0248 - Gatanos Galgenhand
den schrecklichen Fall mit hineingeraten, den wir zu einem guten Ende gebracht hatten. [1]
»Wie geht es dir?« fragte sie und strahlte mich an. Sie hatte das Haar wachsen lassen. Es schimmerte rötlich und die dichte Pracht berührte die Schultern.
»Müssen wir das hier bereden?« fragte ich.
»Du meinst…«
»Ja, ich lade dich zu einer Tasse Kaffee ein.«
»Gern, mein Lieber.« Sie hakte sich bei mir unter und lachte. Nichts an ihr wies darauf hin, welch einen Beruf sie ausübte, denn Tanith war eine der bekanntesten Hellseherinnen und auch Wahrsagerinnen der Welt. In ihr Haus in Paris kamen viele Politiker, Wirtschaftskapitäne, Schauspieler und Gesangstars, um sich die Zukunft vorhersagen zu lassen. Wenn sie die Wohnung in Paris für eine Zeit aufgegeben hatte, dann mußte sie dafür einen triftigen Grund gehabt haben.
»Schade, daß du Suko nicht mitgebracht hast«, sagte sie mit bedauernder Stimme.
»Ja, das tut mir selbst leid, aber mein Chef hatte kein Verständnis dafür.«
»Wieso?«
Ich hob die Schultern und ging ein wenig langsamer. Tanith paßte sich meinem Tempo an. »Offiziell liegt für ihn keine Gefahr vor…«
Das Lachen der Frau unterbrach mich. »Keine Gefahr? Der würde sich wundern. Drei Tote…«
»Ich meine keine magische Gefahr. Aber ich denke mir, daß es Reibereien zwischen der amerikanischen und der englischen Polizei gibt.«
»Aber du warst doch schon öfter in New York«, hielt mir die aparte Französin entgegen.
»Natürlich. Da ging auch alles offiziell, und man hat uns um Rat gefragt. Hier liegt der Fall anders. Ich bin praktisch als Privatmann hier und werde mich hüten, mich in die Polizeiarbeit einzumischen.«
»Wenn man es so sieht, hast du recht.« Tanith zog mich zur rechten Seite, denn sie hatte eine kleine Cafeteria entdeckt. Wir sahen, daß noch einige Stühle nicht besetzt waren.
An runden Glastischen nahmen wir Platz. Unser Blick glitt durch die großen Scheiben auf das Rollfeld. »Was möchtest du trinken?« fragte ich die Französin.
»Kaffee bitte.«
Ich bestellte zwei Tassen. »Und wie gefällt dir New York?« wollte ich von ihr wissen.
»Nicht gut.«
»Wieso?«
»Die Amerikaner sind hektisch. Irgendwie vermisse ich die lockere französische Art.«
Ich lachte. »Das kann ich mir vorstellen.« Dann zündete ich mir eine Zigarette an, während Tanith aus ihrer Handtasche ein schwarzes Zigarillo holte.
Ich gab ihr Feuer, sie bedankte sich nickend, dann kam unser Kaffee, den ich sofort bezahlte, und anschließend schaute Tanith mich an. »Du siehst aus, als hättest du Sorgen, John?«
Ich lächelte schmal. »Wer hat die nicht?«
»Ja, ja, sicher.« Sie streifte die Asche ab. »Aber bei dir sind es besondere. Du führst einen verzweifelten Kampf gegen Mächte, die du kaum unter Kontrolle bekommen kannst. Ich hänge ja auch mit drin, und das Schlimme ist, daß wir immer nur Einzelerfolge erringen können.«
»Wem sagst du das.«
Tanith schaute mich an. Ich sah in die unergründlichen Augen und in das dezent geschminkte Gesicht mit den hochstehenden Wangenknochen.
»Halte mich bitte nicht für eine Schwätzerin, aber über so etwas muß man reden, denn ich fühle immer mehr, daß die schwarze Magie erstarkt. Man hört auch soviel über Hexen.«
»Wie?«
Sie hob die Schultern. »Wenn ich etwas Konkretes wüßte, John, würde ich es dir sagen, aber bei meinen Séancen habe ich bemerkt, daß der Hexenkult im Kommen ist. Ich brauche da nur an Wikka und leider auch an Jane Collins zu denken.«
Mit dem letzten Namen hatte sie mir nicht nur ein Stichwort, sondern auch einen Stich gegeben.
Jane Collins! Mein Gott. Ich zog hastig an meiner Zigarette und blies den Rauch ebenso schnell wieder aus.
»John, was hast du?« Tanith hatte bemerkt, daß ich etwas seltsam reagierte, und sie schaute mich besorgt an.
»Eigentlich nichts.«
»Doch. Ist es wegen Jane?«
Lügen hatte keinen Sinn, deshalb nickte ich. »Ja, es ist wegen Jane Collins.«
»Und?«
»Sie hat gemordet«, sagte ich leise und senkte dabei meinen Blick.
Tanith war erschrocken. Aber sie zeigte es nicht, denn sie behielt ihre Reaktion gut unter Kontrolle. »Gemordet?« flüsterte sie. »Nein, das ist…«
»Jane ist eine Hexe.«
»Hast du sie gesehen?«
»Nicht direkt«, erwiderte ich. »Aber die Folgen, und die waren schrecklich, glaub mir.«
»Wenn du nichts mehr sagen willst, John, dann laß es, ich kann dich gut verstehen.«
»Nein, nein. Es ist gut, wenn ich mit jemandem darüber
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