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025 - Die Treppe ins Jenseits

025 - Die Treppe ins Jenseits

Titel: 025 - Die Treppe ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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hatte sich seit diesem Zeitpunkt nur geringfügig
verändert. Ihre Augen waren ernster, ihre Miene reifer geworden.
    Larry Brent wandte sich langsam um. Er hielt den Atem an, und doch vernahm
er, wie jemand in dieser düsteren Stille atmete !
Jemand versteckte sich hier und wartete darauf, bis er ihm den Rücken zuwandte.
    Wo war das Versteck?
    Larrys Nerven waren zum Zerreißen gespannt, seine Muskeln gestrafft,
bereit, seinen Körper im Moment der Gefahr sofort herumzuschleudern.
    Larry schluckte, als er die Figuren sah, die Eves genau gegenüberstanden.
Es war Janett Baynes. Sie war genau in den gleichen Posen nachgebildet wie ihre
jüngere Schwester Eve. Nur dass sie einmal nicht im Rollstuhl saß, sondern auf
einem kleinen Stuhl, den Blick in die Ferne gerichtet, als würde sie
irgendetwas sehen, was sie niemandem mitteilen könne, was immer ihr Geheimnis
bleiben müsse.
    Mit großem Einfühlungsvermögen war es dem taubstummen Carter gelungen, die
Mimik und Gestik der Schwachsinnigen einzufangen. Die Gestalten, die eindeutig
Eve und Janett darstellten, schienen in dieser oder jener Situation wirklich zu
Stein geworden zu sein. Mit scharfem Auge hatte Allan Carter jeden
Gesichtsausdruck, jedes Aufblitzen in den Augen wie auf einer fotografischen
Platte festgehalten.
    Larry fühlte eine seltsame Vermutung in sich aufsteigen, als er seitlich hinter
einer Darstellung von Janett Baynes einen plumpen, dunklen Plüschsessel
erkannte, der schräg neben dem dickverstaubten Fenster stand.
    Ein vortrefflicher Platz, um die Figuren in Ruhe und Beschaulichkeit genau
zu betrachten und vergleichen zu können.
    In Larry stieg es siedendheiß auf. Der ganze Raum war voll lebensgroßer
Puppen, die alle nur zwei Gesichter trugen: das von Eve und Janett Baynes. Die
beiden Schwestern waren jeweils in der gleichen Pose nachgebildet, bei den
gleichen Handlungen. Wenn Janett im Bikini versonnen dastand – dann stand ihr
Eve garantiert gegenüber. Wenn Janett den Wurfspeer wegzuschleudern versuchte,
dann hatte das wachsame Auge Allan Carters Eve in der gleichen Bewegung
nachgebildet.
    Larry Brent begriff, worum es hier ging. Es schien Edward Baynes Absicht
gewesen zu sein, seine beiden Töchter aus einem bestimmten Grund verewigen zu
lassen. Eve war ständig Janetts Spiegelbild oder umgekehrt. Er hatte hier
gesessen und sie studiert, und Larry musste daran denken, dass diese seltsame
Sammlung lebensgroßer Puppen das gesamte Stockwerk umfasste. Überall – in jedem
Raum waren sie. Überall Duplikate. Jede Puppe symbolisierte ein bestimmtes
Alter, nein, stellte es wirklich dar. Edward Baynes hatte seine Töchter immer
von Carter beobachten und skizzieren lassen, beim Essen, beim Fischen, beim
Spielen, wenn Besuche da waren. Aus jeder Szene war schließlich eine Puppe
entstanden – im Lauf der Jahre mehr und mehr. Und Edward Baynes hatte immer
bessere Vergleichsmöglichkeiten gehabt.
    Er hatte einen Unterschied zwischen Janett und Eve sehen wollen. Gab es
diesen? Oder gab es irgendwelche kleine verräterische Zeichen, die darauf
hinwiesen, dass auch Eve nicht ganz normal war, dass sie irgendwelche Anlagen
in sich trug, deren Kern schon in ihr ruhte?
    Edward Baynes musste ein gequälter Mann gewesen sein. Er war auf der Suche
nach sich selbst gewesen, in den Gesichtern, in der Mimik, in den Gesten und
Handlungen seiner beiden Töchter. Fürchtete er, dass auch Eve, seine jüngste
Tochter, in die er alle Hoffnungen setzte – am Ende auch schwachsinnig war –
oder werden konnte? Er musste sie immer wieder studiert haben, diese Puppen,
diese ausdrucksstarke Physiognomie, und Larry Brent konnte sich den schweren,
sportlichen Mann direkt in dem dunklen Plüschsessel vorstellen, wie er
versonnen und abgespannt zugleich viele Stunden hier in diesem merkwürdigen
Kabinett verbrachte.
    X-RAY-3 hörte kein Geräusch hinter sich, und auch eine verräterische
Bewegung machte ihn nicht darauf aufmerksam, dass irgendetwas hinter ihm
geschah. Er fühlte einfach, dass ihm Gefahr drohte. Sein in vielen Gefahren und
Abenteuern erworbener sechster Sinn warnte ihn.
    Er ließ sich einfach auf die Seite fallen. Er riss die Smith & Wesson
Laserwaffe aus dem Holster und warf den Kopf herum.
    Eine Nachbildung von Eve Baynes kippte lautlos nach vorn. Es war die Puppe
im Sportdress, die den langen Wurfspeer in der Hand hielt.
    Staub wirbelte auf, als die Puppe auf den Boden schlug. Die Speerspitze
krachte in ein Dielenbrett und brach ab. Die Puppe kippte

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