0247 - Kein Mörder träumt vom Todesstuhl
Haustür das Haus hätte verlassen können.
Während ich noch in der Diele stand und überlegte, ertönte die Klingel.
Louis öffnete. Draußen stand der Briefträger und reichte ihm die Post.
Das war nebensächlich für mich.
Die Hauptsache war, dass beim Öffnen der Tür aus der Gegend der Küche ein gedämpfter Summton herausklang.
Ich wartete, bis der Postbote wieder gegangen war. Dann fragte ich: »Kann man diesen Summer abstellen?«
»Ja, von der Küche aus.«
»Und in dieser Küche waren Sie, wie Sie angaben, zur Zeit des Mordes. Mit Ausnahme der kurzen Zeitspanne, in der Ihnen Miss Esther Armstrong in der Diele begegnete, als sie nach oben ging.«
»Ja, das stimmt«, antwortete er.
»Dann müssten Sie es also unbedingt gehört haben, wenn jemand das Haus durch den-Vordereingang verließ.«
»Ja, man sollte das annehmen.«
»Was ist das für eine Antwort, Louis. Wenn Sie in der Küche waren oder selbst hier in der Diele, müssen Sie es gehört haben. Es sei denn, Sie selber hätten den Summer abgestellt.«
»Ja, wenn Sie es so drehen.«
»Ich drehe gar nichts. Ich stelle nur eine Tatsache fest.«
Damit ging ich und nahm mir vor, die Herren Watson, Field and Watson sofort von meiner Entdeckung zu benachrichtigen.
***
An der Gartentür des gegenüberliegenden Hauses stand ein junges Mädchen, offensichtlich eine Hausangestellte.
Sie sah mich so auffällig an, dass ich die Straße überquerte und ihr im Vorbeigehen freundlich zunickte.
Mein Gefühl hatte mich nicht getrogen.
»Sind Sie von der Stadtpolizei?«, fragte sie mich schüchtern.
»Nein, aber so was Ähnliches.«
»Etwa ein G-man? Die Zeitung hat geschrieben…« Sie schwieg und bekam einen roten Kopf.
»Nehmen Sie an, es wäre so. Wollten Sie mir etwas sagen?«
»Ja. Es handelt sich um Miss Esther, die verhaftet worden ist. Sie soll doch ihre Großmutter ermordet, eine Kassette ausgeraubt und den Inhalt weggeschafft haben.«
»Ja, und?«
»Das kann nicht stimmen. Vorgestern Abend stand ich nämlich mit meinem Freund, wir wollen demnächst heiraten, also, ich stand mit meinem Freund von ungefähr acht Uhr fünfzehn bis zehn Uhr hier vor der Tür. Sie müssen wissen, wir haben augenblicklich eine Menge zu besprechen. Ich hätte unbedingt sehen müssen, wenn Miss Esther das Grundstück verlassen hätte. Ich sah ja auch Sie und einen anderen Mann, als Sie hineingingen.«
»Das ist ja recht bemerkenswert«, lächelte ich. »Haben Sie denn die ganze Zeit über genau achtgegeben?«
»Nein, aber ich musste es ja sehen. Ich stand doch genau gegenüber. Ich sah ja auch den anderen Herrn, der um ungefähr neun Uhr kam und schon zehn Minuten später wieder ging.«
»Habefi Sie den etwa auch erkannt?«
»Nein, das konnte ich nicht. Er hatte einen breitrandigen Hut auf und die Krempe heruntergeklappt, sodass sein Gesicht im Schatten lag.«
»Wissen Sie, wie der Mann hineinkam? Klingelte er an der Haustür oder hatte er einen Schlüssel?«
»Das weiß ich nicht. Vorgestern Abend war es hinter der Gartenpforte so finster, dass man überhaupt nichts erkennen konnte. Aber er muss wohl durch die Haustür hineingegangen sein.«
Ich überlegte schnell. Die Aussage des Mädchens, kombiniert mit meiner eigenen Wahrnehmung, musste Esther endgültig entlasten. Aber dann musste sich auch der Inhalt der Kassette noch im Haus befinden. Und das wiederum war eine Belastung.
Etwas Neues war der Herr, der ungefähr um neun Uhr gekommen und nach zehn Minuten wieder gegangen war. Davon hatte Louis kein Wort gesagt.
»Hatte der Herr, der vorgestern Abend ins Haus ging, etwas in der Hand, als er es wieder verließ?«
»Ich glaube nicht. Wenn er etwas gehabt hätte, so wäre mir das aufgefallen. Als er in den Garten einbog, hatte er beide Hände in den Manteltaschen.«
Ich merkte mir den Namen des Mädchens. Sie hieß Peggy Cooper. Dann beeilte ich mich.
***
Als ich Mr. Field meine Entdeckungen erzählte wiegte dieser bedenklich den Kopf.
»Die Tatsache, dass Esther das Haus nicht verlassen hat, ist natürlich ein Schlag gegen die Beweisführung des Staatsanwalts, aber kein endgültiger Gegenbeweis. Man wird dann eben sagen, sie habe ihre Beute innerhalb des Hauses versteckt. Dagegen ist das Auftauchen eines anderen Besuchers gerade zur Mordzeit etwas vollkommen Neues und geeignet, Zweifel an der bisherigen Beweisführung zu erwecken. Ich nehme an, dass wir die Freilassung der Verhafteten, wenn nicht heute, so doch spätestens morgen, durchsetzen
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