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025 - Die toten Augen von London

025 - Die toten Augen von London

Titel: 025 - Die toten Augen von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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besaß. Dearborn legte den Sack neben diese Tür und ging in sein Arbeitszimmer zurück.
    Zehn Minuten vielleicht waren vergangen, als es leise an der Tür klopfte. Geräuschlos öffnete Dearborn, um den Besucher einzulassen. Es war der blinde Jake. Sein Gesicht war verzerrt, aufgeschwollen, dicke, blaue Adern zogen sich über seine breite Stirn.
    »Ich komme gerade - Herr ...« keuchte er atemlos.
    »Was machst du hier? Ich habe dir befohlen, die Frau unter keinen Umständen allein zu lassen, bis ich komme!«
    »Ja, aber Sie sind nicht gekommen, Herr«, erwiderte der Koloß flehentlich, Angst schüttelte ihn, Schweiß floß über sein Gesicht, die dicken Lippen standen halb offen. »Ist irgend was nicht in Ordnung, Herr?«
    »Wo ist die Frau?« fragte Dearborn hart.
    Jakes Hände zuckten unruhig über seinen großen Bauch.
    »Ich mußte sie zurücklassen. Ich konnte nicht...«
    »Du hast sie zurückgelassen!« Nach einer unheilvollen Pause fragte Dearborn sanft: »Und sie haben sie gefunden, wie?«
    »Ja, Herr, sie haben sie gefunden. Was sollte ich machen? Alles tu' ich doch für Sie - hab' ich nicht getan, was ich konnte, Herr? Es gibt keinen, der so stark ist wie der olle Jake, keinen, der gerissener ist. Hab' ich nicht gearbeitet für Sie, Herr? Hab' ich nicht alle weggebracht?«
    »Du hast Holt entwischen lassen«, sagte Dearborn, gefühllos wie ein Richter, der das Urteil verkündet. »Die Frau ist dir entkommen und das Mädchen auch. Und jetzt kommst du hierher und erzählst mir, was du alles für mich getan hast!«
    »Ich habe getan, was ich konnte.«
    »Man wird dich fassen. Und - du kannst sprechen.«
    »Wenn sie mir die Zunge herausreißen - kein Wort sage ich gegen Sie, Herr!« rief der blinde Jake wild und schlug seine riesige Pranke krachend auf den Tisch. »Sie wissen, daß ich für Sie sterbe, Herr!«
    »Ja«, sagte Dearborn. Seine linke Hand, an der der kleine Finger fehlte, tastete sich langsam in die Hüfttasche und zog einen kurzen, großkalibrigen Revolver hervor. »Und ob du schwatzen wirst! Du hast ja keine andere Möglichkeit.« Mit krampfhaft zuckendem Gesicht beugte sich Jake ihm zu. Reverend John Dearborn hob den Revolver, zielte - drei Schüsse hintereinander, die fast wie einer klangen, der riesige Berg von Muskeln, die ganze mächtige Gestalt schwankte vorwärts, rückwärts, und brach neben dem Schreibtisch zusammen. Dearborn steckte den Revolver in die Tasche, schloß die Tür auf und trat hinaus. Der kleine, alte Pförtner stand mit offenem Mund im Gang. Ängstlich kam er näher. »Was ist passiert? Wer hat geschossen?«
    »Schnell, hole die Polizei«, befahl Dearborn. »Hier ist jemand erschossen worden.«
    »Großer Gott!« flüsterte der Mann.
    »Am Eingang zur Straße stehen zwei Schutzleute, schnell!« Dearborn wartete, bis sich die Schritte entfernt hatten, und ging durch sein Büro ins vordere Zimmer, lauschte, verließ das Haus durch die Fenstertür. Der schrille Pfiff der Polizeipfeife gellte durch die Lissom Lane, Neugierige trieb es vor die Türen, die eiligen Schritte der beiden Polizisten widerhallten zwischen den Häusern, kamen näher.
    »Was ist hier vorgefallen?« fragte Dearborn.
    »Machen Sie, daß Sie weiterkommen und Ihre Briefe loswerden!« rief ihm der eine Beamte zu und eilte weiter.
    Dearborn warf sich den Sack über die Schulter. Er hatte die Uniform eines Briefträgers gewählt.
    Wenig später traf Larry Holt ein, sah die Ansammlung vor dem Haus und wurde ins Arbeitszimmer vor den massigen Körper Jakes geführt.
    »Der Mörder muß hier im Hause stecken, Sir«, meinte der Beamte. »Der kleine Pförtner hat die Schüsse gehört, danach hat ihn der Vorsteher weggeschickt, um uns zu holen. Wir sind beide zusammen hierhergekommen, mein Kollege und ich.«
    »Und der Eingang ist ohne Bewachung geblieben?« erkundigte sich Larry.
    »Nur eine Minute, Sir - als wir zusammen ins Haus. . .«
    »Diese Minute genügte. Es ist zwecklos, weiterzusuchen.«
    Larry fuhr ins Präsidium, um mit dem Chefkommissar zu sprechen und Diana aufzusuchen.
    »Ich habe die Neuigkeit schon gehört«, berichtete sie. »Sergeant Harvey war gerade hier. Glaubst du, daß Dearborn ihn getötet hat?«
    »Dearborn ist David Judd.«
    »Doktor Judds Bruder? Aber der ist doch schon lange tot.«
    »Das großartige Begräbnis damals war tadellos inszeniert, und ich bin fest davon überzeugt, daß David sogar soweit gegangen ist, den notwendigen Körper für den Sarg zu beschaffen. Erinnerst du dich,

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