0244 - Stahlschmuck für den Massenmörder
seiner Flucht aus der Chambers Street zu. Drei Tote blieben zurück.
Und für diesen dreifachen Mord hätte es beinahe einen Augenzeugen, oder besser gesagt, eine Augenzeugin gegeben.
***
Von der Westlichen 86. Straße bis zur Westlichen 96. Straße läuft die Amsterdam Avenue mit dem Broadway genau parallel. Die Häuserblocks zwischen diesen beiden Prachtstraßen sind entweder von sehr wohlhabenden Leute bewohnt, oder sie enthalten moderne Geschäfte, die fast ausschließlich von Kunden besucht werden, denen es auf einige Hundert Dollar beim Einkauf eines Brillantrings oder eines Modellkleids nicht ankommt.
In der westlichen 92. Straße, im Haus Nr. 634 wohnten seit etwa acht Wochen drei Männer, von denen jeder einzelne von jedem Gericht der USA mehrfach zum Tode verurteilt worden wäre, wenn man seiner hätte habhaft werden können.
Das Haus Nr. 634 war modern, acht Stockwerke hoch und mit allen Schikanen ausgestattet, die der wohlhabende Amerikaner von einer 300-Dollar-Wohnung erwartet.
Die Wohnung der drei besagten Männer lag im achten Stockwerk, umfasste drei Einzel-Schlafzimmer, einen Aufenthaltsraum, Bad und Pantry. Wovon die drei Männer lebten, wusste niemand im Haus. Und niemand machte sich darüber Gedanken. Nicht einmal der Hausmeister, obwohl dieser als Einziger über das Kommen und Gehen der drei Männer orientiert war. Sie schienen keinen festen Job zu haben, denn mal verließen sie das Haus mitten in der Nacht, dann wieder mehrere Tage lang überhaupt nicht. Manchmal blieben sie fast eine Woche aus. Besuch erhielten sie so gut wie nie, bis auf jeden 13. August.
Es war gegen 17 Uhr, die Luft schien ob der Hitze zu flimmern und der Hausmeister, ein grauhaariger Mann Anfang der sechzig, der einen gewaltigen Bauch vor sich her schob, hatte sich soeben eine Portion Himbeereis aus der Cafeteria nebenan holen lassen. Der Hausmeister kostete gerade an dem Eis, als eine junge Dame an seine Portiersloge trat und ihn nach Mr. Abby Woodlong fragte.
Mr. Dickson, der Hausmeister, war schon versucht, eine unfreundliche Antwort zu geben und auf die Tafel mit den Namen und Stockwerkangaben aller Hausbewohner hinzuweisen, die gegenüber der Portierloge an der Wand hing, als er das Mädchen genauer ansah.
Sie war mehr als mittelgroß, hatte eine bronzefarbene Haut, schwarze Augen in denen ein seltsames Feuer glomm, und sehr rote, blühende Lippen. Die Dame war höchstens Mitte zwanzig. Sie trug ein elegantes, grünes Straßenkostüm und eine bauchige Tasche aus Krokodilleder. Das Gesicht der jungen Dame war angespannt. Eine Wildkatze, dachte der Hausmeister, dann gab Mr. Dickson bereitwillig Auskunft: »Mr. Woodlong und die beiden anderen Herren wohnen im achten Stock. Die Eingangstür zu ihrer Wohnung liegt direkt gegenüber dem Lift.«
Die Dame dankte mit einem flüchtigen Lächeln und ging dann mit schnellen Schritten auf den Lift zu. Noch bevor sie aber die Kabine betreten konnte, verschwand ein schlanker, breitschultriger Mann in dem Fahrstuhl. Er war in einen hellen Staubmantel gekleidet, trug einen leichten Panamahut und eine grüne Sonnenbrille, deren Gläser so groß waren, dass man vom Gesicht des Mannes kaum mehr erkennen konnte als einen dünnlippigen Mund, gerahmt von hageren Wangen mit starken Kiefern.
Unter dem Arm trug der Mann einen dunklen länglichen Kasten, der einem Geigenkasten nicht unähnlich war. Allerdings erhielt er alles andere als ein Musikinstrument.
Der Mann mit der Sonnenbrille war entweder kein Kavalier, oder er hatte die Absicht der jungen Dame, in den Lift zu steigen, nicht bemerkt. Der Lift jedenfalls surrte bereits nach oben, als die Dame mit der Krokodilledertasche nur noch wenige Schritte von dem Fahrstuhl entfernt war.
Anhand der Skala, deren einzelne Punkte jeweils bei den betreffenden Stockwerken, die der Lift erreicht hatte, aufleuchteten, sah die junge Dame, das der Mann mit dem Geigenkasten in den achten Stock gefahren war. Die junge Dame drückte ärgerlich den Knopf, der neben dem Wort »Lift«, angebracht war, musste aber fast vier Minuten warten, bis der Lift wieder im Parterre war.
Vier Minuten, in denen der Tod reichlich Ernte hielt.
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Seit zwei Tagen strolchte Chuk Finegan mit einem Begleiter, einem FBI-Agent, durch die düsteren Kneipen Manhattäns. Fast zwei Tage lang hatten sie keinen Erfolg. Sie fanden weder eine Spur von Flasher, was Finegan aus begreiflichen Gründen sehr lieb war, noch entdeckten sie auch nur den geringsten Hinweis auf das
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