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025 - New York, New York!

025 - New York, New York!

Titel: 025 - New York, New York! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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sie niemand verließ - zur Not mit Waffengewalt. Seit Stunden stand er frierend an Deck der Santanna. Der dunkle wolkenverhangene Nachthimmel war wie ein Spiegelbild seiner eigenen Stimmung.
    Bis auf die Deckwache, die in Decken gehüllt an der Reling schlief, waren alle Matrosen in den Kajüten verschwunden. Das bedeutete, dass Matt zumindest Jochims feistes Grinsen nicht mehr ertragen musste. Der Steuermann hatte gespürt, dass der Erste Lytnant an Einfluss verlor, und versucht, sich bei Colomb beliebt zu machen.
    Brown nosing nannten das die Amerikaner, Arschkriechen die Deutschen. Egal welchen Namen man verwendete, es war ein widerliches Spektakel, das erst mit dem plötzlichen Temperatursturz sein Ende fand.
    Matt formte die Hände vor seinem Mund zu einem Trichter und blies hinein. Dann wandte er sich der Tür zu, die er einen Spalt geöffnet hatte, um sich mit Pieroo zu unterhalten.
    »Wir können das nicht einfach aussitzen«, antwortete er auf eine Bemerkung des Hünen.
    »Die haben eine Atombombe in der Stadt. Wir müssen verhindern, dass sie die zünden.«
    »Eiwa?«, gab Pieroo zurück.
    »Atombombe…« Matt suchte nach einer Erklärung. »Kleiner Behälter, großer Knall, alle tot. Und zwar wirklich alle. Niemand in Nuu'ork wird überleben, wenn wir das Ding hochgeht.«
    »Dann müsse wis verhinen.«
    »Das sag ich ja.« Aber wie? fügte Matt in Gedanken hinzu.
    Rund zwanzig Soldaten hatten das Schiff umstellt. Neben jedem von ihnen steckte auf einer Halterung eine Fackel, die das Eis erhellte. Die Uniformierten schienen so etwas nicht zum ersten Mal zu machen, denn sie hatten sich so positioniert, dass es nicht möglich war, unbemerkt von der Santanna zu fliehen. Matt saß in der Falle. Stimmengewirr riss ihn aus seinen Überlegungen. Er trat an die Reling und sah zum Hafen, wo eine kleine Gruppe Männer aufgetaucht war, die einen Schlitten hinter sich her zogen. Die Gruppe blieb neben einer Laterne stehen und begann bunte Fahnen und Girlanden abzuladen.
    »Was machen die da?«, rief Matt einem Soldaten zu.
    »Sie schmücken die Stadt für die Öffnung des Sonnenkorns.«
    Matt hob die Augenbrauen. »Mitten in der Nacht?«
    »Natürlich«, antwortete der Soldat. »Es muss doch alles bis morgen früh fertig sein. Die Zeremonie beginnt bei Sonnenaufgang.«
    »O shit«, murmelte Matt.
    Tuman tastete nach seinen Beinen. Das war ein Ritual, das er jeden Abend vor dem Einschlafen und jeden Morgen nach dem Aufwachen vollzog. Er setzte sich auf, zog die Decke zur Seite und legte seine Hände auf die gefühllosen Knie, als könne er sie so zwingen, sich zu beugen.
    Pieroo sah ihn stirnrunzelnd an. »Wa machse?«
    »Nichts«, sagte Tuman und ließ sich zurück in seine Koje sinken. Er schloss die Augen, wartete darauf, dass der Schlaf zu ihm kam. Draußen hörte er eine kurze Unterhaltung, dann wurde es ruhig. Nur Pieroos leises Schnarchen unterbrach die Stille.
    Das Wimmern der kranken Frau hatte vor einiger Zeit aufgehört. Mittlerweile lag sie nur noch apathisch unter den Decken. Tuman glaubte nicht, dass sie die Nacht überleben würde.
    Nach einer Weile mischten sich Traumbilder in seine Gedanken. Er war wieder an Deck der Santanna, stand auf seinen eigenen Beinen und kämpfte gegen Dellerays Männer. Es tat gut, das kühle Holz unter den Füßen zu spüren.
    Die Explosion der Krahac (Dellerays Schiff - und der Name des sagenhaften Totenvogels) traf ihn so unerwartet wie damals. Sie riss ihn hoch in die Luft, direkt auf die Decksaufbauten zu. Aber etwas war anders an diesem Traum, der sich beinahe jede Nacht wiederholte. Dieses Mal schien sein Hals zu verbrennen, als sei er in flüssiges Blei getaucht. Er konnte nicht atmen. Tuman riss die Augen auf.
    Direkt über ihm war das rote Gesicht der Kranken. Sie hatte ihre Hände um seinen Hals gelegt und drückte zu.
    Tuman wollte schreien, aber der Laut war nicht mehr als ein Röcheln. Krampfartig schlug er mit den Armen um sich, während die Luft in seinen Lungen brannte.
    Er sah in die stumpfen Augen der Kranken. Etwas Weißes schob sich über ihre Pupillen, sammelte sich in den Augenwinkeln und fiel wie eine Träne hinab auf sein Gesicht.
    Entsetzt spürte Tuman, wie etwas Warmes über seine Wange kroch. Es berührte seine Lippen, dann die Zungenspitze seines weit aufgerissenen Munds.
    Er schlug den Kopf zur Seite, wollte das weiße Ding aus seinem Mund schleudern und prallte mit der Stirn gegen einen Holzpfosten.
    Es knackte laut.
    »Wa?«, hörte Tuman

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