0249 - Die Stunde der Bestien
Achtzöller. Wie kam er ins Futter des Elefanten?
***
Phil rannte, als liefe er um sein Leben. Aber während alle anderen ihr Interesse dem Elefantenbullen widmeten, verlor Phil keine Sekunde damit, dem ausgebrochenen Tier auch nur nachzublicken. Wie ein Wirbelwind fegte er zwischen den Wohnwagen hindurch und auf den Zelteingang zu.
Er suchte sich einen Weg in jenes mittlere von den kleinen Anbauzelten, wo die Tiere untergebracht waren. Phil hatte die Ketten gesehen, mit denen der Elefant tagsüber in seiner Box angekettet war. Auch der stärkste Elefant, so dachte Phil, konnte diese Ketten nicht sprengen oder gar zerreißen. Es muss ihm schon jemand dabei behilflich gewesen sein.
Seit der Dickhäuter seine Box verlassen hatte, waren erst wenige Minuten vergangen, als Phil keuchend dort eintraf. So weit er sehen konnte, war das Zelt leer. Keine Menschenseele war zu sehen. Auf atmend blieb Phil stehen und verschnaufte. Als sich sein keuchender Atem etwas beruhigt hatte, ging er an die Untersuchung.
Die Box wirkte jetzt viel größer, weil sie leer war. Hinten lag ein Büschel Heu. Schon vom anderen Ende der Box her konnte Phil sehen, dass es mit glänzenden Nägeln geradezu getränkt war. Aber diesem Umstand schenkte er zunächst nicht seine größte Aufmerksamkeit. Es gab etwas, das viel interessanter war.
Solange sich der Elefant in der Box aufhielt, war nur sein rechtes Hinterbein angekettet. Phil trat einen weiteren Schritt vor und bückte sich. Die Kette endete in einem zangenförmigen Ring, der normalerweise um das Hinterbein des Elefanten geschlungen und mit einem Vorhängeschloss zusammen gehalten wurde.
Jetzt lag der Ring weit geöffnet auf dem nackten Erdboden. An einem Ende hing noch das Vorhängeschloss - offen.
Phil kniete nieder, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass er seine Hose beschmutzen würde. Er stützte die Hände auf und besah sich dass Schloss von allen Seiten. Der Schlüssel stak im Schloss. Aber man konnte auf den eisten Blick erkennen, dass es ein recht eigenartiger Schlüssel war. Einer, der schlecht und recht mit einer Feile zurechtgefeilt war. Man sah die Spuren der Feilenzähne deutlich im silbrig schimmernden Metall. Der Originalschlüssel konnte es niemals sein.
Die Sache war klar. Der geheimnisvolle Attentäter hatte sich einen Schlüssel gefeilt, vielleicht nach einem Wachsabdruck, die Kette mit dem Ring aufgeschlossen und Nägel in das Heu gestreut. Die Wirkung brauchte nur abgewartet zu werden.
Phil atmete tief. Er zweifelte keine Sekunde daran, dass dies ein neuerlicher Anschlag ein und desselben Mannes war. Schon wollte er sich aufrichten, als ihm etwas in die Augen sprang, das an Wichtigkeit alles bisher Entdeckte bei Weitem übertraf.
Einen Schritt neben dem Ring war der Erdboden morastig. Vielleicht hatte einer der Stallburschen einen Eimer Wasser umgekippt oder irgendetwas anderes war die Ursache dafür. Jedenfalls gab es in diesem feuchten Boden das Musterbeispiel eines Schuhabdruckes. Deutlicher ließ sich ein solcher Abdruck überhaupt nicht denken.
Phil stand auf. Er stellte sich mit weit gespreizten Beinen quer über diesen Abdruck. Keine zehn Pferde würden ihn von dieser Stelle bringen, bis dieser Abdruck ausgegipst und damit erhalten war.
Er steckte sich eine Zigarette an Von draußen tönte das Trompeten des Elefanten. Phil klang es wie Musik in den Ohren. Dieser Abdruck war die bemerkenswerteste Spur auf den Täter hin, die bis jetzt gefunden worden war. Es gibt nicht viel Schuhe auf der Welt, die haargenau den gleichen Abdruck hinterlassen. Wenn sie schon längere Zeit gebraucht worden sind, gibt es wahrscheinlich keine zwei Schuhe, die denselben Abdruck hinterlassen würden. Ein Schuhabdruck ist fast so gut wie ein Fingerabdruck.
Es schien ihm eine Ewigkeit zu dauern, bis er endlich Schritte hörte. Der Stallmeister Ralley kam ins Zelt
»Hallo, Ralley«, rief Phil ihm zu. »Kommen Sie doch bitte mal her.«
»Das wollte ich sowieso«, erwiderte Ralley, in seiner mürrischen Art. »Sie sind mir, scheint’s, zuvorgekommen. Ich wollte mich auch gerade danach Umsehen, wie sich der Bulle losreißen konnte. Ich kann mir das gar nicht vorstellen.«
»Er hat sich nicht losgerissen. Sehen Sie sich das mal an.«
Phil zeigte auf die Kette mit dem geöffneten Stahlring und dem Vorhängeschloss. Ralley verdrehte die Augen und wollte sich bücken.
»Nicht anrühren«, bat Phil. »Das muss ich erst .noch fotografieren. Aber die Sache ist ja wohl
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