0251 - Xorron - mein Lebensretter
einen Spalt, der wie geschaffen für mich schien. Ich verschmolz mit dem Fels, und es würde für andere schwierig werden, mich überhaupt zu entdecken. So wartete ich ab.
Schon bald war das Schiff deutlicher zu erkennen. Es hob sich von der graugrünen Fläche des Meeres ab. Das einzige, schräg gespannte und geblähte Segel schimmerte in den Farben von Rot und Weiß. Doch nicht nur die Kraft des Windes trieb das Schiff an, sondern auch Rudersklaven, die ich zwar selbst nicht sah, dafür jedoch die Ruderstangen, die an der Backbord-und Steuerbordseite des Schiffes aus den dafür vorgesehenen Öffnungen stachen.
Deshalb war der Kahn so schnell, und ich dachte wieder an die Worte des Sehers, der mir berichtet hatte, daß ich ein Ereignis erleben würde, das in der Zukunft noch Bedeutung haben könnte.
Ich war gespannt, wie das Schiff die Brandung überstehen würde. Sie war ziemlich hart, man mußte den Kahn gut ausmanövrieren, und einen Hafen hatte ich nicht entdeckt. Das Schiff drehte ab.
Nach Backbord hin wurde es geleitet und geriet aus meinem Blickwinkel. Das ärgerte mich. So konnte ich nicht erkennen, was weiterhin geschah. Ich mußte raten. Wahrscheinlich lief der Kahn einen Hafen an. Ich hatte jedoch keinen gesehen, und auch das Schiff blieb meinen Augen jetzt verborgen.
Fast platzte ich vor Neugierde. Das Schiff lief sicherlich nicht ohne Grund diese einsame Insel im Meer an. Ich spielte mit dem Gedanken, meine Deckung zu verlassen, doch das wäre schlecht gewesen, man sollte mich nicht entdecken.
Es wurde dunkler.
Fast übergangslos geschah dies, und die Schatten der hohen Felsen glichen einem finsteren Tuch, das alles andere überdeckte.
Manchmal, wenn der Wind günstig stand, da glaubte ich, Stimmen zu vernehmen. Als verwehende Fetzen wurden die Laute an meine Ohren getrieben, doch verstehen konnte ich nichts.
Hell und weiß war der Schaum an der Brandung. Er wurde so hoch geschleudert, daß ein glitzernder Tropfenregen über die Steilwand fiel.
Am Himmel stand der Mond. Die Sichel leuchtete fahl und warf ihr silbriges Licht nach unten. Ein fast romantisches Bild, wenn ich in meiner Zeit auf so einer Mittelmeerinsel Urlaub gemacht hätte, so aber fand ich es nicht romantisch, sondern eher düster und geheimnisvoll.
Das Warten wurde zur Qual. Manchmal brachte der Wind wieder feinen Sand mit, der seinen Weg auch in mein Gesicht fand.
Plötzlich bewegte sich etwas. Das geschah vor mir am Strand, und im nächsten Augenblick schob sich wieder etwas hinaus in die anrollenden Wellen der Brandung. Das Boot legte ab.
Eine Veränderung konnte ich nicht feststellen. Weshalb hatte es die Insel angelaufen? Grundlos sicherlich nicht. Ich dachte nach und gelangte zu der Überzeugung, daß die Männer vielleicht etwas auf der Insel zurückgelassen hatten. Mein Blick glitt in die Richtung, wo ungefähr der Anlegeplatz liegen mußte. Dort bemerkte ich auch etwas. Es war ein Spiel von Licht und Schatten. Einem Licht, das tanzte und eigentlich nur von einem Feuer stammen konnte. Der rötliche Widerschein wurde stärker. Das Feuer mußte durch den aufkommenden Wind neue Nahrung erhalten haben, weshalb die Flammen auch höher schlugen. Ich war wirklich mehr als gespannt und wollte meine Deckung schon verlassen, als ich aus reinem Zufall einen letzten Blick nach links und rechts warf. Da sah ich sie.
Eine Gestalt verließ nicht weit von mir entfernt eine der Höhlen. Sie hatte helles, fast golden schimmerndes Haar und trug ein tunikaähnliches Gewand. Die Frau war Pandora!
***
Als hätte mich ein gütiges Schicksal davor bewahrt, voreilig zu reagieren, so kam es mir vor. Wäre ich wenige Sekunden früher aus dem Schatten der Felsen getreten, hätte sie mich gesehen. So aber sah ich sie und konnte die Verfolgung aufnehmen.
Pandora schaute sich nicht um. Sie wandte sich nach links und schritt auf dem Vorsprung immer an den hohen Felsen entlang, wobei sie sich nicht ein einziges Mal umdrehte. Mir gereichte es zum Vorteil, daß sie ein so helles Gewand trug. So war sie gut zu erkennen und verschmolz niemals mit den düsteren Schatten der Felsen. Natürlich war ich gespannt, wohin sie der Weg rühren würde. Wahrscheinlich hinunter zum Strand, denn sie nahm die Richtung, die dorthin wies, wo das Schiff angelegt hatte. Ich bemühte mich, so leise wie möglich zu sein. Pandora ging nicht sehr schnell, dafür zielstrebig und sehr sicher.
Schon bald verließ sie den Vorsprung und wandte sich scharf nach rechts. Sie
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