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0239 - Der letzte Raum hat keine Fenster

0239 - Der letzte Raum hat keine Fenster

Titel: 0239 - Der letzte Raum hat keine Fenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der letzte Raum hat keine Fenster
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mit dem Absatz nach hinten ausschlagen oder mich gedankenschnell zu Boden werfen und den Kerl an den Beinen erwischen, aber da fühlte ich den harten Druck eines Pistolenlaufs im Rücken. Ich konnte nichts anderes tun als gehorchen. Eine Hand glitt über mich hin und zog mir die Pistole aus der Halfter.
    »Dreh dich um!«
    Wir starrten uns an. Er wusste offensichtlich nicht, wer ich war, aber ich erkannte ihn. Ich erkannte die Silhouette und die Schiebermütze. Es war der Mann, der in der 21. Straße über mich gestolpert und die Treppe hinabgeflogen war.
    »Wer bist du, und wie kommst du hierher?«, fragte er.
    »Ich bin Bundespolizist, G-men, wenn Ihnen das etwas sagt. Im Übrigen ist das Haus umstellt. Sie haben keine Chance zu entkommen«, bluffte ich. Aber er grinste nur.
    »Das kannst du mir nicht weismachen, mein Junge. Ich bin nämlich ein sehr vorsichtiger Mann. Als du vorhin hier hereinkamst, habe ich mich zuerst davon überzeugt, dass du wirklich allein bist. Du hättest eben auch einen Blick ins Badezimmer werfen müssen. Da war ich nämlich, und von dem Fenster kann man die Straße übersehen. Zeig mir deinen Ausweis.«
    Ich tat das und hoffte, dass dieser abschreckend wirken würde, denn auch der übelste Verbrecher hütet sich im Allgemeinen, einen G-men zu erschießen.
    Er warf die Zellophanhülle mit der Karte auf den Tisch.
    »Da hast du Pech gehabt, mein Junge. Wärest du nur zehn Minuten später gekommen, so hättest du mich nicht mehr gefunden und könntest am Leben bleiben, aber jetzt, da du mich gesehen hast, muss ich dich wohl oder übel kaltmachen.«
    In seinen grauen Augen stand mein Todesurteil. Der Kerl sah aus wie ein Mörder aus dem Bilderbuch.
    Er hatte eine eingeschlagene Nase, ein deformiertes Ohr, eine Narbe, die ihm vom linken Mundwinkel übers Kinn lief, und obwohl er einen gestutzten Schnurrbart trug, sah man die schlecht operierte Hasenscharte auf seiner Oberlippe.
    »Ja, glotze mich nur an«, grinste er, was seinem Gesicht einen gemeinen Ausdruck gab. »Ich weiß, ich bin ein Scheusal. Wenn ich über die Straße gehe, so machen die Frauen einen Bogen um mich, und die Kinder verkriechen sich hinter den Röcken ihrer Mütter. Ich hasse die Menschen. Es gibt nur eines, mit dem ich ihnen imponieren kann, und das ist Geld. Viel Geld! Dann sehen sie meine entstellte Visage nicht mehr und kriechen zu Kreuze. Dann lachen sogar die kleinen Mädchen in der Delancey Street mit mir, auch wenn ihnen dabei ein Schauder über den Rücken läuft. Dazu brauche ich Geld. Aber, wir wollen es kurz machen. Sprich dein Gebet, wenn du fromm bist, und wenn nicht, dann fahre ohne das zum Teufel.«
    Da geschah etwas, was mir selten geschieht.
    Plötzlich sah ich rot. Ich hatte schon manchen Verbrecher zur Strecke gebracht, aber ein derartig zynisches Scheusal war mir noch nicht begegnet. Ohne jede Überlegung warf ich mich auf ihn. Ein durch den Schalldämpfer kaum vernehmbarer Schuss fiel, aber er traf mich nicht. Ich packte die Pistole am Lauf. Zu spät sah ich den Schlagring in seiner linken Hand.
    Ich duckte mich, aber trotzdem erwischte er mich noch an der rechten Schläfe Etwas explodierte in meinem Schädel.
    Dann war alles aus.
    ***
    Ich versuchte, die Hand zu heben, und es gelang. Ich griff mir an den schmerzenden Kopf, zog die Hand zurück und fühlte, dass sie klebrig war. Ich riss die Augen auf und sah das Blut.
    Wenigstens hat er mich nicht totgeschlagen, sonst würde ich das Bohren und Hämmern im Schädel nicht mehr fühlen, dachte ich. Ich lag noch eine Zeitlang, ohne mich zu bewegen und wartete, bis meine Kräfte zurückkehrten Ich musste lange warten. Dann fasste ich die Tischkante und zog mich daran hoch Ich stand mit zitternden Knien, und da sah ich vor mir den Toten auf dem Teppich. Ich hatte Glück gehabt. Ich war sicher, der Kerl mit der Hasenscharte hatte auch mich für tot gehalten. Drüben auf der Kommode stand eine Flasche Cinzano. Es waren nur vier oder fünf Schritte bis dorthin, aber es war unendlich weit. Ich glaube, es dauerte fast zehn Minuten, bis ich die Flasche erreicht hatte und noch fünf Minuten, bis der Verschluss gelöst war. Dann setzte ich sie an den Hals und schluckte. Ich trank wie ein Verdurstender.
    Langsam wurde mir besser.
    Eine Klingel schrillte. Es war der Fernsprecher auf dem Schreibtisch. Ganz langsam nahm ich den Apparat hoch und krächzte.
    »Hallo.«
    »Sind Sie das, Mr. Hotch? Sie sprechen ja so merkwürdig.«
    Ich kannte die Stimme, und es gab mir

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