025 - Die Todesmasken des Dr. Faustus
Wunde zu. Seit damals bin ich gezeichnet. Und dafür, daß ich meine Unschuld verteidigte, mußte ich monatelang in den Kerkern der Inquisition schmoren. Dort habe ich alles verloren. Jetzt könnt Ihr Euch vielleicht ein Bild davon machen, wie ich zum Leben stehe. Wollt Ihr immer noch unter meine Fittiche? Ich fürchte, Ihr werdet nun einsehen, daß Ihr bei mir nicht bekommt, was Ihr Euch erwartet.«
»Ihr habt mich mißverstanden«, beteuerte Speyer. »Ich habe nie angenommen, Ihr könntet leichte Beute für mich sein. Wenn ich gewußt hätte … Nun, wenn Ihr mir es gestattet, dann biete ich Euch meinen Schutz an. Ihr habt nur eine rauhe Schale, mit der Ihr Euch gegen Eure Feinde schützt, im Innern seid Ihr aber wohl mehr Mensch als alle anderen hier. Ich habe bemerkt, daß Ihr nicht über Walther von der Spiend geschimpft habt – im Gegensatz zu den anderen.«
»Wir waren uns sehr ähnlich. Er war so verzweifelt wie ich. Aber bei Männern drückt sich das eben anders aus.«
»Habt Ihr in letzter Zeit nicht eine Veränderung an ihm festgestellt?«
»Wieso kommt Ihr darauf?«
»Nun, ich kenne ihn von früher, genauer gesagt aus Toledo.« Speyer entschloß sich, sofort aufs Ganze zu gehen. »Er hat dort wirklich etwas gestohlen. Und zwar mir. Sagt bitte den anderen nichts davon, aber ich bin Eurer Truppe nur gefolgt, um mir wiederzuholen, was mir gehört.«
»Und was soll das sein?«
»Es ist aus Gold, leuchtet manchmal aber auch in anderen Farben und wechselt auch seine Größe«, umschrieb Speyer den Goldenen Drudenfuß.
»Ich habe nichts bei Walther gesehen, auf das diese Beschreibung paßt«, meinte sie, nun wieder mißtrauisch geworden. »Und selbst wenn – wie kann ich sicher sein, daß es Euch gehört?«
Speyer merkte, daß sich ihnen eine Frauengestalt näherte.
»Wir unterhalten uns morgen weiter«, flüsterte er Zenta schnell zu. »Ihr müßt mir aber versprechen, den anderen gegenüber zu schweigen.«
»Das ist vergebliche Liebesmühe«, ertönte da Isoldes Stimme. »Ich kann Euch versichern, daß Ihr bei Zenta nicht ans Ziel kommt, Herr Georg.«
»Schlampe«, murmelte Zenta in sich hinein und rauschte davon.
Isolde Apillion hakte sich bei Speyer ein und führte ihn zurück zum Lagerfeuer; dabei preßte sie seinen Arm wie zufällig gegen ihren Busen.
Plötzlich tauchten rund um das Lagerfeuer Gestalten in Rüstungen auf. Es handelte sich um etwa zwanzig Landsknechte, die ihre Hellebarden drohend auf die Komödianten richteten.
»Im Namen des Fürsten, seiner Hoheit Hector Domenicus derer von Reese«, sagte ihr Anführer, »ergebt Euch! Euer Lager ist umstellt. Wer sich zur Wehr setzt, ist des Todes.«
In diesem Moment kam der Prinzipal aus dem Wohnwagen der Frauen. Er wurde sofort von zwei Landsknechten in die Mitte genommen und zum Anführer gebracht.
»Was hat das zu bedeuten, Herr Hauptmann?« begehrte Apillion auf. »Wir sind friedliche Leute. Komödianten, die hier nächtigen, um morgen in Haßfurt einzuziehen. Wie kommt Ihr dazu, uns wie Räuber zu überfallen?«
Der Hauptmann schlug ihm den mit Lederplättchen besetzten Handschuh ins Gesicht, was den Prinzipal wohl mehr aus Überraschung denn aus Schmerz zum Verstummen brachte.
»Wir haben Befehl, Euer Lager zu durchsuchen«, sagte der Hauptmann der Landsknechte. »Dies ist Grund und Boden, der seiner Hoheit, Fürst Hector 1. gehört. Hier regiert sein Recht. Wer sich widersetzt, wird an dem Beinen aufgeknüpft.«
»Aber wir genießen Gastrecht. Prinz Athasar persönlich hat uns eingeladen und …«
»Mag sein«, wurde der Prinzipal vom Hauptmann unterbrochen. »Prinz Athasar hat aber auch verfügt, daß man Eure Wohnwagen nach Diebesgut durchsuchen soll.«
»Diebesgut?«
»Jawohl. Um Eurem Gedächtnis nachzuhelfen, will ich Euch eine Beschreibung des Gegenstandes geben, nach dem wir suchen. Vielleicht fällt Euch zufällig ein, daß jemand von euch ihn in Besitz hat. Dann könnten wir es uns ersparen, eure Wohnwagen zu durchsuchen. Der gesuchte Gegenstand ist aus Gold, schimmert manchmal aber auch in anderen Farben und kann seine Größe verändern. Besitzt Ihr einen solchen Gegenstand?«
»Hört sich an, als handelte es sich um das Werkzeug eines Alchimisten oder Magiers«, meinte der Prinzipal mit schüchternem Lächeln. »Wir haben nichts mit falschem Zauber zu tun. Wenn Ihr von der Inquisition geschickt …«
Der Hauptmann schlug ihm wieder den Handschuh ins Gesicht. Er war wohl der Meinung, daß man es sich mit
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