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0241 - Der Pesthügel von Shanghai

0241 - Der Pesthügel von Shanghai

Titel: 0241 - Der Pesthügel von Shanghai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Über seine Züge glitt ein Lächeln.
    Wir begrüßten uns. Mir fiel wieder die Szene im Büro ein. »Alles klar?« fragte ich.
    Suko kniff das rechte Auge zu und boxte mir leicht in die Seite.
    »Natürlich.«
    Hinter meinem Freund waren noch zwei Männer erschienen. Ich kannte sie ebenfalls aus London. Sie blieben an der Wand stehen, lächelten und taten, als wäre nichts gewesen.
    Mir stieg vor Wut die Galle hoch, und ich bekam einen roten Kopf. Quen fragte, ob wir etwas trinken wollten.
    Wir einigten uns auf Tee.
    Einer mußte ihn holen. Als er zurückkam, hatten wir noch kein Wort miteinander gewechselt, aber mir war klar, daß Quen gleich zur Sache kommen würde. Er drehte uns den Rücken zu, hatte die Hände darauf verschränkt und spielte mit den Fingern. Auch er gab sich nicht so unbeteiligt, wie es äußerlich den Anschein hatte.
    Die Tassen bestanden aus feinem Porzellan. Der Tee schimmerte grünlich. Ich ließ Suko erst probieren, und als mein Freund genickt hatte, nahm auch ich einen Schluck.
    Durch Quen erfuhr ich, daß man Suko ebenfalls eingeweiht hatte, so konnten unsere seltsamen Gastgeber endlich zum Kern der Sache kommen.
    »Ja, Gentlemen«, sagte Quen und runzelte gleichzeitig seine ansonsten glatte Stirn. »Dann werde ich Ihnen mal berichten, aus welchem Grunde wir zu diesen etwas außergewöhnlichen Maßnahmen gegriffen haben…«
    »Wir bitten darum«, erwiderte ich und spitzte wie auch Suko die Ohren.
    ***
    Der braune Sumpf schmatzte, gurgelte, warf Blasen und brodelte an manchen Stellen.
    Er lebte!
    Doch es war kein natürliches Leben. Kräfte, die seit langer, langer Zeit im Verborgenen gelauert hatten, waren bereit, zurückzukehren, und sie hatten ihr erstes Opfer gefunden.
    Der Mantel der Zeit hatte zwar den Sumpf überdeckt, aber er hatte das Unheil nicht aufhalten können. Unbemerkt blühte es weiter, suchte nach neuen Kräften und sammelte sich.
    Wenn die Menschen glaubten, daß das, was tief unter der Erde lag, tot ist, dann irrten sie. Sie hatten die Toten kurzerhand in den Sumpf geworfen, aber die Toten wollten sich rächen, und nun war ihre große Zeit angebrochen.
    Wellenförmig liefen die Bewegungen unter der Erde. Als wären sie von einem gewaltigen Erdbeben produziert worden, und die längst vergessenen Toten merkten, daß die Zeit ihrer Ruhe nun endgültig vorbei war. Sie hatten einen Anstoß bekommen, es war ihnen gelungen, in den Kreislauf der Götter und der Schwarzen Magie einzudringen. Nicht umsonst hatten sie so lange gewartet, um nun endlich das zu beginnen, wobei sie damals unterbrochen worden waren.
    Stärker war der Gestank geworden, der über den Sümpfen schwebte. Ein widerlicher Fäulnis- und Leichengeruch, eingehüllt in Dampfschwaden, die aus der braunen Erde emporstiegen und wie Nebel von der gleichen Farbe schimmerten.
    Die Blasen waren größer geworden. Wenn die Fäulnis sie aufblähte und sie dann platzten, gab es knallende Geräusche.
    Jedesmal entstanden Krater, aus denen wenig später braungrüne Pranken stießen, deren Klauen sich öffneten und schlossen, als würden sie nach unsichtbaren Gegnern greifen.
    Auch der Himmel hatte seine Farbe verändert. Er war schon in den letzten Tagen sehr fahl gewesen, hatte eine graue Farbe angenommen, in die jetzt die aus dem Sumpf steigenden Dämpfe hineindrangen und sie wie lange Arme durchstießen.
    Das Grauen befand sich auf dem Weg, und niemand war da, der es aufhalten konnte.
    Die Menschen aber wußten Bescheid. Trotz der jahrelangen kommunistischen Herrschaft wußten sie noch von ihren alten Traditionen, denn sie blühten im Verborgenen weiter, wurden von dem Großvater an den Sohn und den Enkel weitergegeben.
    Flüsternd nur, aber sehr, sehr eindringlich.
    Der Ort hinter dem Knüppeldamm lag schon seit Tagen in einer gespenstischen Ruhe.
    Die Menschen verließen kaum die windschiefen Häuser, um irgendwelche Besorgungen zu machen, und wenn sie es taten, dann schauten sie sich furchtsam um.
    Oft blickten sie auch zum Himmel, der so wirkte, als wollte er auf sie niederfallen und sie zerschmettern.
    Der Geruch aus dem Sumpf hatte sich ausgebreitet. Er überdeckte das Dorf, die Luft konnte kaum noch geatmet werden, man hielt sich Tücher vor Mund und Nase, wenn man nach draußen lief.
    Die Angst ging um.
    Und doch mußte das Tagewerk vollbracht werden. Die Menschen lebten von der Seidenraupenzucht, es gab regelrechte Kolonien, die sich am Dorfanfang befanden, gar nicht weit weg von dem unheimlichen Sumpf, und

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