024 - Irrfahrt der Skelette
seit genau zehn Hagen, einen Platz für die
Andrea Morena zu buchen. Vergebens! Das Schiff ist seit Wochen voll besetzt. Er
ließ nicht locker, wie unsere Blitznachforschungen ergaben. Ständig rief er im
Reisebüro Sea Tourist am Broadway an und bat darum, es ihm mitzuteilen, sobald
einer der Teilnehmer durch irgendwelche Umstände verhindert wäre, die Fahrt
anzutreten.«
»Es gibt tolle Zufälle im Leben«, murmelte X-RAY-3.
»Hier aber sieht es schon nicht mehr wie ein Zufall aus, wenn man
die Zahlen überprüft, die der Hauptcomputer in der
Wahrscheinlichkeitsberechnung angestellt hat. Torrances Hartnäckigkeit wurde
tatsächlich belohnt! Es gibt plötzlich einen freien Platz auf der Andrea
Morena. Der Wunsch des Professors, an der Reise teilzunehmen, wurde realisiert.
Ein Anruf, der vor einer Viertelstunde erfolgte, gibt uns weitere Gewißheit:
Torrance hat sich erkundigt, ob eine Chance bestünde, doch noch an der Kreuzfahrt
teilzunehmen, ob in der Zwischenzeit ein Platz freigeworden sei. Und man konnte
ihm bestätigen, daß ein gewisser Edmund Barris seinen Platz annulliert habe.
Mit der Morgenpost sei ein Brief mit der Absage des Herrn eingetroffen.
Torrance hat die Buchung sofort perfekt gemacht.«
»Ein tolles Spiel«, sagte Larry halblaut. »Eine Generalstabsarbeit
wird hier geleistet, die einem guten Krimi abgeguckt sein könnte. Aber es ist
wohl doch ausgeschlossen, daß Torrance zuvor ein Gespräch mit Barris unter vier
Augen hatte und ihn bat, ihm den so sehr gewünschten Platz in der Andrea Morena
zu überlassen, daß den Großwildjäger der große Jammer überfiel und er sich
deshalb eine Kugel in den Kopf schoß.«
Larry Brent unterbrach sich kurz und preßte die Lippen zusammen.
»Aber daß Torrance selbst... «
»Genau dieses Problem beschäftigt uns auch«, unterbrach die Stimme
vonX-RAY-1 die Ausführungen des Agenten. »Der Wissenschaftler wird kaum das
Risiko auf sich genommen haben, Barris abzuknallen. Der Mord - und für uns ist
es einer - wurde so perfekt abgewickelt, daß alles auf einen Selbstmord
hinweist! Es fallt sogar uns schwer, das Gegenteil zu beweisen. Nehmen wir an,
Torrance engagierte sich einen Killer... «
»Daran habe ich auch schon gedacht. Aber der Gedanke kam mir so
absurd vor, daß ich ihn sofort wieder verwarf. Nur, um an eine Karte zu
kommen?«
Je mehr er sich mit dem ungewöhnlichen Problem beschäftigte, desto
weiter spann sich sein Gedankennetz. X-RAY-3 versuchte, die Sache aus einer
höheren Perspektive zu betrachten. Hier aber fehlte ihm noch immer der obligate
rote Faden, an den er hätte anknüpfen können.
»Wir haben bis jetzt drei Beziehungspunkte«, meldete sich die
Stimme von X-RAY-1 wieder aus dem Sprechgerät auf dem Schreibtisch Larrys. »Da
ist Barris’ merkwürdiger Selbstmord, und da ist ein hartnäckiger Professor, der
eine Fahrkarte braucht ... und als drittes haben wir die Tatsache, daß sich
Torrance seit genau zehn Tagen brennend für einen Platz auf der Andrea Morena
interessiert.«
X-RAY-1 schwieg und wollte seinem Agenten offenbar die Möglichkeit
geben, die Dinge aufgrund dieser Aufzählung erneut zu überdenken.
Larrys sprichwörtliches Computergedächtnis arbeitete mit
Windeseile. Wo lagen die Beziehungspunkte? Er brauchte keine zwei Minuten, um
dahinterzukommen. Es hing mit der Fahrt über den Atlantik zusammen. Barris
wollte - sollte aber nicht, Torrance wollte - konnte aber nicht - und sein
Interesse, das vor zehn Tagen begann, mußte mit einer Meldung zusammenhängen,
die ebenfalls etwas mit dem Meer oder der Andrea Morena zu tun hatte. Da es
über den Luxusdampfer keine besonderen Meldungen gegeben hatte, blieb also das
Meer. Und genau vor zehn Tagen hatte man auf dem Atlantik das erste herrenlos
treibende Segelboot gesichtet.
Larry sprach diese Vermutung aus.
»Genau«, bestätigte X-RAY-1. »Hier zeigen die Computer eine
erstaunliche Parallele auf. In der Tat muß hier ein Hebel angesetzt werden, so
unwahrscheinlich das klingen mag. Und alles wiederum könnte von den Forschungen
und den Arbeiten abhängen, mit denen Torrance lange Jahre seines Lebens
verbrachte. Er sagte mal: Die moderne Hexenküche, in der wir arbeiten, ist
schlimmer als sämtliche Waffenarsenale der Welt. Ohne daß Menschen sich einer
Gefahr bewußt werden, ohne daß eine einzige Bombe fallt, die Tod und
Vernichtung vom Himmel herabregnen läßt, genügt heute schon ein Knopfdruck.
Nichts wird in Schutt und Asche fallen, alle Gebäude, das gesamte
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