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0249 - Die Stunde der Bestien

0249 - Die Stunde der Bestien

Titel: 0249 - Die Stunde der Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Stunde der Bestien (2 of 2)
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Elefanten nach, ohne zu wissen, warum wir es eigentlich taten. Aber zum Glück tauchte jetzt der Inder auf. Er trug eine gestreifte Schlafanzug-Hose, aber darüber hatte er das seidene, schimmernde Obergewand angelegt, das er in den Vorstellungen trug. Es war ein einreihiger Rock, der von den Knien bis hinauf zum Halse reichte. Nur den prunkvollen Turban hatte er in der Eile nicht aufgesetzt. Ich glaube, es war das einzige Mal, das jemand den Inder ohne seinen Turban zu Gesicht bekam.
    Mindra schritt gemessen dem Elefanten entgegen. Kaum hatte der Bulle ihn erblickt, da stieß er ein Trompeten aus, das unzweifelhaft eine freundliche Begrüßung war. Er trabte schneller, aber dicht vor seinem Herrn hielt er an und bewegte sich nicht mehr.
    Wir standen wie versteinert. Mit weit auf gerissenen Augen beobachteten wir die Szene, die sich nun abspielte. Mindra war bis dicht an das Tier herangegangen und schien leise auf es einzusprechen. Der Bulle hatte den Kopf geneigt und schien zuzuhören. Aber plötzlich schüttelte er seinen Kopf wieder so heftig, dass die Ohren klatschend gegen den massigen Körper schlugen.
    »Los, das will ich sehen«, rief Jack, der plötzlich von einer mir beinahe unheimlichen Aktivität erfüllt war.
    Wir liefen quer über den Platz. Aus allen Richtungen kamen jetzt die Stallburschen und die Arbeiter heran. Mindra rief ihnen halblaut ein paar Befehle zu, die wir nicht verstanden. Aber da die anderen weiterliefen taten wir es auch.
    In einer Entfernung von vielleicht fünf Schritten blieben wir stehen. Wir schoben uns weiter nach links. Schnaufend schob sich Direktor Johnson durch die Menge. Er sah ein bisschen komisch aus, so in Pantoffeln und Reithosen, wie er angelaufen kam. Aber dass er etwas von Tieren verstand, sollten wir sogleich merken.
    Furchtlos ging er zu Mindra hin, der seine Hand leicht auf den Rüssel des Tieres gelegt hatte und in einer fremden Sprache begütigend auf den Bullen einredete.
    »Versuchen Sie, ihn ruhig zu halten«, befahl Johnson herrisch.
    »Ja, Sir«, erwiderte der Inder. »Er muss krank sein. Er hat Schmerzen. Ich kann nicht herausfinden, wo.«
    Johnson nickte. Furchtlos bückte er sich und kroch zwischen den Beinen hindurch unter den Elefanten. Wir konnten nicht genau erkennen, was er tat, aber es schien, als taste er den Bauch des Tieres ab.
    Atemlose Stille herrschte ringsum. Es dauerte lange, bis Johnson wieder hervorkam, und wir alle atmeten unwillkürlich auf, als er aus der gefährlichen Nähe dieser Säulen kam.
    Der Elefant stand ruhig, aber aus seinem Rachen drang ein kläglicher Ton. Fast dem Winseln eines Hundes vergleichbar. Ab und zu öffnete er das Maul und hielt es sekundenlang offen. Auch jetzt tat er es wieder. Johnson stutzte, reckte den Kopf vor, aber in diesem Augenblick klappte der Bulle das Maul wieder zu.
    »Bringen Sie ihn dazu, dass er sich hinlegt«, rief Johnson. »Wo sind die Leute mit den Ketten?«
    »Hier, Sir«, rief Ralley, der ein paar Schritte weiter rechts stand.
    »Warten Sie, bis er ganz ruhig liegt. Dann schnell die Ketten um alle vier Beine. Aber nicht zu straff anziehen. Wir wollen im nicht wehtun, dem armen Kerl.«
    Jack stieß mich an und grinste. Unwillkürlich musste auch ich lächeln. Es hörte sich wirklich komisch an, wie Johnson zu diesem Koloss ›armer Kerl‹ sagte.
    Mindra bekam es tatsächlich fertig, das sich er Elefant hinlegte. Der mächtige Körper sackte schwer zur Seite weg, rollte einmal hin und zurück und kam zur Ruhe. Mindra blickte fragend zu Johnson.
    »Reden Sie mit ihm«, befahl der Direktor. »Erst möchte ich ihn gefesselt haben, bevor ich ihn mir noch mal ansehe.«
    Der Inder nickte ergeben und sprach wieder in dieser gutturalen fremden Sprache auf das Tier ein. Es dauerte nicht länger als höchstens zwei Minuten, da war der Riese an seinen Beinen derart mit Ketten umschnürt, dass er kein Glied bewegen konnte.
    Jetzt kniete Johnson neben dem Maul des Tieres nieder.
    »Kriegen Sie ihn irgendwie dazu, dass er das Maul aufmacht«, befahl er.
    Der Inder sagte etwas, und gehorsam öffnete der Elefant sein rosa schimmerndes, fleischiges Maul. Johnson packte hinein. Ich fühlte, wie sich alles in mir zusammenzog.
    Plötzlich ging ein Zucken durch den mächtigen Leib. Der Rüssel peitschte den Boden. Johnsons Arm kam ruckartig wieder zum Vorschein. Er stand auf.
    »Da«, sagte er. »In seinem Futter war ein Nagel. Der hatte sich in die Zunge gebohrt.«
    Er hielt den Nagel hoch. Es war ein blanker

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