0242 - In zehn Sekunden bist du tot
ihm Schwierigkeiten zu machen?«
Er riss den Kopf hoch und trompetete in den Saal: »Wenn er mir je begegnen würde, müsste er damit rechnen, dass ich ihn mit den bloßen Händen erwürge, diesen verleumderischen Lügner!«
»Was würden Sie dazu sagen, wenn Sie erführen, dass Longedy verunglückt ist?«
»Ein Segen für die Menschheit! Hoffentlich passiert es bald!«
»Mr. Nelson«, sagte ich betont, »Longedy ist verunglückt!«
»Na, so ein - wie war das?«
»Ich sagte, Longedy ist verunglückt.«
Er sah erst mich, dann Phil mit gerunzelter Stirn an. Plötzlich beugte er sich vor und drückte die Taste an einem Mikrofon.
»Komm mal rüber«, grunzte er in die Membrane.
Ich drehte mich uni und sah tatsächlich, dass sein Bruder sich erhob und anschickte, den Gewaltmarsch bis herüber zu uns anzutreten.
»Wie ist denn das passiert?«, fragte Frederic Nelson.
»Können Sie sich das nicht vorstellen?«, fragte Phil.
Nelson zuckte die Achseln.
»Vorstellen kann ich mir tausenderlei. Er kann überfahren worden sein. Er kann sich eine Fleisch-, Fisch- oder Pilz-Vergiftung zugezogen haben. Er kann überraschend einen Herzschlag gekriegt haben - passiert ja nicht eben selten heutzutage. Er kann unglücklich gestürzt und daran gestorben sein. Er kann sich bei diesem miserablen Sauwetter eine Lungenentzündung geholt haben. Er kann…«
»Okay, hören Sie auf«, fiel ihm mein Freund ins Wort. »Tatsache ist, dass er mit einem Flugzeug abstürzte.«
»Flog er es selbst?«
»Nein. Wie kommen Sie denn darauf?«
»Sie sagten, er wäre mit einem Flugzeug abgestürzt. Da nahm ich an, er hätte so ein Sportflugzeug, mit dem er abgestürzt sei.«
»Nein. Er war Fluggast an Bord einer gewöhnlichen Verkehrsmaschine, die gestern Vormittag eine knappe halbe Stunde nach dem Start über New Jersey abgestürzt ist.«
»Über der Stadt?«
»Nein. Über New Jersey.«
»Hm… Na ja… de mortuis nihil nisi bene, nicht wahr?«
Ich zuckte die Achseln. »Was heißt das?«
»Über die Toten nichts als Gutes. Trotzdem können Sie nicht erwarten, dass uns sein Tod zu Herzen geht.«
»Sie waren seine Feinde.«
»So kann man es nennen. Thomas, das sind zwei Herren vom FBI: Agent Decker und Agent Cotton. Gentlemen, das ist mein Bruder Thomas Rodrigo Fernandez Enrico Nelson.«
Wir nickten uns stumm zu. Der Herangekommene schien ein paar Jahre älter als der Nelson zu sein, mit dem wir uns bisher unterhalten hatten. Er wurde von seinem jüngeren Bruder eingeweiht. Als er die Geschichte von Longedys Unfall hörte, schob er seine fleischige Unterlippe vor, schmatzte und brummte dann: »Ein Giftmolch weniger.«
Ich räusperte mich. Er verstand sofort und fauchte: »Wenn Longedy Ihnen das angetan hat, was er uns angetan hat, würden Sie kaum freundlicher über ihn sprechen.«
»Gentlemen«, mischte sich Phil ein, »Ihr Benehmen ist Ihre Sache. Bitte, beantworten Sie mir die Frage, wo Sie gestern Vormittag etwa ab neun Uhr gewesen sind. Ich mache Sie gleich darauf aufmerksam, dass wir Ihre Angaben nachprüfen werden.«
»Was soll der Quatsch?«, fauchte der Jüngere. »Wollen Sie von uns ein Alibi?«
»Es steht bei Ihnen, wie Sie das nennen wollen«, lächelte Phil vieldeutig. »Wir haben Sie nur etwas gefragt.«
»Und ich denke nicht daran, Ihnen derartige Fragen zu erlauben.«
Phil besah sich lächelnd seine Schuhspitze.
»Sie verkennen die Verhältnisse«, meinte er geduldig. »Wir sind beauftragt, gewisse Ermittlungen anzustellen. Als Staatsbürger sind Sie verpflichtet, den Ermittlungsbehörden nach bestem Wissen die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Sollten Sie allerdings vorziehen, dieses Gespräch im FBI-Distriktgebäude zu führen, so sind wir gern bereit, es dorthin zu verlegen.«
»Werden Sie nicht unverschämt!«, röhrte der Ältere. »Wenn wir auch keine Juristen sind, so wissen wir doch verdammt genau, dass Sie uns nicht einfach verhaften können!«
Phil schüttelte den Kopf.
»Was haben Sie bloß für drastische Formulierungen?«, sagte er missbilligend.
»Hören Sie«, fauchte der Jüngere, »ich will Ihnen Ihre Frage beantworten: Mein Bruder und ich waren gestern früh ab neun Uhr bei einer Probe im Haclay-Theater am Broadway. Wir saßen im Zuschauerraum von neun bis halb zwei. Es gibt mindestens fünfzig Revuegirls, Sängerinnen und Sänger, die Ihnen das bestätigen können, ganz abgesehen vom Theäterdirektor, vom Regisseur, vom Inspizienten, vom…«
»Die Liste genügt uns«, unterbrach ich.
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