0238 - In der Voodoo-Hölle

brüchig. »Aber ich glaube, es ist im Moment nicht mehr zu machen. Der Hypnoblock war stark. Zu stark, um ganz gesprengt zu werden!«
    Wortlos angelte der praktisch veranlagte Stanton eine bereitstehende Flasche mit Cognac. Er entkorkte sie und hielt sie dem Meister des Übersinnlichen hin. Zamorra verzichtete auf jegliche Würde und Form, die er sonst benötigte, um einen solch edlen Tropfen zu genießen. Heute brauchte er keinen vorgewärmten Kristallschwenker samt dem weißen Tuch; wie ein Stadtstreicher die Wermutflasche setzte er die Cognacflasche an die Lippen. Es gluckerte verdächtig, aber Zamorras Gesicht bekam wieder Farbe.
    »Ah!« stöhnte der Parapsychologe. »Das tat gut!« Gleichzeitig schob er die Flasche weit über den Tisch, um der Versuchung eines zweiten Schlucks zu entgehen.
    »Gottseidank, daß das überstanden ist«, sagte er dann. »Noch einmal möchte ich das nicht durchmachen!«
    Er wies auf die Gestalt des Mädchens, das nun mit geschlossenen Augen ganz ruhig lag. Ein friedlicher Ausdruck lag auf ihrem Gesicht.
    »Sie schläft jetzt«, sagte Zamorra. »Aber es wird noch einige Zeit dauern, bis der teuflische Zwang ganz aus ihrem Gehirn entwichen ist. Ich schätze, morgen früh wird sie uns einiges erzählen können. Ich bin müde und…«
    »Ich fürchte, daß wir uns noch nicht ausruhen können, Cheri«, zerstörte Nicole die Illusion Zamorras, nach dieser Anstrengung mindestens zwölf Stunden zu schlafen. »Ich habe nämlich das Gestammel deiner Patientin mitgeschrieben und in der Zeit, wo du deiner Alkoholsucht fröntest…«
    Stanton begann dabei zu grienen.
    »… habe ich diese scheinbar zusammenhanglosen Worte von den Kürzeln in Langschrift geschrieben. Selbstverständlich«, bemerkte sie mit einem bedeutungsvollen Seitenblick auf R. B. Stanton, »nur das, was zum Thema gehört. Und diese Worte beunruhigen mich, Cheri!«
    »Na, dann laß mal sehen«, brummte Zamorra und angelte sich das Papier. »So, so! Flugplatz - San Christobal - kennst du den, Roger? - Aber da- jetzt wird es interessant - Voodoo - Tote arbeiten, ohne Fragen zu stellen - mächtiger Ju-Ju, - großer Gott, der Zauber des Ju-Ju… das darf nicht wahr sein…«
    Mit steigender Erregung las Professor Zamorra zu Ende. Er brauchte nicht lange nachzudenken. Sein logischer Verstand baute das Wortpuzzle in Sekundenschnelle zusammen.
    Amun-Re und Gonzales Morena wollten in das Delta des Orinoco fliegen. Und sie wollten eine Privatmaschine, die von einem gewissen Manolito benutzen, der für Geld keine Fragen stellte. Dort, in den Fiebersümpfen, wo die Schwarzmagie des Voodoo zu Hause war. Wo finstere Zauberer die Körper der Abgeschiedenen aus den Gräbern zurückriefen, um mit ihrem furchtbaren Willen den seelenlosen Geschöpfen Aufträge zu erteilen. Dorthin wollten Amun-Re und sein Begleiter. Kein Zweifel, der Herrscher des Krakenthrones wollte eine Armee Zombies für seine finsteren Zwecke dienstbar machen. Und Zamorras Nackenhaare sträubten sich, wenn er daran dachte, was diese Wesen ohne Verstand und Gefühl, nur getrieben von dem Willen des Magiers, für Unheil anzurichten vermochten.
    Aber nicht nur von Voodoo war die Rede - das Mädchen hätte ein Wort gesagt, das den Meister des Übersinnlichen wie ein Elektroschock traf.
    Mächtiger Ju-Ju - die Zauberei des Schwarzen Erdteils…
    ***
    Der Portier wollte seinen Augen nicht trauen, als er drei Personen samt einem flügelschlagenden Papagei durch die Hotelhalle sausen sah. Was, bei San Josè, sollte diese Eile am späten Abend?
    »Gibt es hier in der Nähe einen privaten Flugplatz?« fragte Zamorra. Das riß den Portier fast aus den Socken. Aber bereitwillig antwortete er mit dem üblichen: »Si, si, Señor!«
    »Wo?« fragte Zamorra lakonisch und schob eine Banknote über den Tresen. Er hatte schon festgestellt, daß ein wenig Geld überall in Südamerika wirkungsvoller war als eine Serie von Zaubersprüchen.
    Mit Händen und Füßen gestikulierend, bemühte sich der Portier, ihnen den Weg zu beschreiben. Der Flugplatz läge westlich von hier, aber ganz in der Nähe. Zu Fuß mußte er jetzt während des Karnevals schneller zu erreichen sein als mit dem Taxi. Denn überall in den Straßen wurde die Nacht hindurch getanzt. Da käme jetzt kein Auto mehr durch. Ja, hinter dem Centro Simon Bolivar die Avenida San Martin hinunter und immer in westlicher Richtung halten. Es wäre nicht zu verfehlen.
    Professor Zamorra hatte, obwohl er ganz leidlich spanisch sprach, nur