0243 - Der Henker kam mit 13 Briefen
aller Wucht gegen die Tür, sie sprang auf, und der Gangster stürzte, eingehüllt in eine dichte Qualmwolke, auf die Straße.
Er rappelte sich aber sofort wieder hoch und kreischte ein übers andere Mal.
»Hilfe! Ich bin verletzt!«
Der Postwagen hatte sich in eine riesige Fackel verwandelt. Ringsum herrschte eine unbeschreibliche Verwirrung. Niemand wusste genau, was eigentlich geschehen war. Nur ein Gedanke hatte sich in den Köpfen festgekrallt: Nur weg, bevor der Benzintank in die Luft fliegt.
Die meisten Autos, die dicht neben dem Flammenmeer standen, suchten mit aufheulenden Motoren das Weite; einige Fahrer, deren Wagen hoffnungslos verkeilt waren, flüchteten entsetzt aus ihren Straßenkreuzern; die Passanten, noch völlig schockiert, hielten sich in respektvollem Abstand. Hysterische Rufe nach Feuerwehr und Polizei wurden laut.
In diesem Hexenkessel schien nur der Fahrer des schwarzen Chevrolet, der unmittelbar hinter dem brennenden Postauto zum Stehen gekommen war, die Nerven behalten zu haben. Er stieß die rechte Tür seines Wagens auf und rief: »Hierher! Los, steigen Sie ein! Ich bringe Sie zum Arzt!«
Er beugte sich sogar beherzt hinaus und half dem scheinbar angeschlagenen Postboten in den Wagen.
Die Tür war noch nicht recht zugeschlagen, da drückte der Fahrer wie irrsinnig auf die Hupe. Die anderen Autos machten bereitwillig Platz, und schon preschte der schwarze Chevrolet aus den Rauchschwaden heraus, raste quer über den Chatham Square und verschwand in der Bowery, dem kürzesten Weg zum Manhattan General Hospital.
Der ganze Zwischenfall hatte nicht länger als dreißig Sekunden gedauert. Als wenig später der erste Streifenwagen angebraust kam, war der Chevrolet natürlich längst außer Sicht. Aber keiner der Augenzeugen maß dieser Tatsache auch nur die geringste Bedeutung zu.
Schon nach wenigen Hundert Yards verließ der Chevrolet den Weg zum Hospital und kurvte in die Spring Street ein. Der angeblich Verletzte wurde schlagartig wieder aktionsfähig. Er riss sich die Beamtenmütze vom Kopf und vertauschte den Uniformrock mit einem zivilen Stück, das Ted vorsorglich mitgebracht hatte.
Von Südosten - dort lag der Chatham Square - tönte entferntes Auf- und Abschwellen verschiedener Sirenen herüber.
***
Ich war in ziemlich schlechter Stimmung. Ich wollte diese skrupellosen Banditen möglichst rasch zur Strecke bringen, zumal, da solche Typen sich erfahrungsgemäß nicht mit einem geglückten Coup begnügen.
Phil hatte kaum bessere Laune als ich. Er schlug vor: »Machen wir Schluss für heute. Es kommt doch nichts mehr dabei ’raus. Morgen ist auch noch ein Tag. Einige Stunden Nachtruhe würden uns ganz guttun!«
Ich war derselben Ansicht. Nicht so das Telefon, das just in diesem Moment zu klingeln geruhte. Ich tauschte mit Phil einen viel sagenden Blick und nahm den Hörer ab.
»High«, meldete sich unser Chef mit seiner ruhigen Stimme. »Ich erhielt soeben einen Anruf von der City Police. Auf dem Chatham Square wurde ein Postauto überfallen. Ich glaube, das hat etwas mit Ihrer Sache zu tun. Kümmern Sie sich mal um die Angelegenheit.«
»Phil, auf geht’s zum Chatham Square. Anscheinend hat Snyder sich eine neue Gemeinheit einfallen lassen.«
Wir hängten unsere Schulterhalfter um, stürmten den Korridor entlang, rauschten mit dem Fahrstuhl nach unten und warfen uns in einen Streifenwagen der Fahrbereitschaft.
Von unserem Districtgebäude bis zum Chatham Square ist es nicht sehr weit. Ich ließ die Sirene heulen. Die Autos in der ohnehin nicht stark befahrenen Worth Street hüpften wie erschrockene Hühner zur Seite, und dann sahen wir auch schon die Bescherung.
Einige Streifen- und Feuerwehrwagen. Blinkende Rotlichter. Dichter Qualm. Und, wie könnte es auch anders sein, eine Menge Neugieriger und dazwischen aufdringliche Reporter.
Ich stoppte unseren Streifenwagen. Lieutenant Knight von der City Police - ein alter Bekannter von mir - riss meine Tür auf und erstattete Bericht.
»Soviel wir bis jetzt feststellen konnten, ist im Fahrerhaus des Postautos ein Sprengkörper explodiert. Der Fahrer wurde von den Splittern tödlich verletzt. Im Transportraum des Wagens muss eine Brandflüssigkeit zur Entzündung gebracht worden sein. Wir fanden dort zwei Leichen. Es deutet jedoch alles darauf hin, dass die beiden Männer schon tot waren, bevor die Flammen ihre Körper erreichten. Ein vierter Postbeamter konnte der Katastrophe entkommen. Aber auch er war verletzt worden und
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