigender Übermacht? Dann war alles aus.
Mit der Staatsgewalt in Caracas ist nicht zu spaßen. Vor allem dann nicht, wenn es um die Bekämpfung des Bandenunwesens geht. Die Uniformierten sind nicht besonders zimperlich in der Wahl ihrer Mittel, wenn sie Gesetzesbrecher dingfest machen.
Wieder heulte die Polizeisirene laut und schrill.
Jeder Schurke mußte unwillkürlich daran denken, wieviele Jahre Zuchthaus oder Zwangsarbeit auf versuchtem Mord stehen.
Nein, das war das Geld, was Morena zahlen wollte, nicht wert. Denn der dicke Waffenhändler war nicht dafür bekannt, daß er seine Handlanger deckte. Und die Polizei von Caracas war für südamerikanische Verhältnisse unbestechlich.
Das Risiko war zu groß. Da war doch die verdammte Sirene schon wieder.
Flucht! - Nur Flucht konnte sie retten.
»Abhauen!« fauchte Felipe durch die Zähne. Seine Spießgesellen ließen sich das nicht zweimal sagen. Wie die Schatten der Abgeschiedenen verschwanden sie zwischen den Häusern.
Zamorra stieß pfeifend die Luft aus. Eine unerträgliche Spannung war von ihm gewichen. Er und Roger Benjamin Stanton waren allein. Endlich konnten sie sich gebührend begrüßen.
Wieder die Polizeisirene.
»Werden wohl gleich hier sein, die Herren Ordnungshüter!« bemerkte Zamorra.
»Kaum«, grinste Stanton und wies auf einen schwarzen Schatten, der von einem Mauervorsprung niedergesegelt kam und sich auf Stantons Rücken niederließ.
Wieder die Polizeisirene, diesmal aus nächster Nähe. Und nun erkannte der Parapsychologe auch den auslösenden Faktor. Stanton grinste breit, als er Zamorras verblüfftes Gesicht sah.
»Ich habe mich über das Mistvieh zwar schon genug geärgert, aber der Papagei hat jede Menge ungewöhnliche Sachen drauf!«
»Cora ist ein liebes Vögelchen!« bemerkte der Papagei und putzte sich.
***
Gemeinsam betraten sie eine kleine Cantina, bevor der Wirt schließen konnte.
»Was möchtest du trinken, Roger?« fragte Zamorra.
»Alles, was du bezahlen kannst!« erklärte Stanton, der hauptberuflich Schriftsteller für Science-Fiction-Romane war. »Ich bin nämlich am Rio de la Pleite.«
»Wie kommt denn das?« wunderte sich Zamorra und bestellte Wein.
»Ganz einfach«, erklärte Stanton, während ein schmuddeliger Wirt die Gläser mit rotem Wein füllte und sie sich zuprosteten. »Wie du weißt, stamme ich aus Südamerika; fühlte mich aber mehr als Deutscher. Ich habe in der alten Welt nie viel Aufhebens um meine Familie und meine Vergangenheit gemacht. Ich hatte auch nur noch Kontakte zu Onkel Damaso, der mich immer seinen Lieblingsneffen nannte.«
»Warum nur zu dem?« wollte Zamorra wissen.
»Nun, immerhin ist Venezuela ein Ölförderland und Onkel Damaso ist so eine Art Ölprinz gewesen. Gewesen, sage ich, denn vor einigen Tagen ist er gestorben. Friede seiner Asche!«
»Und wegen der Beerdigung bist du extra nach Caracas gekommen?« Professor Zamorra war erstaunt.
»Na, ja. Nicht direkt wegen der Bestattung«, dehnte Stanton. »Aber Onkel Damaso erklärte mehrfach in seinen Briefen, daß er mir nach Beendigung seines Erdendaseins das vermachen werde, was ihm auf dieser Welt das Liebste sei. Und ich dachte, dem alten Geizkragen, von dem sonst nicht ein Centavo loszueisen war, hätte auf dieser Welt alle Liebe seinem Geld gegeben, ähnlich wie Dagobert Duck.«
»Ich vermute, mein lieber Rog, du
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