0246 - Im Räderwerk der Unterwelt
polierten Flächen die fettigen Ausscheidungen seiner Finger sorgfältig ab- und verwischt.«
»Vielleicht hat das Dienstmädchen hinterher noch Staub geputzt?«, fragte Phil.
»Es hat nicht«, sagte Kiefer. »Das haben wir festgestellt. Unser ganzer Verdacht richtet sich demnach auf den unbekannten Besucher, der sich als ›Kamerad‹ melden ließ und Rubbers bekannt gewesen sein muss. Nur haben wir leider noch immer keinen weiteren Anhaltspunkt als die vage Beschreibung des Dieners, von der man nicht wissen kann, wie weit sie subjektiven Irrtümern unterliegt, weil wir ja keine Vergleichsaussagen haben. Ob wir den Burschen jemals fangen können, ist eine große Frage.«
»Zerbrechen Sie sich nicht mehr den Kopf darüber, Kiefer«, sagte ich und nahm mir vom Stapel ebenfalls einen Pappbecher, Um mich am Kaffeegenuss beteiligen zu können. »Sie können jetzt nach Hause gehen und schlafen. Ihr Fall ist das nicht mehr.«
»Was soll denn das heißen, Cotton?«, erkundigte sich der Lieutenant.
Ich zuckte die Achseln.
»Glauben Sie ja nicht, dass wir uns danach gedrängt hätten«, sagte ich. »Aber Washington hat verfügt, dass die Geschichte Rubbers zum FBI-Fall erklärt wird. Jetzt können wir uns damit herumärgern. Lassen Sie sämtliche Akten einpacken, Kiefer, und geben Sie allen zuständigen Leuten Bescheid, dass alle eventuell noch ausstehenden Protokolle, Untersuchungsbefunde und Gutachten an das FBI geschickt werden müssen.«
Kiefer stand auf und bot mir die Hand.
»Dazu kann ich Ihnen nicht gratulieren, Cotton«, sagte er ernst. »Sie übernehmen einen verdammt seltsamen Fall. Und wenn Sie meine Meinung dazu hören wollen: Je tiefer Sie Ihre Nase hineinstecken werden, umso unangenehmer wird der Fall Ihnen erscheinen…«
Er sollte recht behalten.
***
Als Mr. High, unser Distriktchef, morgens kam, hatten wir die Akten bereits so gründlich studiert, dass wir ihm einen ersten umfassenden Bericht geben konnten. Von dem nächtlichen Diensttelegramm aus Washington, das die Übernahme des Falles durch das FBI verfügt hatte, zeigte er sich nicht überrascht.
»Ich selbst habe Washington diesen Schritt vorgeschlagen«, sagte er zu unserem Erstaunen.
»Sie selbst?«, wiederholte ich überrascht. »Aber davon haben Sie uns gestern ja gar nichts gesagt!«
»Nein«, gab Mr. High zu. »Ich hatte allerdings auch nicht damit gerechnet, dass in Washington noch heute Nacht die Entscheidung darüber fallen würde. Ich wollte es Ihnen heute früh erzählen.«
»Warum wollen Sie, dass das FBI diese Sache bearbeiten soll?«, erkundigte sich Phil mit gerunzelter Stirn.
»Weil Sie nach Wendover reisen werden«, sagte der Chef. »Kein Stadtpolizist aus New York darf in Wendover dienstliche Ermittlungen anstellen. Sie aber gehören zum FBI, und das kann überall arbeiten.«
»Dass wir uns an dem Platz, wo Rubbers stationiert war, einmal umsehen sollten«, gab ich zu, »hatte ich auch schon in Erwägung gezogen. Aber nicht mit der Bestimmtheit, mit der Sie das jetzt vorschlagen, Chef. Warum sollen wir das eigentlich tun?«
»Wegen der Mordgeschichte, die sich in Wendover beinahe gleichzeitig abgespielt hat«, erwiderte Mr. High ernst. »Wir müssen der Möglichkeit nachgehen, dass beide Morde miteinander Zusammenhängen. Vielleicht ist das nur ein unbegründeter Verdacht. Auf jeden Fall muss er geklärt werden. Ich weiß nicht, ob Sie eine Vorstellung von dem haben, was in Wendover geschieht?«
»Keine Ahnung«, bekannte ich freimütig. »Es soll eine Air Force Base dort geben, aber das ist auch alles, was wir wissen.«
»Well«, sagte der Chef und stand auf. »In Wendover geschehen mancherlei Dinge, die den Charakter militärischer Geheimnisse haben. Der Mann, der in Wendover ermordet wurde, stand in den Diensten des Verteidigungsministeriums. Er war ein ziviler Angestellter, aber er hatte den in diesen Berufen üblichen Eid auf Verschwiegenheit geleistet. Und der Offizier Will Rubbers gehörte zu einer Spezialeinheit in derselben Gegend. Man muss stutzig werden, wenn am gleichen Tag und fast zur gleichen Stunde zwei solche Männer umgebracht werden.«
Phil stieß einen leisen Pfiff aus.
»Sie meinen«, sagte er nachdenklich, »es könnte etwas wie Spionage dahinterstecken?«
»Spionage, Sabotage oder weiß der Teufel was. Auf jeden Fall nicht irgendein, sagen wir, privater Grund für einen Mord wie etwa Eifersucht oder Hass oder Geld. Ich würde vorschlagen, dass Sie Neville hinzuziehen. Er soll die ganzen
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