0244 - Der Seelen-Vampir
gefährlichen Vampirzähne die Schlagader suchten und auch fanden.
Vampiro-del-mar saugte das Blut des Opfers.
Diese rote Flüssigkeit tankte er auf, sie gab ihm Kraft, er brauchte sie, denn sie garantierte ein Weiterleben dieser untoten Bestie.
Lady X nahm das Bild in sich auf. Sie stand wie eine Statue am Ruderhaus, in den Augen funkelte es, der Haß war nicht mehr zu unterdrücken. Wind fuhr über das Deck, wühlte ihre Haare wie eine Fahne hoch. Gischt sprühte als feiner Regen an den Bordwänden hoch, all das merkte sie nicht, sondern hatte nur Augen für Vampiro-del-mar.
Fast eine Minute stand sie unbeweglich. Sie schaute zu, wie Vampiro-del-mar das Blut des Mädchens trank, und der Ausdruck in ihren Augen wechselte allmählich.
Hatten der Haß und die Wut darin gestanden, so verschwand dies, und ein anderes »Gefühl« blieb zurück.
Gier!
Nicht umsonst war Lady X eine Vampirin. Sie brauchte das Blut ebenfalls, nur konnte sie sich beherrschen, besser jedenfalls als der Uralt-Vampir, aber sie sah nicht ein, daß sie ihm das Opfer allein überlassen sollte.
Der Vampir bot ein Bild, daß die Scott einfach nicht übersehen konnte. Sie sah es Vampiro-del-mar förmlich an, wie gut es ihm tat, ein Opfer gefunden zu haben.
Dann fiel er nach vorn.
Gleichzeitig brach er in die Knie. Er drückte auch sein Opfer auf die Planken, ohne es loszulassen.
In diesem Moment gab sich Lady X einen Ruck. Sie konnte und wollte nicht mehr länger zusehen, jetzt mußte sie ihn packen, sonst blieb für sie nichts übrig.
Er sah sie, obwohl er so beschäftigt war. Bevor Lady X ihn erreichte, ließ er sein Opfer los und sprang auf. Federnd geschah dies, als wäre er mit neuen Kräften angefüllt.
Die beiden starrten sich an.
»Was willst du?« keuchte er.
»Blut«, erwiderte die ehemalige Terroristin heiser. »Auch ich brauche es, verdammt!«
Der Supervampir lachte. Um den schrecklichen Mund herum zeigte das verunstaltete Gesicht rote Flecke, die sich bis zum Kinn hin verteilt hatten. Der Vampir hatte nicht alles Blut auffangen können, was aus der Ader gesprudelt war.
»Nimm sie«, sagte er zu Lady X. »Du kannst sie nehmen und ihr restliches Blut trinken. Schließlich gehören wir zusammen.« Er lachte so kreischend auf wie selten.
Lady X warf ihm einen kalten Blick zu, dann schwang sie ihre Maschinenpistole über die Schulter und fiel auf die Knie. Dicht neben dem blassen, fast blutleeren Mädchen kam sie auf.
Sie beugte ihren Kopf vor. Weit öffnete sie den Mund, schob die beiden weißgelb schimmernden, spitzen Zähne vor, und im nächsten Augenblick schlug sie zu.
Damit bewies sie, was sie in Wirklichkeit war. Ein schwarzmagisches, finsteres, grausames Wesen, nicht besser als die anderen, trotz ihrer menschlichen Gestalt.
Auch sie brauchte das Blut.
Und sie trank.
Vampiro-del-mar stand daneben. Sein Blick glitt über das Meer.
Momentan trieb das Boot steuerlos über die Wellen. Zum Glück hatten sie den unmittelbaren Bereich der Klippen hinter sich gelassen, so daß sie nicht in Gefahr liefen, aufzulaufen.
Nach einer Weile löste sich Lady X von der schmalen, blondhaarigen Gestalt. Sie richtete sich auf. Das Gesicht zeigte einen entspannten, zufriedenen Ausdruck, die mit Blutstropfen beschmierten Lippen waren zu einem Lächeln verzogen.
»Was ist mit den anderen drei Leichen?« fragte sie.
»Schauen wir nach.«
Lady X nickte und sah zu, wie Vampiro-del-mar die Taue zerriß und die Sargdeckel anhob.
Zwei Männer sahen sie. Sie lagen auf dem Rücken. Wächserne Gesichter starrten die beiden Blutsauger an. Weit aufgerissen waren die Münder, die Kieferknochen schienen sich verkantet zu haben.
Eine gräßliche Totenstarre hielt die Leichen umfangen.
»Tot«, sagte Vampiro-del-mar. »Tarrasco hat ihre Seelen an sich gerissen…«
»Schließ die Särge wieder.« Lady X warf noch einen Blick auf die beiden anderen.
Eine Frau, schon älter, lag so in dem Sarg, als hätte sie sich zum Schlafen hingelegt. Eine Hand jedoch stand hoch. Da waren lange Fingernägel zu sehen, die an Haken erinnerten. Die Nägel wuchsen noch eine Zeit weiter, auch wenn der Mensch tot war.
Der zweite Mann hatte bereits einen Teil seiner Haare verloren.
Als der Wind in den offenen Sarg fuhr, wehte er sie davon. Die Hände des Toten schienen in einander verknotet zu sein. Er bot mit seiner wächsernen Haut einen furchtbaren Anblick.
Die Särge wurden wieder geschlossen.
Beide Vampire waren zufrieden. Sie hatten ihren »Durst«
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