0246 - Im Räderwerk der Unterwelt
etwas durch die Leitung. Es hörte sich sehr nach einem unfeinen Schimpfwort an.
»Danke, gleichfalls«, sagte ich vorsichtshalber und fügte hinzu: »Zieh dich an, Phil, und warte an der Ecke auf mich. Ich hole dich mit dem Jaguar ab. Wir müssen sofort ins Office. Washington hat mit Blitztelegramm verfügt, dass wir die Sache Rubbers der Mordkommission unverzüglich wegnehmen.«
»Warum?«, gähnte Phil verschlafen und träge.
»Weil Washington den Fall zur FBI-Sache erklärt hat. Frag mich nicht, warum das am grünen Tisch so bestimmt wurde. Vielleicht, weil der Vater ein bekannter Anwalt ist, vielleicht, weil Rubbers Beziehungen bis zum FBI-Hauptquartier hat, vielleicht auch nur, damit wir was zu tun kriegen -was weiß ich. Jedenfalls ist es jetzt eine FBI-Sache, und wir können nicht im Bett liegen, während auf unserem Schreibtisch eine mysteriöse Todessache liegt und auf ihre Klärung wartet. Also bis gleich.«
Ich legte den Hörer auf. Ohne mir Zeit zu nehmen für ein hastiges Frühstück, brauste ich los. Phil stand bereits an der Straßenecke, wo ich ihn meistens absetze, wenn ich ihn abends nach Hause bringe. Er stieg ein und wirkte jetzt völlig ausgeschlafen. Ich glaube, auch bei mir war der letzte Rest von Müdigkeit unter der kalten Dusche verflogen.
»Wir könnten eigentlich gleich bei der Mordkommission vorbeifahren«, meinte Phil. »Erstens müssen wir ja doch die Akten haben, bevor wir den Fall angehen können, und zweitens liegen die Leute von der Mordkommission bestimmt noch nicht im Bett. Früher als dreißig Stunden nach dem Auffinden der Leiche kommt eine Mordkommission doch nie zur Ruhe.«
»Okay«, stimmte ich zu und bog nach rechts ab, um die Richtung zu den Büros von Lieutenant Kiefer einzuschlagen.
***
Wir hatten uns nicht getäuscht. Kiefer saß mit seinen abgespannten, übermüdeten Mitarbeitern rund um den großen Konferenztisch. Ein Marmeladeneimer voll von brühheißem Kaffee stand mitten auf dem Tisch. Ab und zu stand einer der Männer auf und schöpfte sich vorsichtig mit seinem Pappbecher eine neue Portion heraus. Der Duft des starken, schwarzen Kaffees beherrschte den ganzen Raum und drang bis in die hintersten Winkel.
Kiefer hob überrascht den Kopf, als wir eintraten.
»Hallo!«, brummte er. »Seid ihr armen Kerle auch noch nicht dazu gekommen, eure Betten aufzusuchen?«
»Wir sind schon wieder draußen«, sagte ich. »Informieren Sie uns bitte, über den Stand der Ermittlungen im Fall Rubbers.«
Wir zogen uns Stühle heran, von denen es in diesem kleinen Konferenzsaal ausreichend gab, und setzten uns. Kiefer steckte sich eine neue Zigarre an, paffte ein paar schwere Wolken vor sich hin und fing an.
»Der Obduktionsbefund ist vor knapp einer Stunde eingegangen«, sagte er.
Ich beugte mich gespannt vor.
»Und?«
»Mord«, erwiderte Kiefer lakonisch. ' »Mord durch eins von diesen verdammten Giften, die einen lateinischen Namen so lang wie die ganze Park Avenue haben. Soll ich Ihnen die sechshundert Buchstaben einzeln vorlesen? Aussprechen kann ich es nämlich nicht.«
»Geschenkt«, warf Phil ein. »Der Name steht doch im Befund, nicht wahr?«
»Natürlich steht die Bezeichnung des Giftes drin. Es hatte eine ziemlich genau berechnete Dosierung. Der Tod tritt ungefähr zwei Stunden nach dem Einnehmen ein. Dann allerdings verhältnismäßig schlagartig.«
»Wie wurde Rubbers das Gift zugeführt?«, erkundigte ich mich. »Flüssig? In einem Getränk, in einem Nahrungsmittel oder wie sonst?«
»Im Whisky«, stellte Kiefer knapp fest. »Sie hatten mich ja schon auf die Gläser in der Küche aufmerksam gemacht. Unser Labor hat festgestellt, dass wirklich jenes Glas mit den Fingerabdrücken von Rubbers das Gift enthielt.«
»Dann könnte es doch aber auch ein Selbstmord gewesen sein?«, wandte ich ein.
»Theoretisch ja«, gab Kiefer zu. »Praktisch kaum. Wenn Sie aus völlig harmlosem Grund mit irgendwem einen Whisky trinken, putzen Sie dann hinterher Ihr Glas und den Tisch und den Aschenbecher sorgfältig mit Ihrem Taschentuch ab, damit nur ja keine Fingerabdrücke von Ihnen Zurückbleiben?«
»Natürlich nicht.«
»Eben«, nickte Kiefer. »Aber genau das ist geschehen. Von diesem mysteriösen Besucher, der mit Rubbers zusammen Whisky trank und ihm bei dieser Gelegenheit das Gift in das Getränk praktiziert haben dürfte, ist nicht ein einziger Fingerabdruck zu finden. Dafür gibt es diese typischen Wischstellen, die entstehen, wenn jemand auf schön
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